Kurzbiographie zu Karl Mannheim
Karl Mannheim wurde 1893 in Budapest geboren. Er ist der Sohn eines jüdischen Kaufmanns, der in der Textilbranche tätig war. Nach dem Besuch eines humanistischen Gymnasiums zeigt er sehr früh großes Interesse für philosophische und literarische Studien. Zur Zeit der Jahrhundertwende bildeten sich in Budapest Gruppen mit unterschiedlicher politischer Ausrichtung. Ziel dieser Formierungen war die nationale Unabhängigkeit Ungarns und eine soziale Reformierung. Während dieser Zeit machte Mannheim die Bekanntschaft mit vielen Menschen, die sein Denken nachhaltig prägten (Oskár Jászi, Alexander Bernát, Georg Lukács). 1919 wurde in Ungarn die Räterepublik proklamiert. Zur ungefähr gleichen Zeit wird Mannheim Professor für Philosophie an der Universität in Budapest. Kurze Zeit darauf fällt die Räterepublik und der konservative Miklós Horthy wird Reichsverweser. Mannheim flieht nach Deutschland und lebt ab 1921 in Heidelberg, wo er sich schnell etablierte und Zugang zum Weber- Kreis fand. Jedoch weiß man aus Briefwechseln, dass die Flucht ins Exil ihn zutiefst erschütterte.1925 reicht Mannheim seine Habilitationsschrift ein und wird 1926 nach einigen Widerständen Privatdozent an der Heidelberger Universität. Drei Jahre später veröffentlicht Mannheim Ideologie und Utopie, welches zu seinen Hauptwerken gezählt wird. Ideologie und Utopie ist in drei Essays mit den Titeln Das utopische Bewusstsein, Ist Politik als Wissenschaft möglich und ferner Ideologie und Utopie unterteilt. Das Werk entstand während einer Zeit, in der die Hauptvertreter der Soziologie ihr Fach als Einzelwissenschaft legitimieren wollten. Jedoch untergrub der oftmals sehr ähnliche Sprachgebrauch der Soziologie und der Politik des Sozialismus die Legitimität der Soziologie als gesonderte Disziplin. Wahrscheinlich überrascht es auch deshalb nicht, dass Mannheim den Versuch unternahm den Ideologiebegriff in ein analytisches Instrument der soziologischen Forschung umzuformen. In diesem Sinne differenziert er Ideologie als ein Mittel Wahrheiten und Realitäten zu verleugnen von der Ideologie des Perspektivismus. Mannheim stellt fest, dass die Gegenwart von vielen Richtungen geprägt wird. Jede dieser Richtungen bezieht sich auf die gleiche Realität und beansprucht für sich die alleinige Gültigkeit. Mannheim fordert, dass der Zusammenhang zwischen dem Denken des Einzelnen und der Gesellschaft ein wesentlicher Gegenstand in der soziologischen Forschung darstellen soll. Auf dieser Grundlage soll die Logik kollektiver Entscheidungsprozesse untersucht werden. Eine Diagnose der sozialen Situation wird erst durch die Interpretation widerstreitender Ideologien möglich. Dadurch könne man den gesamten ideologischen Bereich erfassen. 1930 erhält Mannheim einen Ruf nach Frankfurt und wird dort am 1. April Nachfolger von Franz Oppenheimer. In Frankfurt arbeitet er mit Paul Tillich, Adolph Löwe, Arnold Bergstraesser und Ulrich Noack. Trotz den Uneinigkeiten zwischen dem soziologischen Institut und dem Institut für empirische Sozialforschung kommt es auch zu Treffen mit Horkheimer, Löwenthal und Adorno. Mannheim befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Jedoch schafft er es leider nicht eine eigene soziologische Schule zu begründen, denn bereits 1933 muss er aufgrund des Nationalsozialismus erneut fliehen. In London angekommen, seinem zweiten Exil, nimmt Mannheim regelmäßig an den Treffen des Moot- Kreises teil. Der Moot- Kreist besteht aus einer Gruppe christlicher Intellektueller. Sein Einkommen sichert er durch eine Forschungsarbeit über das Verhältnis von Freiheit und Planung. 1945 wird er als Professor für Erziehungswissenschaften in London berufen. 1947 stirbt Karl Mannheim in London.