Risiko und Risikoeinstellung
Definition
Risiko bezieht sich auf Situationen, in denen alle möglichen Ergebnisse aufgeführt werden können und die Wahrscheinlichkeit des Eintretens aller Ergebnisse bekannt ist. Demnach wird im Folgenden zwischen der subjektiven und der objektiven Wahrscheinlichkeit differenziert und die objektive Wahrscheinlichkeit als Kennziffer herangezogen.
Risiko
Konkludent zu der Definition des Risikos wird eine Situation mit Risiko Lotterie genannt. Ein Beispiel einer Lotterie ist der Münzwurf mit Wetteinsatz. Die Wahrscheinlichkeiten für Kopf und Zahl sind mit jeweils 0,5 bekannt. Fällt die zuvor gewählte Seite wird der Einsatz gewonnen, fällt er auf die andere Seite ist der Einsatz verloren.
Beispiel: Daniel und Oskar wetten auf das Ergebnis eines Münzwurfs. Daniel tippt auf Kopf und Oskar auf Zahl. Derjenige dessen Seite oben liegt erhält von dem anderen den Wetteinsatz von 10€. Allgemein kann eine solche Lotterie X in folgender Form dargestellt werden: , wobei n und p ≥ 0. stellt die Auszahlung dar, die mit einer Wahrscheinlichkeit eintritt. In dem Fall des Münzwurfs würde dies folgende Lotterie bedeuten X=(0, 0.5; 10, 0.5).
Entscheidung unter Unsicherheit
Um zu untersuchen wie Individuen unter Unsicherheit agieren muss von dem Münzwurf Beispiel abstrahiert werden. Als Beispiel dient nun eine Anlageoption, die mit bekannten Wahrscheinlichkeiten unterschiedliche Werte auszahlt. In der Frage wie das Individuum mit dem Risiko umgeht sind verschiedene Kennzahlen entscheidend.
Eine Kennzahl bildet hier der Erwartungswert, beziehungsweise der Nutzen des Erwartungswertes.
Beispiel: Die Anlage bringt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0.5 einen Gewinn von 5 und mit der Gegenwahrscheinlichkeit werden gehen die investierten 5 verloren, der Gewinn beträgt also -5. Die Anlage hat demnach einen Erwartungswert von 0. Genauso gut könnte das Individuum also vermeintlich gar nicht investieren und sich dem Risiko nicht aussetzen. Die Investition in die Anlage ist jedoch nicht grundsätzlich irrational. Dafür ist der erwartete Nutzen aus der Lotterie wesentlich. Der Erwartungsnutzen betrachtet nicht die Überlegung welche Auszahlung, sondern welcher Nutzen von der Lotterie erwartet wird. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 0.5 erfährt das Individuum einen Nutzen von der Auszahlung -5 [U(-5)] und mit einer Wahrscheinlichkeit 0.5 einen Nutzen von der Auszahlung 5 [U(5)]. Ist der Nutzen des Erwartungswertes U(0) größer als der Erwartungsnutzen, sollte das Individuum zum Beispiel nicht in die Anlage investieren.
Im Grunde werden in dem Beispiel zwei Anlagemöglichkeiten miteinander verglichen. Zum einen die Lotterie X=(0.5, -5; 0.5, 5) und zum anderen die Lotterie Y=(1, 0). Eine unsichere Anlagemöglichkeit mit einer sicheren, deren beider Erwartungswerte identisch bei 0 liegen. Dementsprechend können auch andere Lotterien miteinander verglichen werden, deren Erwartungswerte nicht identisch ist. Je nach Modellierung muss jedoch auf den Kontext geachtet werden um etwas über die Risikopräferenzen, die in der Nutzenfunktion dargestellt sind, sagen zu können. Entscheidet sich ein Individuum beispielsweise für eine Lotterie mit einem größeren Erwartungswert, so kann unter der Annahme der Rationalität keine Aussage über die Risikopräferenzen getätigt werden. Entscheidet sich jedoch ein Individuum für eine sicherere Option mit einem geringeren Erwartungswert und handelt dabei rational, ist diese Person risikoavers.
Risikofreude
Risikofreude ist die Präferenz für ein risikoreiches Einkommen gegenüber einem sicheren Einkommen mit dem gleichen Erwartunsgwert. Ein solches rationales Individuum erfährt demnach aus der unsicheren Lotterie einen größeren Nutzen als aus der Auszahlung des Erwartunsgwertes. Der Erwartungsnutzen ist größer als der Nutzen des Erwartungswertes.
E[U] > U[E]
Grafisch ist dies durch eine konvexe Nutzenfunktion möglich. Mathematisch ist die zweite Ableitung der Nutzenfunktion größer 0:
> 0
In dem grafischen Beispiel wird eine Lotterie X, X=(0.5, 10; 0.5, 30), betrachtet. Der Erwartungswert der Lotterie lautet 20 und der Nutzen des Erwartungswert liegt auf der grünen Nutzenfunktion. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 0.5 erfährt das Individuum einen Nutzen von 10, U(10), und mit einer Wahrscheinlichkeit von 0.5 einen Nutzen von 30, U(30). Der erwartete Nutzen der Lotterie liegt auf der gestrichelten Verbindungslinie von U(10) zu U(30) und ist größer als der Nutzen des Erwartunsgwertes. Ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung der beiden Auszahlungen verändert, so liegt der Erwartungsnutzen weiterhin auf der gestrichelten Verbindungslinie und ist in die Richtung der größeren Wahrscheinlichkeit verschoben. Die Risikoeinstellung des Individuums ist davon nicht betroffen.
Risikofreudige Personen haben einen zunehmenden Grenznutzen des Einkommens. Jede Einheit des Einkommens mehr erhöht das Nutzenniveau und dies stärker als die Einheit vorher. Die Chance auf ein deutlich größeres Einkommen wiegt schwerer als die Gefahr weniger Einkommen zu erhalten.
Risikoneutralität
Eine risikoneutrale Person ist indifferent zwischen dem unsicheren Einkommen und dem sicheren Einkommen mit dem selben Erwartungswert. Der Erwartungsnutzen, also der Nutzen, der von der Lotterie erwartet werden kann, ist genauso groß wie der Nutzen des Erwartungswertes.
E[U] = U[E]
Mathematisch müssen die beiden Werte identsich sein und auf der Nutzenfunktion liegen. Dies kommt durch eine lineare Nutzenfunktion zustande. Die zweite Ableitung der Nutzenfunktion muss gleich null sein:
= 0
Die selbe Lotterie X, die bereits bei der Risikofreude eine Rolle spielt, sieht mit der Nutzenfunktion einer risikoneutralen Person sieht wie oben ersichtlich aus. Der Ewartungsnutzen ist genauso groß wie der Nutzen des Erwartungswertes (die Nutzenniveaus liegen aufeinander) und für die Person spielt es keine Rolle ob sie den Erwartungswert der Lotterie ausgezahlt bekommt oder ob sie an der Lotterie teilnimmt.
Risikoaversion
Risikoaversion ist die Präferenz für ein sicheres Einkommen gegenüber einem risikobehafteten Einkommen mit dem selben Erwartunsgwert. Eine risikoaverse Person erfährt demnach einen größeren Nutzen aus dem sicheren Einkommen als der Lotterie, die im Erwartungswert das selbe Einkommen auszahlt. Der Nutzen des Erwartunsgwertes ist größer als der Erwartungsnutzen, die Nutzenfunktion ist somit konkav.
E[U] < U[E]
< 0
Der Erwartungsnutzen der Lotterie, der je nach Wahrscheinlichkeitsverteilung irgendwo auf der gestrichelten Verbindungslinie der beiden Nutzenniveaus liegt, liegt unter dem Nutzen, den der Erwartungswert der Lotterie bedeutet. Die Gefahr weniger zu erhalten wiegt schwerer als die Chance mehr zu erhalten. Dies liegt am abnehmenden Grenznutzen des Einkommens. Zusätzliches Einkommen erhöht das Nutzenniveau, dies jedoch weniger als die Einheit vorher.
Sicherheitsäquivalent
Das Sicherheisäquivalent (SÄ) ist das (sichere) Einkommen, dessen Nutzen äquivalent zu dem erwarteten Nutzen der Lotterie ist. Dementsprechend gilt U(SÄ)=E(U). Um das Sicherheitsäquivalent mathematisch herauszufinden gilt es die Nutzenfunktion mit dem erwarteten Nutzen des unsicheren Einkommens gleichzusetzen und nach der unabhängigen Variable umzustellen. Grafisch kann das Sicherheitsäquivalent wie folgt dargestellt werden:
Aus den unterschiedlichen Nutzenfunktionen ergeben sich folgende Zusammenhänge:
SÄ - E[X] < 0 (risikoavers)
SÄ - E[X] = 0 (risikoneutral)
SÄ - E[X] > 0 (risikofreudig
Beispiel: In einer Lohnverhandlung für einen Nebenjob wird dem Bewerber ein Gehaltsmodell vorgestellt. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,5 erhält er ein Jahresgehalt von 10 und mit der Wahrscheinlichkeit von 0,5 erhält er ein Jahresgehalt von 30. Alternativ wird er gefragt, ob er dieses Gehaltsmodell gegen ein Gehalt von sicheren 5 pro Jahr eintauschen möchte. Sehr wahrscheinlich lautet seine Antwort nein. Auch bei sicheren 10 lautet seine Antwort vermutlich nein. Das Sicherheitsäquivalent ist die erste Summe, bei der der Bewerber ja sagt, da er bei dieser Summe einen gleich großen Nutzen wie durch das unsichere Gehaltsmodell erfährt.
Risikoprämie
Die Risikoprämie (RP) ist die maximale Geldsumme, die eine risikoaverse Person zur Vermeidung eines Risikos zu zahlen bereit ist. Die maximale Geldsumme ist die Differenz des Erwartungswert der Auszahlung und dem Sicherheitsäquivalen einer risikoaversen Personen.
Im Beispiel von oben ist der Erwartungswert der beiden Gehaltsmöglichkeiten 20. Im Beispiel ist der Bewerber eine risikoaverse Person, weshalb die Differenz E[X] - SÄ größer null und daher positiv ist. Das Sicherheitsäquivalent ist das sichere Gehalt, das einen identisch großen Nutzen wie das unsichere Gehaltsmodell liefert (das sichere Äquivalent zur unsicheren Option). Der Bewerber ist bereit die Differenz zu zahlen um der Unsicherheit zu entgehen und bleibt gleichzeitig auf dem selben Nutzenniveau.
Versicherungsprämie
Die Versicherungsprämie ist eine Prämie, die gezahlt werden muss um sich gegen die Unsicherheit zu versichern. Die maximale Zahlungsbereitschaft für eine solche Versicherung hängt von dem erwarteten Schaden und der Risikoeinstellung ab. Eine Person die risikoneutral ist, ist maximal bereit den erwarteten Schaden als Versicherungsprämie zu zahlen. Eine risikoaverse Person ist zum erwarteten Schaden zusätzlich bereit die Risikoprämie, also die Summe um das Risiko zu vermeiden, zu zahlen.
VP = RP + erwarteter Schaden
Eine weitere Möglichkeit die maximale Zahlungsbereitschaft zu berechnen ist vom günstigsten Fall (das größt möglichste Einkommen) das Sicherheitsäquivalent abzuziehen.
Ein Beispiel für die Berechnung der maximalen Zahlungsbereitschaft lautet: Ein Auto kostet 100. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 0.9 baut der Autofahrer kein Unfall und das Auto verliert lediglich Wert aufgrund der täglichen Nutzung; der Wiederverkaufswert liegt dann bei 60. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 0.1 baut der Autofahrer ein Unfall und das Auto verliert vollständig seinen Wert. Angenommen das Sicherheitsäquivalent liegt bei 20, wie viel würde der Autofahrer maximal für eine Versicherung zahlen?
Die erste Möglichkeit lautet VP = RP + erwarteter Schaden. Die RP berechnet sich aus der Differenz des erwarteten Vermögens und dem Sicherheitsäquivalents (54 - 20 = 34). Der erwartete Schaden berechent sich aus 0.1 * 60 und lautet 6. Daher 34 + 6 = 40
Bei der zweiten Möglichkeit muss vom günstigsten Fall (60) das SÄ (20) abgezogen werden. Die maximale Zahlunsgbereitschaft lautet 40
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