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Jenseits der punktuellen Informationsrecherche beginnt die Suche nach systematischem Wissen. An deren Anfang steht im Allgemeinen die Orientierung: ein erstes Überblicken des Themenfeldes, ein Einarbeiten in die Grundlagen, Strukturen und Problembereiche eines Themas.
 
Jenseits der punktuellen Informationsrecherche beginnt die Suche nach systematischem Wissen. An deren Anfang steht im Allgemeinen die Orientierung: ein erstes Überblicken des Themenfeldes, ein Einarbeiten in die Grundlagen, Strukturen und Problembereiche eines Themas.
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Bevor man sich zu diesem Zweck auf zusammenhängende Stoffüberblicke und Einführungen in Buchform stürzt, sollte man berücksichtigen, dass zu vielen Themen die großen Nachschlagewerke (z.B. LexMA, TRE) oft eine erste, noch „überblickendere“ Orientierung bieten. Zudem finden sich hier auch – im Gegensatz zu den Handbüchern mit der Nennung wichtigster Literatur zum Thema – knappe Angaben zur ''aller''wichtigsten Literatur.
 
Bevor man sich zu diesem Zweck auf zusammenhängende Stoffüberblicke und Einführungen in Buchform stürzt, sollte man berücksichtigen, dass zu vielen Themen die großen Nachschlagewerke (z.B. LexMA, TRE) oft eine erste, noch „überblickendere“ Orientierung bieten. Zudem finden sich hier auch – im Gegensatz zu den Handbüchern mit der Nennung wichtigster Literatur zum Thema – knappe Angaben zur ''aller''wichtigsten Literatur.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass viele dieser Standardwerke über einen großen Zeitraum entstehen, die frühen Teile daher schon ziemlich alt – und im Falle von Literaturhinweisen und Forschungsstand sogar schon veraltet – sein können
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Zu berücksichtigen ist jedoch, dass viele dieser Standardwerke über einen großen Zeitraum entstehen, die frühen Teile daher schon ziemlich alt – und im Falle von Literaturhinweisen und Forschungsstand sogar schon ''veraltet'' – sein können

Version vom 29. März 2012, 20:35 Uhr

VORBEMERKUNGEN

Erkenntnisinteresse

Vor jeder Recherchearbeit steht grundsätzlich die Fragen nach dem Sinn und Zweck – anders formuliert: nach dem Erkenntnisinteresse.

  • Möchte man sich schnell über einen Begriff informieren, auf den man gestoßen ist, um ihn in den Zusammenhang einordnen zu können?
  • Möchte man gezielt einen bestimmten Sachverhalt, einen Namen, ein Datum in Erfahrung bringen?
  • Möchte man schnell die wichtigsten Aspekte eines Themas erfassen, um sich für weitergehende Arbeiten orientieren zu können?
  • Möchte man zu einem Thema ein möglichst umfangreiches Wissen erlangen, z.B. um es für ein Referat oder eine Hausarbeit aufzuarbeiten?

Mit diesen vier Fragen sind vier unterschiedliche Formen des Erkenntnisinteresses angedeutet, die in der Praxis zugleich zu vier unterschiedlichen Recherchebemühungen führen dürften – und selbstverständlich auch dürfen.

Information und Literatur

Das Erkenntnisinteresse ist stets auf Wissen, besser: Information, gerichtet – der Weg dahin führt jedoch häufig über den Zwischenschritt der Literaturbeschaffung. Diese ist ein Muss im Falle der vierten, ein Kann im Falle der zweiten und dritten Frage, für die erste jedoch (mit Aus¬nahme besonders exotischer Fälle) unerheblich.

Es gilt also zu differenzieren; insofern beschäftigt sich dieser Text auch nicht mit der Literaturbeschaffung per se, sondern stellt ihr letztliches Ziel in den Vordergrund: die Beschaffung von Informationen.

Verlässlichkeit

In einem weiteren Punkt muss differenziert werden: Es macht einen erheblichen Unterschied, ob man sich mit einer erlangten Information zufrieden geben kann, wenn sie sich ohne Widersprüche in das eigene Vorwissen einpassen lässt, oder ob man sich auf den „Wahrheitsgehalt“ der Information verlassen, sie gar zitieren oder belegen muss.

Die Belegpflicht ist übrigens keine Besonderheit der wissenschaftlichen Welt: Wer in der nichtakademischen Arbeitswelt Ergebnisse, Inhalte und Zahlen zu präsentieren hat, muss sich der Verlässlichkeit seiner Angaben ebenso sicher sein wie der Verfasser einer wissenschaftlichen Arbeit.


RECHERCHIEREN, TEIL I: PUNKTUELLE INFORMATIONSBESCHAFFUNG

Etwas Nachschlagen

Eine punktuelle Informationsrecherche ist stets eine gezielte Suche – nach einem Begriff, einem Namen, einem Datum, einem Ereignis etc. Damit ist die punktuelle nicht nur die grundlegendste, sondern zugleich auch die einfachste Suche, da genau zu diesem Zweck eine Vielzahl von Nachschlagewerken existiert, welche dem Rechercheinteresse direkt begegnen, weil sie eben durch Begriffe, Namen, Zahlen etc. strukturiert werden.

Für die meisten Fälle empfiehlt sich hier der Blick in ein Nachschlagewerk. Dabei sollte die Suche grundsätzlich vom Allgemeinen zum Speziellen ablaufen: von einschlägigen Lexika und Wörterbüchern über spezifische Nachschlagewerke bis hin zu sog. Handbüchern.

Allgemeine Lexika und Wörterbücher

Die einfache Suche nach Begriffen, Namen oder Daten kann völlig problemlos auf der Ebene von Brockhaus oder Wikipedia (Zur sinnvollen Verwendung von Internetquellen als Recherchemittel s.u. die beiden Exkurse zum Thema) beginnen – eine Erklärung für den Ausdruck Reliquiar, den Namen des Biographen Karls des Großen oder die Lebensdaten von Richard Löwenherz wird man so schnell und zuverlässig erhalten. Auch fremdsprachliche Begriffe lassen sich so meist recht einfach verorten – es sei denn, sie werden als Fachbegriffe gebraucht (Auf die Nennung von Einzeltiteln sei hier verzichtet. Lateinische, mittellateinische und mittelhochdeutsche Wörterbücher finden sich in der Literaturliste II).

Wer aber wissen möchte, welche Rolle ein Bischof im Mittelalter spielte, für den bleibt die Konsultation allgemeiner Nachschlagewerke häufig unbefriedigend, da die historische Komponente heute gebräuchlicher Begriffe dort meist zu kurz kommt.

Spezifische Nachschlagewerke

Hier kommen fachspezifische, d.h. Nachschlagewerke zur Geschichte ins Spiel, gegliedert in Lexika und Wörterbücher zur Geschichte im Allgemeinen sowie themen-, epochen- oder objektspezifische Nachschlagewerke:


Allgemeine Nachschlagewerke zur Geschichte

Hier gibt es inzwischen eine Reihe von Publikationen – meist im Taschenbuchformat – auf dem Markt, die sich in Preis und Umfang (ein bis zwei Bände) für das Grundstudium oder das bildungsbürgerliche Buchregal empfehlen, z.B.:

  • Bayer/Wende, Wörterbuch zur Geschichte (für bibliographische Details zu den in diesem Skript genannten Titeln siehe die ausgegebenen Literaturlisten)
  • Fuchs/Raab, dtv-Wörterbuch zur Geschichte
  • Taddey, Lexikon der deutschen Geschichte
  • van Dülmen, Fischer Lexikon Geschichte
  • Haberkern/Wallach, Hilfswörterbuch für Historiker


Epochenspezifische Nachschlagewerke

Das Nachschlagewerk zur mittelalterlichen Geschichte ist das zehnbändige

  • Lexikon des Mittelalters [LMA, LexMA].

Es bietet knapp 37.000 Artikel zu Sachbegriffen, biographischen und topographischen Stichworten. Kurze Einträge stehen neben umfangreichen, strukturierten Einführungsartikeln zu Hauptbegriffen (wie Bischof oder Grundherrschaft) und detailreichen historischen Abrissen zur Geschichte von Ländern, Städten, Herrschaften, Ideen, Begriffen und Rechtsverhältnissen. Gelegentlich übersteigt das Niveau der Artikel jedoch deutlich den Horizont eines Anfängers – hier tut sich eine Informationslücke auf zwischen LexMA und dem einbändigen, nur einführende Sachartikel liefernden

  • Volkert, Kleines Lexikon des Mittelalters.

Wer einen schnellen Zugriff auf mittelalterspezifische Daten und Fakten braucht, ist mit

  • Heinzle (Hg.), Das Mittelalter in Daten

besser bedient. Weitere empfehlenswerte Titel:

  • Dictionary of the Middle Ages [DMA]
  • Reallexikon der Germanischen Altertumskunde [RGA]
  • Dinzelbacher (Hg.), Sachwörterbuch der Mediävistik


Themenspezifische Nachschlagewerke

Für viele Schwerpunktbereiche der Geschichtswissenschaft gibt es eigene Referenzwerke zum Nachschlagen. Insbesondere die Titel aus der Rechts-, Ideen- und Kirchengeschichte sind dabei auch für das „normale“ Studium interessant; die wichtigsten sind:

  • Handwörterbuch der deutschen Rechtsgeschichte (HRG)
  • Historisches Wörterbuch der Philosophie [HWPh]
  • Lexikon für Theologie und Kirche [LThK]
  • Theologische Real-Enzyklopädie [TRE]
  • Dictionnaire d’histoire et de géographie ecclésiastiques [DHGE]


Objektspezifische Nachschlagewerke

Weiterhin existieren spezialisierte Nachschlagewerke zu bestimmten Sachgruppen, vor allem jene zu Personen, Orten/Ortsnamen und Autoren (mit Werkübersicht). Die wichtigsten:

  • Allgemeine Deutsche Biographie [ADB]
  • Neue Deutsche Biographie [NDB]

und die entsprechenden ausländischen Verzeichnisse (siehe dazu Literaturliste II)

  • Graesse/Benedict/Plechl, Orbis Latinus
  • Oesterley, Historisch-geographisches Wörterbuch des Deutschen Mittelalters
  • Verfasserlexikon [VL / VerfLex / VL2]

Wenn Nachschlagen nicht reicht

Wenn sich die gesuchte Einzelinformation in Nachschlagewerken nicht finden lässt, muss man sich mühsam durch den Bestand vorhandenen „Wissens“ hindurcharbeiten. Damit dies keine uferlose Tätigkeit wird, geht die punktuelle Informationsrecherche in eine Form halbsystematischer Recherche (dazu mehr s.u.: Recherchieren, Teil III) über: Auf der Suche nach der gewünschten Erklärung, dem Namen oder Datum durchforstet man jene Textbestände, die am aussichtsreichsten erscheinen, weil sie thematisch, zeitlich oder methodisch nahe stehen. Wenn man sich hierzu aber erst mal im Themenbereich orientieren muss, empfiehlt sich zunächst ein Blick in einführende und Überblick verschaffende Grundlagenwerke, die sog. Handbücher (dazu mehr s.u.: Recherchieren, Teil II).

Punktuelle Literaturrecherche

Gar nicht so selten kommt es vor, dass man auf der gezielten Suche nach einem bestimmten Werk oder der dazugehörigen Literaturangabe ist. Typischerweise ist dies der Fall, wenn man sich nur ungenau an einen Titel erinnert oder unvollständige bibliographische Angaben vor sich liegen hat – seltener, weil man das (einem völlig unbekannte) Standardwerk zu einem bestimmten Thema braucht.

Der letztere Fall – keine Ahnung vom Titel, aber Thema ist bekannt – ist nur auf eine Art zufriedenstellend zu lösen: durch den Blick in eine einschlägige Bibliographie (dazu mehr s.u.: Recherchieren, Teil IV).

Für die Suche nach vollständigen bibliographischen Angaben hingegen ist das Internet ein hervorragender Rechercheort. Aber Vorsicht! Nicht die Suchmaschine, sondern ein Bibliothekskatalog oder eine Literaturdatenbank sollte hier die erste Anlaufstelle (dazu mehr s.u.: Exkurs zur Internetrecherche, Teil II) sein. Kann man die so gewonnenen Angaben nicht am Original überprüfen, ist es unabdingbar, diese durch den Vergleich verschiedener Katalogeinträge zu verifizieren – auch ein jeder OPAC besitzt seine eigene Titelaufnahmesystematik, die gerne mal Angaben verkürzt (und so z.B. zweite und folgende Herausgeber weglässt), Reihenabhängigkeiten nicht darstellen kann oder durch Konvention bedingte Zitierweisen ignoriert.

Ist auch in OPACs und Datenbanken nichts zu finden (dies ist häufig bei älteren oder ganz aktuellen Aufsätzen der Fall), kann man seine Suche Google & Co. anvertrauen. Auch hier gilt: Die Ergebnisse sollten unbedingt verifiziert werden: am besten am Original; wenn nicht möglich, dann durch Vergleich verschiedener Angaben.


RECHERCHIEREN, TEIL II: ÜBERBLICKS- UND EINFÜHRUNGSWISSEN

Mehr als Nachschlagen

Jenseits der punktuellen Informationsrecherche beginnt die Suche nach systematischem Wissen. An deren Anfang steht im Allgemeinen die Orientierung: ein erstes Überblicken des Themenfeldes, ein Einarbeiten in die Grundlagen, Strukturen und Problembereiche eines Themas.

Bevor man sich zu diesem Zweck auf zusammenhängende Stoffüberblicke und Einführungen in Buchform stürzt, sollte man berücksichtigen, dass zu vielen Themen die großen Nachschlagewerke (z.B. LexMA, TRE) oft eine erste, noch „überblickendere“ Orientierung bieten. Zudem finden sich hier auch – im Gegensatz zu den Handbüchern mit der Nennung wichtigster Literatur zum Thema – knappe Angaben zur allerwichtigsten Literatur.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass viele dieser Standardwerke über einen großen Zeitraum entstehen, die frühen Teile daher schon ziemlich alt – und im Falle von Literaturhinweisen und Forschungsstand sogar schon veraltet – sein können