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== Vorbemerkungen ==
  
== Erkenntnisinteresse ==
 
  
Vor jeder Recherchearbeit steht grundsätzlich die Fragen nach dem Sinn und Zweck – anders formuliert: nach dem Erkenntnisinteresse.
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==== Erkenntnisinteresse ====
* Möchte man sich schnell über einen Begriff informieren, auf den man gestoßen ist, um ihn in den Zusammenhang einordnen zu können?
 
* Möchte man gezielt einen bestimmten Sachverhalt, einen Namen, ein Datum in Erfahrung bringen?
 
* Möchte man schnell die wichtigsten Aspekte eines Themas erfassen, um sich für weitergehende Arbeiten orientieren zu können?
 
* Möchte man zu einem Thema ein möglichst umfangreiches Wissen erlangen, z.B. um es für ein Referat oder eine Hausarbeit aufzuarbeiten?
 
Mit diesen vier Fragen sind vier unterschiedliche Formen des Erkenntnisinteresses angedeutet, die in der Praxis zugleich zu vier unterschiedlichen Recherchebemühungen führen dürften – und selbstverständlich auch dürfen.
 
  
== Information und Literatur ==
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Vor jeder Recherchearbeit steht grundsätzlich die Fragen nach dem '''Sinn und Zweck''' - anders formuliert: nach dem '''Erkenntnisinteresse'''.
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* Möchte man sich schnell über einen '''Begriff''' informieren, auf den man gestoßen ist, um ihn in den Zusammenhang einordnen zu können?
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* Möchte man gezielt einen '''bestimmten Sachverhalt, einen Namen, ein Datum''' in Erfahrung bringen?
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* Möchte man schnell die '''wichtigsten Aspekte eines Themas''' erfassen, um sich für weitergehende Arbeiten orientieren zu können?
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* Möchte man zu einem Thema ein '''möglichst umfangreiches Wissen''' erlangen, z.B. um es für ein Referat oder eine Hausarbeit aufzuarbeiten?
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Diese vier Fragen führen zu vier unterschiedlichen Recherchebemühungen.
  
Das Erkenntnisinteresse ist stets auf Wissen, besser: Information, gerichtet – der Weg dahin führt jedoch häufig über den Zwischenschritt der Literaturbeschaffung. Diese ist ein ''Muss'' im Falle der vierten, ein ''Kann'' im Falle der zweiten und dritten Frage, für die erste jedoch (mit Aus¬nahme besonders exotischer Fälle) unerheblich.
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==== Information und Literatur ====
  
Es gilt also zu differenzieren; insofern beschäftigt sich dieser Text auch nicht mit der Literaturbeschaffung per se, sondern stellt ihr letztliches Ziel in den Vordergrund: die Beschaffung von Informationen.
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Das Erkenntnisinteresse ist stets auf Wissen, besser: Information, gerichtet - der Weg dahin führt jedoch häufig über den Zwischenschritt der '''Literaturbeschaffung'''. Diese ist ein ''Muss'' im Falle der vierten, ein ''Kann'' im Falle der zweiten und dritten Frage, für die erste jedoch (mit Ausnahme besonders exotischer Fälle) unerheblich. Es gilt also zu differenzieren!
  
== Verlässlichkeit ==
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==== Verlässlichkeit ====
  
In einem weiteren Punkt muss differenziert werden: Es macht einen erheblichen Unterschied, ob man sich mit einer erlangten Information zufrieden geben kann, wenn sie sich ohne Widersprüche in das eigene Vorwissen einpassen lässt, oder ob man sich auf den „Wahrheitsgehalt“ der Information verlassen, sie gar zitieren oder belegen muss.
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In einem weiteren Punkt muss differenziert werden: Es macht einen erheblichen Unterschied, ob man sich mit einer erlangten Information zufrieden geben kann, wenn sie sich ohne Widersprüche in das eigene Vorwissen einpassen lässt, oder ob man sich auf den "Wahrheitsgehalt" der Information verlassen, sie gar zitieren oder belegen muss.
  
Die Belegpflicht ist übrigens keine Besonderheit der wissenschaftlichen Welt: Wer in der nichtakademischen Arbeitswelt Ergebnisse, Inhalte und Zahlen zu präsentieren hat, muss sich der Verlässlichkeit seiner Angaben ebenso sicher sein wie der Verfasser einer wissenschaftlichen Arbeit.
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Die '''Belegpflicht''' ist übrigens keine Besonderheit der wissenschaftlichen Welt: Wer in der nichtakademischen Arbeitswelt Ergebnisse, Inhalte und Zahlen zu präsentieren hat, muss sich der Verlässlichkeit seiner Angaben ebenso sicher sein wie der Verfasser einer wissenschaftlichen Arbeit.
  
  
= <u>RECHERCHIEREN, TEIL I: PUNKTUELLE INFORMATIONSBESCHAFFUNG</u> =
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== [[Skript: Recherche (punktuell)|''Punktuelle Informationsbeschaffung'']] ==
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== Etwas Nachschlagen ==
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== "Halbsystematische" Informationsbeschaffung: das "Schneeballsystem" ==
  
Eine punktuelle Informationsrecherche ist stets eine gezielte Suche – nach einem Begriff, einem Namen, einem Datum, einem Ereignis etc. Damit ist die punktuelle nicht nur die grundlegendste, sondern zugleich auch die einfachste Suche, da genau zu diesem Zweck eine Vielzahl von Nachschlagewerken existiert, welche dem Rechercheinteresse ''direkt'' begegnen, weil sie eben durch Begriffe, Namen, Zahlen etc. strukturiert werden.
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Benötigt man mehr als nur einen Überblick über ein Thema (z.B. für ein Referat oder eine Hausarbeit), besteht der nächste Schritt in einer '''systematischen Erarbeitung''' des (meist abgegrenzten) Themenbereichs. Eine solche "systematische Erarbeitung" ist stets an die systematische Recherche von Literatur gebunden - der Grad an "Systematisierung" ist jedoch variabel: je höher der Anspruch der hinter der Recherche liegenden Aufgabe (Referat - Hausarbeit - Magister-/Examensarbeit - Dissertation), desto wichtiger die möglichst umfassende, bei Dissertationen gar annähernd vollständige Erfassung der Literatur zum Thema. Das hat nicht zuletzt mit der Notwendigkeit der Verortung eigener wissenschaftlicher Arbeit im Kontext bereits getaner Forschung zu tun. Bei Referat und Hausarbeit meint "umfassend": alle wichtigen und einschlägigen Werke. Das Wissen darüber, was wichtig und einschlägig ist, muss man sich natürlich auch erst erarbeiten. Für die Bedürfnisse von Referat und Hausarbeit langt üblicherweise ein '''Verfahren auf halbem Weg zur systematischen Recherche, das als ''"Schneeballsystem"'' bekannt ist.
  
Für die meisten Fälle empfiehlt sich hier der Blick in ein Nachschlagewerk. Dabei sollte die Suche grundsätzlich vom '''Allgemeinen zum Speziellen''' ablaufen: von einschlägigen Lexika und Wörterbüchern über spezifische Nachschlagewerke bis hin zu sog. Handbüchern.
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Die Suche beginnt hier im Prinzip wie jene für die punktuelle Information, wird jedoch bereits mit Blick auf Weiterentwicklung betrieben: Man startet also nicht unbedingt bei allgemeinen, sondern gleich bei fachspezifischen Nachschlagewerken und Handbüchern, die '''weiterführende Literaturangaben''' bieten. Mit diesen arbeitet man sich von einer Literaturempfehlung zur nächsten weiter, wobei die Menge der so gewonnen Literaturangaben exponentiell wächst: Das ist das Schneeballsystem.
  
== Allgemeine Lexika und Wörterbücher ==
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Sehr schnell stellt man fest, dass man nicht allen Literaturempfehlungen folgen und schon gar nicht alle Literatur lesen kann - man wird also dazu gezwungen, für die eigene Thematik "aussichtsreichere" von weniger aussichtsreichen Literaturempfehlungen zu scheiden. Üblicherweise werden dabei moderne Titel gegenüber älteren bevorzugt - selbst wenn die neueren Arbeiten keinesfalls automatisch besser sein müssen, bieten sie doch fast immer die aktuelleren Literaturhinweise zum Weiterlesen. D.h. natürlich nicht, dass alle älteren Titel von vornherein zu vernachlässigen sind: Für viele Themen bleiben bestimmte ältere Arbeiten als theoretische Grundlagenwerke, akribische Detailsammlungen oder Ausgangspunkte einer Forschungsdiskussion für die heutige Arbeit relevant.
  
Die einfache Suche nach Begriffen, Namen oder Daten kann völlig problemlos auf der Ebene von Brockhaus oder Wikipedia (Zur sinnvollen Verwendung von Internetquellen als Recherchemittel s.u. die beiden ''Exkurse'' zum Thema) beginnen – eine Erklärung für den Ausdruck ''Reliquiar'', den Namen des Biographen Karls des Großen oder die Lebensdaten von Richard Löwenherz wird man so schnell und zuverlässig erhalten. Auch fremdsprachliche Begriffe lassen sich so meist recht einfach verorten – es sei denn, sie werden als Fachbegriffe gebraucht (Auf die Nennung von Einzeltiteln sei hier verzichtet. Lateinische, mittellateinische und mittelhochdeutsche Wörterbücher finden sich in der Literaturliste II).
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Abschließend sei jedoch gewarnt, dass das "Schneeballsystem" nichts weiter als eine Arbeitsmethode darstellt, um sich in einem Überangebot von Literatur schnell zu orientieren. In jedem Recherchefall ist nach Fragestellung und Materiallage zu entscheiden, ob eine systematische Suche nicht von vornherein effektiver wäre - das "System" ersetzt also niemals das eigenständige Denken!
  
Wer aber wissen möchte, welche Rolle ein ''Bischof'' im Mittelalter spielte, für den bleibt die Konsultation allgemeiner Nachschlagewerke häufig unbefriedigend, da die historische Komponente heute gebräuchlicher Begriffe dort meist zu kurz kommt.
 
  
== Spezifische Nachschlagewerke ==
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== Systematische Informationsbeschaffung ==
  
Hier kommen fachspezifische, d.h. Nachschlagewerke zur Geschichte ins Spiel, gegliedert in Lexika und Wörterbücher zur Geschichte im Allgemeinen sowie themen-, epochen- oder objektspezifische Nachschlagewerke:
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Das sog. Schneeballsystem erzeugt für gewöhnlich schnell gute Ergebnisse, für eine wirklich systematische Recherche ist es auf Dauer jedoch nicht effektiv genug. Möchte oder muss man tatsächlich umfassend oder vollständig recherchieren, braucht man deutlich mehr als den einen Einstiegspunkt des Schneeballsystems: Man benötigt Überblick, man benötigt Vollständigkeit, kurz gesagt: man benötigt '''bibliographische Vorarbeiten'''.
  
<u>''Allgemeine Nachschlagewerke zur Geschichte''</u>
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Zum Glück gibt es für den Historiker eine große Zahl bibliographischer Hilfsmittel. Für den einfachen Einstieg kann schon das [[Recherche (Mittelalter) (Literatur)#begleitheft|"Begleitheft zum Proseminar"]] herhalten. Darüber hinaus sind vor allem
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* Baumgart, [[Recherche (Mittelalter) (Literatur)#baumgart|Bücherverzeichnis zur deutschen Geschichte]]
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* Goetz, [[Einführungen (Mittelalter) (Literatur)#goetz|Proseminar Geschichte: Mittelalter]]
  
Hier gibt es inzwischen eine Reihe von Publikationen – meist im Taschenbuchformat – auf dem Markt, die sich in Preis und Umfang (ein bis zwei Bände) für das Grundstudium oder das bildungsbürgerliche Buchregal empfehlen, z.B.:
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Gold wert. Während der Baumgart einen deutlich größeren Umfang hat (und über das Mittelalter hinausgeht), bietet der bibliographische Teil des Goetz’ für den Einsteiger hilfreiche Kommentierungen zu den Literaturangaben. Entscheidend ist jedoch nicht, wie viele Literaturtitel hier insgesamt versammelt sind: In diesen beiden Verzeichnissen findet man alle wichtigen und eine Reihe weniger wichtiger Bibliographien verzeichnet, die man braucht: umfangreiche Titelsammlungen und Datenbanken zu verschiedenen Literatursorten ebenso wie Spezialbibliographien mit Literatur zu bestimmten Epochen, Forschungsbereichen und Einzelthemen. Daneben bieten beide Werke vor allem aber auch Zugriff zu den überaus wichtigen Quellenkunden und Quellenverzeichnissen - auch das ist aber ein anderes Thema.
* Bayer/Wende, Wörterbuch zur Geschichte (für bibliographische Details zu den in diesem Skript genannten Titeln siehe die ausgegebenen Literaturlisten)
 
* Fuchs/Raab, dtv-Wörterbuch zur Geschichte
 
* Taddey, Lexikon der deutschen Geschichte
 
* van Dülmen, Fischer Lexikon Geschichte
 
* Haberkern/Wallach, Hilfswörterbuch für Historiker
 
  
<u>''Epochenspezifische Nachschlagewerke''</u>
 
  
Das Nachschlagewerk zur mittelalterlichen Geschichte ist das zehnbändige
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== [[Skript: Recherche (Internet)|Internetrecherche]] ==
* Lexikon des Mittelalters [LMA, LexMA].
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Bei der Suche nach wissenschaftlicher Literatur im Internet reicht eine simple Google-Recherche nicht aus. Das [https://hds.hebis.de/ubffm/Discover/Home Suchportal] der Universitätsbibliothek und [http://info.ub.uni-frankfurt.de/ Fachdatenbanken], auf die ebenfalls über die Bibliothek zugegriffen werden können, sind die zentralen Online-Rechercheorte. <br/>
Es bietet knapp 37.000 Artikel zu Sachbegriffen, biographischen und topographischen Stichworten. Kurze Einträge stehen neben umfangreichen, strukturierten Einführungsartikeln zu Hauptbegriffen (wie ''Bischof'' oder ''Grundherrschaft'') und detailreichen historischen Abrissen zur Geschichte von Ländern, Städten, Herrschaften, Ideen, Begriffen und Rechtsverhältnissen. Gelegentlich übersteigt das Niveau der Artikel jedoch deutlich den Horizont eines Anfängers – hier tut sich eine Informationslücke auf zwischen LexMA und dem einbändigen, nur einführende Sachartikel liefernden
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Darüber hinaus kann auch frei im Internet recherchiert werden. Wikipedia lässt sich beispielsweise für einen ersten Überblick nutzen, doch kann die Seite in einer wissenschaftlichen Arbeit nicht als Literatur angegeben werden. Um zu prüfen, ob Informationen aus dem Netz im wissenschaftlichen Kontext zitierfähig sind, ist besonders zu achten auf:
* Volkert, Kleines Lexikon des Mittelalters.
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* Die institutionelle Anbindung: Wissenschaftliche Institutionen bürgen für die Qualität ihrer Seitenangebote.
Wer einen schnellen Zugriff auf mittelalterspezifische Daten und Fakten braucht, ist mit
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* Die Einhaltung wissenschaftlicher Standards: Dazu zählen vor allem die Nennung des Autors und des Veröffentlichungsdatums.
* Heinzle (Hg.), Das Mittelalter in Daten
 
besser bedient. Weitere empfehlenswerte Titel:
 
* Dictionary of the Middle Ages [DMA]
 
* Reallexikon der Germanischen Altertumskunde [RGA]
 
* Dinzelbacher (Hg.), Sachwörterbuch der Mediävistik
 
  
<u>''Themenspezifische Nachschlagewerke''</u>
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[[Kategorie:Lehrportal Mittelalter]] [[Kategorie:Skripte LPMA]] [[Kategorie:Skript Recherche]]
Für viele Schwerpunktbereiche der Geschichtswissenschaft gibt es eigene Referenzwerke zum Nachschlagen. Insbesondere die Titel aus der Rechts-, Ideen- und Kirchengeschichte sind dabei auch für das „normale“ Studium interessant; die wichtigsten sind:
 
* Handwörterbuch der deutschen Rechtsgeschichte (HRG)
 
* Historisches Wörterbuch der Philosophie [HWPh]
 
* Lexikon für Theologie und Kirche [LThK]
 
* Theologische Real-Enzyklopädie [TRE]
 
* Dictionnaire d’histoire et de géographie ecclésiastiques [DHGE]
 
 
 
<u>''Objektspezifische Nachschlagewerke''</u>
 
 
 
Weiterhin existieren spezialisierte Nachschlagewerke zu bestimmten Sachgruppen, vor allem jene zu Personen, Orten/Ortsnamen und Autoren (mit Werkübersicht). Die wichtigsten:
 
* Allgemeine Deutsche Biographie [ADB]
 
* Neue Deutsche Biographie [NDB]
 
und die entsprechenden ausländischen Verzeichnisse
 
* Graesse/Benedict/Plechl, Orbis Latinus
 
* Oesterley, Historisch-geographisches Wörterbuch des Deutschen Mittelalters
 
* Verfasserlexikon [VL / VerfLex / VL2]
 

Aktuelle Version vom 2. Juli 2018, 19:04 Uhr


Vorbemerkungen

Erkenntnisinteresse

Vor jeder Recherchearbeit steht grundsätzlich die Fragen nach dem Sinn und Zweck - anders formuliert: nach dem Erkenntnisinteresse.

  • Möchte man sich schnell über einen Begriff informieren, auf den man gestoßen ist, um ihn in den Zusammenhang einordnen zu können?
  • Möchte man gezielt einen bestimmten Sachverhalt, einen Namen, ein Datum in Erfahrung bringen?
  • Möchte man schnell die wichtigsten Aspekte eines Themas erfassen, um sich für weitergehende Arbeiten orientieren zu können?
  • Möchte man zu einem Thema ein möglichst umfangreiches Wissen erlangen, z.B. um es für ein Referat oder eine Hausarbeit aufzuarbeiten?

Diese vier Fragen führen zu vier unterschiedlichen Recherchebemühungen.

Information und Literatur

Das Erkenntnisinteresse ist stets auf Wissen, besser: Information, gerichtet - der Weg dahin führt jedoch häufig über den Zwischenschritt der Literaturbeschaffung. Diese ist ein Muss im Falle der vierten, ein Kann im Falle der zweiten und dritten Frage, für die erste jedoch (mit Ausnahme besonders exotischer Fälle) unerheblich. Es gilt also zu differenzieren!

Verlässlichkeit

In einem weiteren Punkt muss differenziert werden: Es macht einen erheblichen Unterschied, ob man sich mit einer erlangten Information zufrieden geben kann, wenn sie sich ohne Widersprüche in das eigene Vorwissen einpassen lässt, oder ob man sich auf den "Wahrheitsgehalt" der Information verlassen, sie gar zitieren oder belegen muss.

Die Belegpflicht ist übrigens keine Besonderheit der wissenschaftlichen Welt: Wer in der nichtakademischen Arbeitswelt Ergebnisse, Inhalte und Zahlen zu präsentieren hat, muss sich der Verlässlichkeit seiner Angaben ebenso sicher sein wie der Verfasser einer wissenschaftlichen Arbeit.


Punktuelle Informationsbeschaffung


"Halbsystematische" Informationsbeschaffung: das "Schneeballsystem"

Benötigt man mehr als nur einen Überblick über ein Thema (z.B. für ein Referat oder eine Hausarbeit), besteht der nächste Schritt in einer systematischen Erarbeitung des (meist abgegrenzten) Themenbereichs. Eine solche "systematische Erarbeitung" ist stets an die systematische Recherche von Literatur gebunden - der Grad an "Systematisierung" ist jedoch variabel: je höher der Anspruch der hinter der Recherche liegenden Aufgabe (Referat - Hausarbeit - Magister-/Examensarbeit - Dissertation), desto wichtiger die möglichst umfassende, bei Dissertationen gar annähernd vollständige Erfassung der Literatur zum Thema. Das hat nicht zuletzt mit der Notwendigkeit der Verortung eigener wissenschaftlicher Arbeit im Kontext bereits getaner Forschung zu tun. Bei Referat und Hausarbeit meint "umfassend": alle wichtigen und einschlägigen Werke. Das Wissen darüber, was wichtig und einschlägig ist, muss man sich natürlich auch erst erarbeiten. Für die Bedürfnisse von Referat und Hausarbeit langt üblicherweise ein Verfahren auf halbem Weg zur systematischen Recherche, das als "Schneeballsystem" bekannt ist.

Die Suche beginnt hier im Prinzip wie jene für die punktuelle Information, wird jedoch bereits mit Blick auf Weiterentwicklung betrieben: Man startet also nicht unbedingt bei allgemeinen, sondern gleich bei fachspezifischen Nachschlagewerken und Handbüchern, die weiterführende Literaturangaben bieten. Mit diesen arbeitet man sich von einer Literaturempfehlung zur nächsten weiter, wobei die Menge der so gewonnen Literaturangaben exponentiell wächst: Das ist das Schneeballsystem.

Sehr schnell stellt man fest, dass man nicht allen Literaturempfehlungen folgen und schon gar nicht alle Literatur lesen kann - man wird also dazu gezwungen, für die eigene Thematik "aussichtsreichere" von weniger aussichtsreichen Literaturempfehlungen zu scheiden. Üblicherweise werden dabei moderne Titel gegenüber älteren bevorzugt - selbst wenn die neueren Arbeiten keinesfalls automatisch besser sein müssen, bieten sie doch fast immer die aktuelleren Literaturhinweise zum Weiterlesen. D.h. natürlich nicht, dass alle älteren Titel von vornherein zu vernachlässigen sind: Für viele Themen bleiben bestimmte ältere Arbeiten als theoretische Grundlagenwerke, akribische Detailsammlungen oder Ausgangspunkte einer Forschungsdiskussion für die heutige Arbeit relevant.

Abschließend sei jedoch gewarnt, dass das "Schneeballsystem" nichts weiter als eine Arbeitsmethode darstellt, um sich in einem Überangebot von Literatur schnell zu orientieren. In jedem Recherchefall ist nach Fragestellung und Materiallage zu entscheiden, ob eine systematische Suche nicht von vornherein effektiver wäre - das "System" ersetzt also niemals das eigenständige Denken!


Systematische Informationsbeschaffung

Das sog. Schneeballsystem erzeugt für gewöhnlich schnell gute Ergebnisse, für eine wirklich systematische Recherche ist es auf Dauer jedoch nicht effektiv genug. Möchte oder muss man tatsächlich umfassend oder vollständig recherchieren, braucht man deutlich mehr als den einen Einstiegspunkt des Schneeballsystems: Man benötigt Überblick, man benötigt Vollständigkeit, kurz gesagt: man benötigt bibliographische Vorarbeiten.

Zum Glück gibt es für den Historiker eine große Zahl bibliographischer Hilfsmittel. Für den einfachen Einstieg kann schon das "Begleitheft zum Proseminar" herhalten. Darüber hinaus sind vor allem

Gold wert. Während der Baumgart einen deutlich größeren Umfang hat (und über das Mittelalter hinausgeht), bietet der bibliographische Teil des Goetz’ für den Einsteiger hilfreiche Kommentierungen zu den Literaturangaben. Entscheidend ist jedoch nicht, wie viele Literaturtitel hier insgesamt versammelt sind: In diesen beiden Verzeichnissen findet man alle wichtigen und eine Reihe weniger wichtiger Bibliographien verzeichnet, die man braucht: umfangreiche Titelsammlungen und Datenbanken zu verschiedenen Literatursorten ebenso wie Spezialbibliographien mit Literatur zu bestimmten Epochen, Forschungsbereichen und Einzelthemen. Daneben bieten beide Werke vor allem aber auch Zugriff zu den überaus wichtigen Quellenkunden und Quellenverzeichnissen - auch das ist aber ein anderes Thema.


Internetrecherche

Bei der Suche nach wissenschaftlicher Literatur im Internet reicht eine simple Google-Recherche nicht aus. Das Suchportal der Universitätsbibliothek und Fachdatenbanken, auf die ebenfalls über die Bibliothek zugegriffen werden können, sind die zentralen Online-Rechercheorte.
Darüber hinaus kann auch frei im Internet recherchiert werden. Wikipedia lässt sich beispielsweise für einen ersten Überblick nutzen, doch kann die Seite in einer wissenschaftlichen Arbeit nicht als Literatur angegeben werden. Um zu prüfen, ob Informationen aus dem Netz im wissenschaftlichen Kontext zitierfähig sind, ist besonders zu achten auf:

  • Die institutionelle Anbindung: Wissenschaftliche Institutionen bürgen für die Qualität ihrer Seitenangebote.
  • Die Einhaltung wissenschaftlicher Standards: Dazu zählen vor allem die Nennung des Autors und des Veröffentlichungsdatums.