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Version vom 23. Oktober 2016, 14:20 Uhr


Vorbemerkungen

Erkenntnisinteresse

Vor jeder Recherchearbeit steht grundsätzlich die Fragen nach dem Sinn und Zweck - anders formuliert: nach dem Erkenntnisinteresse.

  • Möchte man sich schnell über einen Begriff informieren, auf den man gestoßen ist, um ihn in den Zusammenhang einordnen zu können?
  • Möchte man gezielt einen bestimmten Sachverhalt, einen Namen, ein Datum in Erfahrung bringen?
  • Möchte man schnell die wichtigsten Aspekte eines Themas erfassen, um sich für weitergehende Arbeiten orientieren zu können?
  • Möchte man zu einem Thema ein möglichst umfangreiches Wissen erlangen, z.B. um es für ein Referat oder eine Hausarbeit aufzuarbeiten?

Diese vier Fragen führen zu vier unterschiedlichen Recherchebemühungen.

Information und Literatur

Das Erkenntnisinteresse ist stets auf Wissen, besser: Information, gerichtet - der Weg dahin führt jedoch häufig über den Zwischenschritt der Literaturbeschaffung. Diese ist ein Muss im Falle der vierten, ein Kann im Falle der zweiten und dritten Frage, für die erste jedoch (mit Ausnahme besonders exotischer Fälle) unerheblich. Es gilt also zu differenzieren!

Verlässlichkeit

In einem weiteren Punkt muss differenziert werden: Es macht einen erheblichen Unterschied, ob man sich mit einer erlangten Information zufrieden geben kann, wenn sie sich ohne Widersprüche in das eigene Vorwissen einpassen lässt, oder ob man sich auf den "Wahrheitsgehalt" der Information verlassen, sie gar zitieren oder belegen muss.

Die Belegpflicht ist übrigens keine Besonderheit der wissenschaftlichen Welt: Wer in der nichtakademischen Arbeitswelt Ergebnisse, Inhalte und Zahlen zu präsentieren hat, muss sich der Verlässlichkeit seiner Angaben ebenso sicher sein wie der Verfasser einer wissenschaftlichen Arbeit.


Punktuelle Informationsbeschaffung

Bitte dem Link folgen!

"Halbsystematische" Informationsbeschaffung: das "Schneeballsystem"

Benötigt man mehr als nur einen Überblick über ein Thema (z.B. für ein Referat oder eine Hausarbeit), besteht der nächste Schritt in einer systematischen Erarbeitung des (meist abgegrenzten) Themenbereichs. Eine solche "systematische Erarbeitung" ist stets an die systematische Recherche von Literatur gebunden - der Grad an "Systematisierung" ist jedoch variabel: je höher der Anspruch der hinter der Recherche liegenden Aufgabe (Referat - Hausarbeit - Magister-/Examensarbeit - Dissertation), desto wichtiger die möglichst umfassende, bei Dissertationen gar annähernd vollständige Erfassung der Literatur zum Thema. Das hat nicht zuletzt mit der Notwendigkeit der Verortung eigener wissenschaftlicher Arbeit im Kontext bereits getaner Forschung zu tun. Bei Referat und Hausarbeit meint "umfassend": alle wichtigen und einschlägigen Werke. Das Wissen darüber, was wichtig und einschlägig ist, muss man sich natürlich auch erst erarbeiten. Für die Bedürfnisse von Referat und Hausarbeit langt üblicherweise ein Verfahren auf halbem Weg zur systematischen Recherche, das als "Schneeballsystem" bekannt ist.

Die Suche beginnt hier im Prinzip wie jene für die punktuelle Information, wird jedoch bereits mit Blick auf Weiterentwicklung betrieben: Man startet also nicht unbedingt bei allgemeinen, sondern gleich bei fachspezifischen Nachschlagewerken und Handbüchern, die weiterführende Literaturangaben bieten. Mit diesen arbeitet man sich von einer Literaturempfehlung zur nächsten weiter, wobei die Menge der so gewonnen Literaturangaben exponentiell wächst: Das ist das Schneeballsystem.

Sehr schnell stellt man fest, dass man nicht allen Literaturempfehlungen folgen und schon gar nicht alle Literatur lesen kann - man wird also dazu gezwungen, für die eigene Thematik "aussichtsreichere" von weniger aussichtsreichen Literaturempfehlungen zu scheiden. Üblicherweise werden dabei moderne Titel gegenüber älteren bevorzugt - selbst wenn die neueren Arbeiten keinesfalls automatisch besser sein müssen, bieten sie doch fast immer die aktuelleren Literaturhinweise zum Weiterlesen. D.h. natürlich nicht, dass alle älteren Titel von vornherein zu vernachlässigen sind: Für viele Themen bleiben bestimmte ältere Arbeiten als theoretische Grundlagenwerke, akribische Detailsammlungen oder Ausgangspunkte einer Forschungsdiskussion für die heutige Arbeit relevant.

Abschließend sei jedoch gewarnt, dass das "Schneeballsystem" nichts weiter als eine Arbeitsmethode darstellt, um sich in einem Überangebot von Literatur schnell zu orientieren. In jedem Recherchefall ist nach Fragestellung und Materiallage zu entscheiden, ob eine systematische Suche nicht von vornherein effektiver wäre - das "System" ersetzt also niemals das eigenständige Denken!


Systematische Informationsbeschaffung

Das sog. Schneeballsystem erzeugt für gewöhnlich schnell gute Ergebnisse, für eine wirklich systematische Recherche ist es auf Dauer jedoch nicht effektiv genug. Möchte oder muss man tatsächlich umfassend oder vollständig recherchieren, braucht man deutlich mehr als den einen Einstiegspunkt des Schneeballsystems: Man benötigt Überblick, man benötigt Vollständigkeit, kurz gesagt: man benötigt bibliographische Vorarbeiten.

Zum Glück gibt es für den Historiker eine große Zahl bibliographischer Hilfsmittel. Für den einfachen Einstieg kann schon das "Begleitheft zum Proseminar" herhalten. Darüber hinaus sind vor allem

Gold wert. Während der Baumgart einen deutlich größeren Umfang hat (und über das Mittelalter hinausgeht), bietet der bibliographische Teil des Goetz’ für den Einsteiger hilfreiche Kommentierungen zu den Literaturangaben. Entscheidend ist jedoch nicht, wie viele Literaturtitel hier insgesamt versammelt sind: In diesen beiden Verzeichnissen findet man alle wichtigen und eine Reihe weniger wichtiger Bibliographien verzeichnet, die man braucht: umfangreiche Titelsammlungen und Datenbanken zu verschiedenen Literatursorten ebenso wie Spezialbibliographien mit Literatur zu bestimmten Epochen, Forschungsbereichen und Einzelthemen. Daneben bieten beide Werke vor allem aber auch Zugriff zu den überaus wichtigen Quellenkunden und Quellenverzeichnissen - auch das ist aber ein anderes Thema.


Exkurs zur Internetrecherche

Informationen - Warum muss man überhaupt im Internet recherchieren?

Es gibt eine Reihe von Fällen, in denen historische Handbücher oder gedruckte Nachschlagewerke nur unbefriedigende Ergebnisse liefern. Dies gilt für viele der aktuelle(re)n Forschungsansätze und -diskussionen (wie die Recherchebeispiele zu den Begriffen "Achsenzeit", "Sattelzeit" und "Alteuropa" zeigen), erst recht aber für brandaktuelle Themen oder Fragestellungen. Mit der Frage der Aktualität verbunden ist auch der Bereich des Diskussionswürdigen: Debatten aus geschichtswissenschaftlichen Grenzbereichen oder gar anderen Disziplinen sowie populär- oder pseudohistorische Theorien (z.B. die Gralstheorien von Lincoln/Baigent/Leigh oder die Illig-Debatte) finden sich aus verschiedenen Gründen (thematische Verortung, Ergebnisoffenheit, mangelnde Seriosität) nicht in den üblichen gedruckten Recherchemitteln.

Ein weiterer Aspekt: Für manche Suchanfrage, die auch mithilfe gedruckter Nachschlagewerke zu beantworten wäre, ist ein Ergebnis leichter und bequemer über das Internet zu erhalten - dies insbesondere bei relativ einfach oder auch außerwissenschaftlich verwendeten Begriffen. Hier ist jedoch die wissenschaftliche Sorgfaltspflicht zu beachten: Wer sich vorschnell mit einem leichten Fund zufrieden gibt, übersieht beispielsweise die drei unterschiedlichen Bedeutungsebenen des Begriffs "Dark Ages" (Umgangssprachlich: Mittelalter - populärwissenschaftlich: Frühmittelalter - fachwissenschaftlich: quellenarme Periode, v.a. für Griechenland 12.-8. Jh. v. Chr. und die britischen Inseln im 5./6. Jh. n. Chr.) - von weiteren Bedeutungsebenen des Begriffs (z.B. für eine Phase der us-amerikanischen Comicindustrie) ganz zu schweigen!

In all diesen Fällen bietet das Internet geeignete Ressourcen und Recherchewerkzeuge mit

  • stets aktualisierten Nachschlagewerken (wie Brockhaus online oder Wikipedia),
  • Selbstdarstellungen wissenschaftlicher Projekte und Arbeitsgruppen
  • und häufig auch der Möglichkeit zur Volltextsuche über einen Datenbestand (Diese Möglichkeit bieten natürlich auch CD-ROM-Ausgaben).

Die Schlussfolgerung aus diesen Beobachtungen: Das Internet ist für den wissenschaftlichen Gebrauch nicht per se ein minderwertiges Rechercheinstrument, sondern eben ein anderes. Es basiert auf einem anderen Medium, mit eigenen Inhalten und eigenen Regeln. Wichtig ist es, diese Regeln zu kennen, um das Internet auch ernsthaft und verlässlich für den wissenschaftlichen Gebrauch dienstbar zu machen - das ist jedoch ein eigenes Thema, das hier nicht behandelt werden kann.

Mit einem Studentenmythos sollte aber gleich aufgeräumt werden: dass man nämlich im Internet alles "Wissen" fände, wenn man nur wisse, wo zu suchen. Tatsache ist, dass nur ein absoluter Bruchteil der gedruckt vorhandenen Informationen im Internet digitalisiert vorliegt, dass wiederum nur ein geringer Teil dieses Bestands im Volltext durchsucht werden kann. Tatsache ist ebenso, dass das Internet auch auf absehbare Zeit die "Buchrecherche" nicht wird ersetzen können - daran ändert sich auch nichts durch die massenhafte Digitalisierung von wissenschaftlichen Buchbeständen, die momentan stattfindet:

Erstens können Suchmaschinen nämlich auf die digitalisierten Bestände meist nur sehr unzureichend zugreifen – eine Situation, die sich bestenfalls auf technischer Ebene verbessern lässt, die rechtlichen Einschränkungen sind jedoch so nicht zu überwinden. Zweitens wird das, was die "Informationsstruktur" des Mediums Fachbuch ausmacht, bei der Digitalisierung nicht automatisch mittransportiert - angefangen bei der einfachen Differenzierung grundlegender Fachbuch-Gruppen wie Lexika, Handbücher, Einführungen, Monographien etc. über das System der Erschließung durch Register, Indices usw. bis hin zu den ergonomischen und psychologischen Vorteilen eines in unter einer Sekunde "bootenden", ohne Strom und unter beinahe allen Umweltbedingungen zu betreibenden Mediums.

Literatur

Das Internet stellt sich immer deutlicher als unentbehrliches Hilfsmittel bei der professionellen Literaturrecherche heraus:

  • Online-Bibliothekskataloge (OPACs u.a.),
  • Bibliographien und Literatursammlungen jeder Art
  • sowie v.a. [vielfach kommerzielle] Datenbanken

bieten ein beinahe unerschöpfliches, vor allem aber sehr zuverlässiges Recherchefeld für die systematische Literaturbeschaffung.

Durch die einfache, geradezu mühelose Verfügbarkeit einer großen Zahl von Literaturangaben - ein Suchbegriff, Dutzende von "Treffern" - werden Einsteiger jedoch zu einer vorschnellen Verwendung des Internets als Rechercheinstrument verleitet. Davon ist unbedingt abzuraten: Für punktuelle Informationsbedürfnisse sind die entsprechenden Nachschlagewerke (in der Bibliothek oder im Internet) zu benutzen; eine halbsystematische oder systematische Recherche sollte sich niemals auf die Suchmaschinen-Lotterie stützen.