Résumé

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Trotz all der Streitigkeiten, die aus der Gegenwart betrachtet, sehr markant und dominierend aussehen, muss bemerkt werden, dass man diese damals nicht so wahrgenommen hat. Es darf auch nicht vergessen werden, dass der Mythos Frankfurter Schule und Adorno erst viel später entstanden sind. Trotz seiner starken Präsenz in den Medien, war er in erster Linie ein Hochschulprofessor. Viele seiner ehemaligen Studenten beschreiben seine Vorlesungen als langweilig. Tilman Allert, Hochschullehrer an der Universität Frankfurt und ehemaliger Assistent Ulrich Oevermanns, erzählt in einem Interview, dass die Studenten von den Schwierigkeiten zwischen den Fakultäten relativ wenig gemerkt hätten . Dies ist kein exklusiver Standpunkt Allerts. Es ist davon auszugehen, dass diese Problematik für die meisten Studenten sowie Assistenten nicht von Interesse war. Streitigkeiten unter Wissenschaftlern sind selbstverständlich. Ebenso versuchten Professoren schon immer Anhänger der eigenen Schule zu berufen. Es ist auch nicht so, dass die Studenten, die an der WiSo-Fakultät eingeschrieben waren, nur Kurse an ihrer Fakultät besuchten. Sie besuchten auch regelmäßig die Vorlesungen der Philosophischen Fakultät, ebenso wie die Studenten dieser Fakultät Vorlesungen an der WiSo-Fakultät hörten. Oft schickten auch die Professoren ihre Studenten zu Vorlesungen anderer Professoren. Auch die Assistenten waren nicht immer direkte Anhänger der Schule, für die ihr Professor stand. Gerade in den 60ern waren die Assistenten politisch sehr engagiert und schlossen sich gemeinsam zusammen. Auch die Professoren der verschiedenen Fakultäten hielten teilweise Seminare zusammen. Zum Beispiel hielt Luckmann im Sommersemester 1968 mit Habermas ein Seminar über Datenanalyse. Beide Professoren waren zu diesem Zeitpunkt noch sehr jung. An solchen Beispielen wird deutlich, dass trotz des Probleme eine Fakultäten übergreifende Zusammenarbeit statt gefunden hat.

Der Konflikt entschärfte sich Ende der 60er Jahre und Anfang der 70er Jahre. Tenbruck sowie Luckmann verließen die Universität Frankfurt Ende der 60er Jahre. Luckmann ging an die Universität Konstanz und Tenbruck nach Tübingen. Im Gegensatz zu Luckmann flüchtete Tenbruck regelrecht aus Frankfurt. Grund dafür waren die starken Studentenrevolten 1968. Durch seine konservative Einstellung wurde er zum Ziel vieler Blockaden. Seine Seminare wurden von Studenten regelrecht gesprengt. Offensichtlich fühlte Tenbruck sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Frankfurt nicht wohl und folgte dem Ruf nach Tübingen. Dort war das Klima an der Universität wesentlich ruhiger und er widmete sich dort stark der Kultursoziologie und der klassischen Soziologie. Eine weitere Folge der Studentenrevolten von 1968 war wohl, dass 1971 die Fachbereiche gegründet und die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, sowie die Philosophische Fakultät im Fachbereich 03 integriert wurden. Dadurch änderte sich auch die Hochschulpolitik. Die Macht der Professoren wurde beschnitten. Interventionen in die Hochschulpolitik wie im Fall Golo Mann wurden dadurch verhindert. Auch der Mittelbau und die Studenten bekamen ein Mitbestimmungsrecht zugesprochen. All dies waren Gründe dafür, dass Habermas 1972 Frankfurt verließ und nach Starnberg ging. Außerdem kamen die Anhänger der Frankfurter Schule und ganz besonders Habermas 1968, stark in die Kritik der Studenten. Seminare sowie das IFS wurden besetzt. Bei der Besetzung des IFS fühlte sich Adorno sogar gezwungen die Polizei zu rufen und die betroffenen Studenten anzuzeigen. Das IFS sympathisierte zwar teilweise mit den kritischen Studenten, war aber nicht bereit alle Aktionen zu unterstützen, zumal sich der Groll der Studenten auch gegen die westliche Demokratie äußerte. Aber eben diese westliche Demokratie rettete die Emigranten des IFS im Zweiten Weltkrieg. „Die naiv-vorbehaltslose Unterstützung der Studenten für Ho Chi Minh und Mao Zedong konnten ihre Lehrer, die im Gegensatz zur übrigen Linken früh schon den leninistischen und stalinistischen Terror begriffen und ablehnten, wohl kaum teilen“ . Die Studenten fassten dies als Verrat auf und wendeten sich ab. Die Seminare wurden boykottiert. Jedoch geriet das IFS und Adorno auch in die Kritik von Rechts. Es wurde ihnen nachgesagt, die geistigen Anreger der Studentenrevolution zu sein. Adorno missfiel die Situation und tat sich damit offensichtlich schwer. 1969 stellte er seine Vorlesungen ein. Im August des Jahres musste er gegen seinen Schüler Hans-Jürgen Krahl aussagen. Noch am gleichen Tag erlitt er einen Herzinfarkt und starb am 6. August.

Die einschneidenden Geschehnisse 1968 führten auch unter anderem dazu, dass nach dem Soziologentag 1968 in Frankfurt sieben Jahre lang keine weitere Tagung stattfand. Erst 1974 fand wieder ein Soziologentag in Kassel statt. Grund für die lange Pause „waren vor allem die unkonventionellen Aktivitäten der Studenten, die im Verlauf der Studentenbewegung mit dem traditionellen Stil politischen Protests brachen“ .

Es zeigt sich also, dass mehrere Faktoren zu einer Entschärfung des Konflikts führten. Maßgebend waren die Studentenbewegung und die Hochschulreform. Auch heute gibt es im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften wieder einschneidende Veränderungen. Die Studiengebühren sowie die Studiengänge Master und Bachelor wurden eingeführt und die Universität wurde zur Stiftungsuniversität.

Die Zeit um 1968 und Adorno hat sich heute, vierzig Jahre danach, zu einem Mythos entwickelt. Gerade in den Interviews mit den Zeitzeugen wurde dieser Mythos teilweise entzaubert. Es fanden Proteste statt und wurden unerbittlich geführt, jedoch konzentrierten sich viele Studenten auf ihr Studium. Zu der Zeit als keine Vorlesungen mehr statt fanden, taten sich viele Studenten zusammen und diskutierten in kleineren Gruppen.

Heute steht die Universität Frankfurt zwar immer noch im Licht der kritischen Theorie. Diese wird aber kaum noch im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften gelehrt. Selbst ehemalige Schüler Adornos oder Habermas haben eigene Theorien entwickelt. Zu diesen Schülern zählt zum Beispiel Ulrich Oeverman. Dieser war Assistent von Habermas und wurde zum Begründer der objektiven Hermeneutik.