Salomon Delatours wissenschaftliche Arbeiten: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Studium beginnt er in München mit Kunstgeschichte, orientiert sich dann aber neu und studiert Naturwissenschaften und Physiologie in Heidelberg.  
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Das Studium begann er in München mit Kunstgeschichte, orientierte sich dann aber neu und studierte Naturwissenschaften und Physiologie in Heidelberg. Heidelberg war zu dieser Zeit ein „Schnittpunkt intellektueller Kreise“. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref>  Über die Jahre Hinweg waren in Heidelberg unter anderem auch Norbert Elias, Karl Mannheim, Georg von Lukács und viele weitere anzutreffen. Es ist allerdings nicht ersichtlich ob sich Salomon-Delatour schon an einem der Kreise beteiligte, die in Heidelberg stattfanden. So ist es auch nicht leicht zu beurteilen, ob er schon während des Studiums erste Kontakte zu anderen Intellektuellen knüpfen konnte.
  
Die erste Arbeit, mit der er in Erscheinung tritt, ist seine philosophische Promotion bei Georg Simmel 1916. Er behandelte die „theologica deutsch“ aus dem 15. Jahrhundert, nachdem er von Simmel davon abgebracht wurde die gesamte deutsche Mystik darzustellen. (Christoph Henning S. 54) Es handelt sich „um eine Anwendung von Simmels Lebensphilosophie und Religionssoziologie auf die Philosophie des Mittelatlters.“ (C.H. S. 55) Salomon-Delatour sieht die Mystik im Gegensatz zum Glauben als aktivierende Kraft wobei der Glaube nur eine passive Rezeption hervor bringt. (C.H. S.56) Schon in diesem Werk spielt für Salomon-Delatour die Einheit eine wichtige Rolle. Auch wenn er sich bewusst ist, dass die Einheit, wenn sie erzwungen wird, eher zu einer Entfremdung führt. Er schafft es aber nicht seine vorhandenen Thesen richtig in Szene zu setzen, sondern sie gehen in der Fülle des Materials unter. (C.H. S.57)
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Die erste Arbeit, mit der er in Erscheinung trat war seine philosophische Promotion bei Georg Simmel 1916. Er behandelte die „theologica deutsch“ aus dem 15. Jahrhundert, nachdem er von Simmel davon abgebracht wurde die gesamte deutsche Mystik darzustellen. Es handelte sich „um eine Anwendung von Simmels Lebensphilosophie und Religionssoziologie auf die Philosophie des Mittelalters.“ <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref> Salomon-Delatour sah die Mystik im Gegensatz zum Glauben als aktivierende Kraft wobei der Glaube nur eine passive Rezeption hervor bringt. Schon in diesem Werk spielte für Salomon-Delatour die Einheit eine wichtige Rolle. Auch wenn er sich bewusst war, dass die Einheit, wenn sie erzwungen wird, eher zu einer Entfremdung führt. Es gelang ihm aber nicht seine vorhandenen Thesen richtig in Szene zu setzen, sondern sie gingen in der Fülle des Materials unter. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref>
  
1920 erscheint dann ein Aufsatz mit dem Titel „Osten und Westen“. Hier schlägt Salomon-Delatour eine Brücke seiner Einheitsvorstellung seiner Dissertation zur Politik. Eine reale Einheit der Menschen sei nur denkbar, wenn sich die zwei großen Kulturwelten, Osten und Westen, auflöse. Er sieht den Osten als Vorbild für den Westen, da dieser die „sozial- und wirtschaftsethischen Fonds“ besitzt, ohne die eine Gemeinschaft nicht existieren könne. (Salomon 1920 S.346 sowie C.H. S.59) Als gemeinschaftsbildende Kraft sieht Salomon-Delatour die Religion und fordert somit eine Universalreligion. Es ist zu diesem Zeitpunkt also noch kein Bekenntnis zum Judentum zu sehen, was sich allerdings schon kurze Zeit später an der Mitarbeit an Martin Bubers Zeitschrift „Der Jude“ beobachten lies. Hier war er ab 1920 als Redakteur im Bereich Soziologie tätig. (Befreundung mit dem Fremden S. 294) Er setzt sich mit dem Judentum nun auseinander, wenn auch oft kritisch. So wirft er zum Beispiel dem Judentum Abgrenzung von der restlichen Gesellschaft vor. (C.H. S.62)
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1920 erschien dann ein Aufsatz mit dem Titel „Osten und Westen“. Hier schlug Salomon-Delatour eine Brücke der Einheitsvorstellung seiner Dissertation zur Politik. Eine reale Einheit der Menschen sei nur denkbar, wenn sich die zwei großen Kulturwelten, Osten und Westen, auflösten. Er sah den Osten als Vorbild für den Westen, da dieser die „sozial- und wirtschaftsethischen Fonds“ besaß, ohne die eine Gemeinschaft nicht existieren könne. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref>  Die gemeinschaftsbildende Kraft war, laut Salomon-Delatour, die Religion und er betrachtete eine Universalreligion als Lösung. Es ist zu diesem Zeitpunkt also noch kein Bekenntnis zum Judentum zu sehen, was sich allerdings schon kurze Zeit später an der Mitarbeit an Martin Bubers Zeitschrift „Der Jude“ beobachten lies. Hier war er ab 1920 als Redakteur im Bereich Soziologie tätig. <bibref f="sozfra.bib">Belitz:2008</bibref> Er setzte sich mit dem Judentum auseinander, wenn auch oft kritisch. So warf er zum Beispiel dem Judentum Abgrenzung von der restlichen Gesellschaft vor. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref> Die Zeit der Weimarer Republik war für das Judentum eine Blütezeit. <bibref f="sozfra.bib">Meyer:2008b</bibref>  Durch die Liberalität der Regierung, die Gleichstellung in allen gesellschaftlichen Bereichen versprach, konnten sich die Juden mit der Weimarer Republik identifizieren. Zugleich  kam aber ein wachsender Antisemitismus von Seiten der Bevölkerung auf. Das jüdische Leben wurde in allen Bereichen ausgeprägter und so erweiterte sich auch die jüdische Teilnahme an kulturellen Aktivitäten.  Den Juden gelang es ihre Identität als Juden und zugleich als Angehörige der deutschen Kultur zu stärken.  Vielleicht war dieses neue jüdische Selbstbewusstsein auch ein Anreiz für Salomon-Delatour sich damit auseinander zu setzen.
  
Salomon-Delatour versucht eine Distanz zum autoritären Marxismus zu schaffen, verzichtet dabei aber nicht auf die ethischen und politischen Vorzüge des Sozialismus. (C.H. S. 64) Vor seiner Habilitation übersetzt Salomon-Delatour einige französische Frühsozialisten und gibt sie heraus. So zum Beispiel Saint Simon und Proudhon sowie den deutschen Lorenz von Stein. (Befreundung mit dem Fremden S. 294) Sein Frankreichfokus ist sicherlich auch auf seine teils französischen Wurzeln zurückzuführen. Salomon-Delatour war bei seiner Herausgeberschaft aber nicht nur auf die Frühsozialisten beschränkt. Auch konservative und reaktionäre Autoren werden von ihm veröffentlicht und meist auch mit einer Einleitung von Salomon-Delatour versehen, in denen er auch mal kritisch auf die folgenden Texte einging. (C.H. S.76)
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Salomon-Delatour versuchte eine Distanz zum autoritären Marxismus zu schaffen, verzichtete dabei aber nicht auf die ethischen und politischen Vorzüge des Sozialismus. Vor seiner Habilitation übersetzte Salomon-Delatour einige französische Frühsozialisten und gab sie heraus. So zum Beispiel Saint Simon und Proudhon sowie den deutschen Lorenz von Stein. Sein Frankreichfokus ist sicherlich auch auf seine teils französischen Wurzeln zurückzuführen. Salomon-Delatour war bei seiner Herausgeberschaft aber nicht nur auf die Frühsozialisten beschränkt. Auch konservative und reaktionäre Autoren wurden von ihm veröffentlicht und meist auch mit einer Einleitung von Salomon-Delatour versehen, in denen er auch mal kritisch auf die folgenden Texte einging. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref>
  
Sein wohl wichtigstes und einflussreichstes Projekt waren sicherlich die „Jahrbücher für Soziologie“, von denen 1925-1927 jährlich ein Band erschienen ist, auf die ich später genauer eingehen werde.
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Sein wohl wichtigstes und einflussreichstes schriftliches Projekt waren sicherlich die „Jahrbücher für Soziologie“, von denen 1925-1927 jährlich ein Band erschienen ist, auf die ich später genauer eingehen werde.
  
1930 erhält Salomon-Delatour dann einen eigenen Lehrauftrag „Französische Staats- und Gesellschaftskunde“. Hierfür kam ihm sein langzeitliches Engagement für französische Veröffentlichungen mit Sicherheit zu Gute, nachdem es ihm nicht vergönnt war die Nachfolge Oppenheimers anzutreten. Ein weiterer Grund hierfür mag gewesen sein, dass es einigen Kollegen an der Frankfurter Universität wohl ein Dorn im Auge war, dass Salomon-Delatour soviel außeruniversiäres Engagement zeigte. So wird er sogar in einem Brief von Oppenheimer ermahnt, dass er wohl nicht hart genug an der Universität gearbeitet habe und somit einige Herren, die nicht näher genannt werden, verärgert habe. (Befreundung mit dem Fremden S.308 Fußnote 249)
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1930 erhielt Salomon-Delatour dann einen eigenen Lehrauftrag „Französische Staats- und Gesellschaftskunde“. Hierfür kam ihm sein langjähriges Engagement für französische Veröffentlichungen mit Sicherheit zu Gute, nachdem es ihm nicht vergönnt war die Nachfolge Oppenheimers anzutreten. Ein weiterer Grund für die verpasste Nachfolge mag gewesen sein, dass es einigen Kollegen an der Frankfurter Universität wohl ein Dorn im Auge war, dass Salomon-Delatour soviel außeruniversitäres Engagement zeigte. So wird er sogar in einem Brief von Oppenheimer ermahnt, dass er wohl nicht hart genug an der Universität gearbeitet habe und somit einige Herren, die nicht näher genannt werden, verärgert habe. <bibref f="sozfra.bib">Belitz:2008</bibref>
Sein Schwerpunkt verlagerte sich aber trotz allem ab 1930 weg von der Universität, was sich wohl auch auf die verpasste Nachfolge des Lehrstuhls Oppenheimers zurückführen lässt. Er hielt von da an auch Seminare und Vorlesungen zur Staatslehre an Beamtenakademien in Frankfurt und Saarbrücken. (C.H. S.82)<br>
 
Ein weiterer Baustein in seinem Bestreben nach einer wissenschaftlichen Einheit waren die Davoser Ferienkurse. Diese zweiwöchigen Kurse waren auseruniversitäre Veranstaltungen an denen sich viele namenhafte Professoren und auch Studenten beteiligten. Auf die Davoser Ferienkurse werde ich auch noch ausführlich in einem Abschnitt dieser Arbeit eingehen.<br>
 
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten trieb Salomon-Delatour dann zur Flucht aus Deutschland. Nach einer kürzeren Station in Italien gelang es ihm nach Frankreich, genauer Paris, zu flüchten. In Frankreich gelang es ihm schnell Fuß zu fassen. Er war dort zum Beispiel wieder als Herausgeber tätig, diesmal waren es Zeitschriften. Zum einen die „Information Economoique“ und später „Ordo“. Zudem erhielt er eine Anstellung an der Pariser Sorbonne Universität. Um akademisch in Frankreich weiter zu kommen, fehlte ihm aber eine Hauptarbeit – thése – an der er auch arbeitete. Sie sollte sich mit dem Kathedersozialismus auseinander setzen, wie Benajamin 1937 an Fritz Lieb schrieb. (Gesammelte Briefe Band 5, Brief 638) Zu einer Vollendung kam es aber durch die Invasion der Deutschen nie. Er musste weiter flüchten und schaffte es 1941 in die USA zu reisen.
 
  
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Sein Schwerpunkt verlagerte sich aber trotz allem ab 1930 weg von der Universität, was sich auch auf die verpasste Nachfolge des Lehrstuhls Oppenheimers zurückführen lässt. Er hielt von da an Seminare und Vorlesungen zur Staatslehre an Beamtenakademien in Frankfurt und Saarbrücken. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref>
  
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Ein weiterer Baustein in seinem Bestreben nach einer wissenschaftlichen Einheit waren die Davoser Hochschulkurse. Diese zweiwöchigen Kurse waren außeruniversitäre Veranstaltungen an denen sich viele namenhafte Professoren und auch Studenten beteiligten. Auf die Davoser Hochschulkurse werde ich auch noch ausführlich in einem Abschnitt dieser Arbeit eingehen.
  
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Die Machtergreifung der Nationalsozialisten trieb Salomon-Delatour dann zur Flucht aus Deutschland. Nach einer kürzeren Station in Italien gelang es ihm nach Frankreich, genauer Paris, zu flüchten. Dort schaffte er es schnell Fuß zu fassen. Er war zum Beispiel wieder als Herausgeber tätig, diesmal für Zeitschriften. Zum einen die „Information Economoique“ und später „Ordo“. Zudem erhielt er eine Anstellung an der Pariser Sorbonne Universität. Um akademisch in Frankreich weiter zu kommen, fehlte ihm aber eine Hauptarbeit – thése – an der er auch arbeitete. Sie sollte sich mit dem Kathedersozialismus auseinander setzen, wie Benjamin 1937 an Fritz Lieb schrieb.  Zu einer Vollendung kam es aber durch die Invasion der Deutschen nie. Er musste weiter flüchten und schaffte es 1941 in die USA zu reisen.
  
  
  
 
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Alter Text
 
 
 
Am Anfang seines Studiums zeigt Salomon, genauso wie Mannheim, ein großes Interesse an Kunstgeschichte, was er auch in München studiert. Später studiert der dann Naturwissenschaften und Physiologie in Heidelberg.
 
 
 
==Promotion==
 
 
 
Seine erste größere wissenschaftliche Arbeit ist seine philosophische Promotion bei Georg Simmel in Straßburg 1916. Seine Dissertation behandelt die „theologica deutsch“ aus dem Mittelalter, in der er Simmels Lebensphilosophie und Religionssoziologie auf diese Zeit andwendet. Er beschäftigt sich, wie viele andere Intellektuelle (Lukacs, Buber, Weber, Troeltsch, Simmel, Mannheim) dieser Zeit, mit der Mystik und dem mystischen Erleben und wertet sie durchaus positiv.
 
 
 
==Erste Aufsätze==
 
 
 
1920 veröffentlicht Salomon dann den Aufsatz „Osten und Westen“. Er fordert eine Universalreligion, da die Religion die „eigentlich gemeinschaftsbildende Kraft“ sei. Es lässt sich hier also noch keine offensichtliche Zugehörigkeit zum Judentum feststellen.
 
Zusätzlich veröffentlicht Salomon zwischen 1920 und 1924 einige Aufsätze in Martin Bubers „[[Der Jude]]“. Er setzt sich durchaus kritisch mit dem Judentum auseinander und wirft Abgrenzung von der restlichen Gesellschaft vor. Er strebt zudem eine in weiteren Texten Synthese und Vereinheitlichung an. Wie er dieses Ziel verwirklichen will, bleibt zu dieser Zeit jedoch noch unbeantwortet.
 
 
 
==Habilitation==
 
 
 
Salomons Habilitation 1921 bei Oppenheimer trägt den Titel „Mittelalter als Ideal der Romantik“ (Buch 1923 publiziert). Er beschäftigt sich darin mit der Frage, wie eine soziale Einheit angestrebt werden kann, ohne, dass diese zugleich exklusiv und somit gewaltsam wird. Salomon triebt also weiterhin die Frage nach einer alles überspannenden Einheit um.
 
 
 
==Weitere Veröffentlichungen==
 
 
 
Auch mit dem Sozialismus setzt sich Salomon  auseinander. Er distanziert sich zwar vom „autoritären Marxismus“ verzichtet gleichzeitig aber auch nicht auf die ethischen und politischen Vorzüge des Sozialismus. Er übersetzt und veröffentlicht viele Arbeiten von Frühsozialisten, insbesondere von Franzosen, was auf Salomons französische Wurzeln zurückzuführen ist. Er verfolgt mit den veröffentlichten Autoren aber keine klare Linie, sondern veröffentlicht sowohl extrem konservative Autoren, sowie gemäßigte. Er setzt sich, aber durchaus kritisch mit allen Autoren auseinander, was oft an seinen Einleitungen zu erkennen ist. Ab 1930 erhielt er dann einen eigenen Lehrauftrag für „Französische Staats- und Gesellschaftskunde“.
 
 
 
==Jahrbuch für Soziologie==
 
 
 
Des Weiteren ist er für die Jahrbücher für Soziologie verantwortlich, die 1925-1927 ein Mal jährlich erschienen sind. Hierbei wird ganz klar das Bestreben deutlich, dass es sich gegen die Abgrenzung der deutschen Wissenschaft wehrt und sich für eine internationale Verständigung einsetzt. Es soll eine Art geistige Einheit angestrebt werden. Die Plattform für diese Einheit sieht Salomon in der Soziologie an sich.
 
 
 
siehe [[Jahrbuch für Soziologie|hier]]
 
 
 
 
 
Quelle: A. Barboza & C. Henning "Deutsch-jüdische Wissenschaftsschicksale" 2006
 

Aktuelle Version vom 30. März 2008, 21:40 Uhr

Das Studium begann er in München mit Kunstgeschichte, orientierte sich dann aber neu und studierte Naturwissenschaften und Physiologie in Heidelberg. Heidelberg war zu dieser Zeit ein „Schnittpunkt intellektueller Kreise“. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref> Über die Jahre Hinweg waren in Heidelberg unter anderem auch Norbert Elias, Karl Mannheim, Georg von Lukács und viele weitere anzutreffen. Es ist allerdings nicht ersichtlich ob sich Salomon-Delatour schon an einem der Kreise beteiligte, die in Heidelberg stattfanden. So ist es auch nicht leicht zu beurteilen, ob er schon während des Studiums erste Kontakte zu anderen Intellektuellen knüpfen konnte.

Die erste Arbeit, mit der er in Erscheinung trat war seine philosophische Promotion bei Georg Simmel 1916. Er behandelte die „theologica deutsch“ aus dem 15. Jahrhundert, nachdem er von Simmel davon abgebracht wurde die gesamte deutsche Mystik darzustellen. Es handelte sich „um eine Anwendung von Simmels Lebensphilosophie und Religionssoziologie auf die Philosophie des Mittelalters.“ <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref> Salomon-Delatour sah die Mystik im Gegensatz zum Glauben als aktivierende Kraft wobei der Glaube nur eine passive Rezeption hervor bringt. Schon in diesem Werk spielte für Salomon-Delatour die Einheit eine wichtige Rolle. Auch wenn er sich bewusst war, dass die Einheit, wenn sie erzwungen wird, eher zu einer Entfremdung führt. Es gelang ihm aber nicht seine vorhandenen Thesen richtig in Szene zu setzen, sondern sie gingen in der Fülle des Materials unter. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref>

1920 erschien dann ein Aufsatz mit dem Titel „Osten und Westen“. Hier schlug Salomon-Delatour eine Brücke der Einheitsvorstellung seiner Dissertation zur Politik. Eine reale Einheit der Menschen sei nur denkbar, wenn sich die zwei großen Kulturwelten, Osten und Westen, auflösten. Er sah den Osten als Vorbild für den Westen, da dieser die „sozial- und wirtschaftsethischen Fonds“ besaß, ohne die eine Gemeinschaft nicht existieren könne. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref> Die gemeinschaftsbildende Kraft war, laut Salomon-Delatour, die Religion und er betrachtete eine Universalreligion als Lösung. Es ist zu diesem Zeitpunkt also noch kein Bekenntnis zum Judentum zu sehen, was sich allerdings schon kurze Zeit später an der Mitarbeit an Martin Bubers Zeitschrift „Der Jude“ beobachten lies. Hier war er ab 1920 als Redakteur im Bereich Soziologie tätig. <bibref f="sozfra.bib">Belitz:2008</bibref> Er setzte sich mit dem Judentum auseinander, wenn auch oft kritisch. So warf er zum Beispiel dem Judentum Abgrenzung von der restlichen Gesellschaft vor. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref> Die Zeit der Weimarer Republik war für das Judentum eine Blütezeit. <bibref f="sozfra.bib">Meyer:2008b</bibref> Durch die Liberalität der Regierung, die Gleichstellung in allen gesellschaftlichen Bereichen versprach, konnten sich die Juden mit der Weimarer Republik identifizieren. Zugleich kam aber ein wachsender Antisemitismus von Seiten der Bevölkerung auf. Das jüdische Leben wurde in allen Bereichen ausgeprägter und so erweiterte sich auch die jüdische Teilnahme an kulturellen Aktivitäten. Den Juden gelang es ihre Identität als Juden und zugleich als Angehörige der deutschen Kultur zu stärken. Vielleicht war dieses neue jüdische Selbstbewusstsein auch ein Anreiz für Salomon-Delatour sich damit auseinander zu setzen.

Salomon-Delatour versuchte eine Distanz zum autoritären Marxismus zu schaffen, verzichtete dabei aber nicht auf die ethischen und politischen Vorzüge des Sozialismus. Vor seiner Habilitation übersetzte Salomon-Delatour einige französische Frühsozialisten und gab sie heraus. So zum Beispiel Saint Simon und Proudhon sowie den deutschen Lorenz von Stein. Sein Frankreichfokus ist sicherlich auch auf seine teils französischen Wurzeln zurückzuführen. Salomon-Delatour war bei seiner Herausgeberschaft aber nicht nur auf die Frühsozialisten beschränkt. Auch konservative und reaktionäre Autoren wurden von ihm veröffentlicht und meist auch mit einer Einleitung von Salomon-Delatour versehen, in denen er auch mal kritisch auf die folgenden Texte einging. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref>

Sein wohl wichtigstes und einflussreichstes schriftliches Projekt waren sicherlich die „Jahrbücher für Soziologie“, von denen 1925-1927 jährlich ein Band erschienen ist, auf die ich später genauer eingehen werde.

1930 erhielt Salomon-Delatour dann einen eigenen Lehrauftrag „Französische Staats- und Gesellschaftskunde“. Hierfür kam ihm sein langjähriges Engagement für französische Veröffentlichungen mit Sicherheit zu Gute, nachdem es ihm nicht vergönnt war die Nachfolge Oppenheimers anzutreten. Ein weiterer Grund für die verpasste Nachfolge mag gewesen sein, dass es einigen Kollegen an der Frankfurter Universität wohl ein Dorn im Auge war, dass Salomon-Delatour soviel außeruniversitäres Engagement zeigte. So wird er sogar in einem Brief von Oppenheimer ermahnt, dass er wohl nicht hart genug an der Universität gearbeitet habe und somit einige Herren, die nicht näher genannt werden, verärgert habe. <bibref f="sozfra.bib">Belitz:2008</bibref>

Sein Schwerpunkt verlagerte sich aber trotz allem ab 1930 weg von der Universität, was sich auch auf die verpasste Nachfolge des Lehrstuhls Oppenheimers zurückführen lässt. Er hielt von da an Seminare und Vorlesungen zur Staatslehre an Beamtenakademien in Frankfurt und Saarbrücken. <bibref f="sozfra.bib">Barboza:2008</bibref>

Ein weiterer Baustein in seinem Bestreben nach einer wissenschaftlichen Einheit waren die Davoser Hochschulkurse. Diese zweiwöchigen Kurse waren außeruniversitäre Veranstaltungen an denen sich viele namenhafte Professoren und auch Studenten beteiligten. Auf die Davoser Hochschulkurse werde ich auch noch ausführlich in einem Abschnitt dieser Arbeit eingehen.

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten trieb Salomon-Delatour dann zur Flucht aus Deutschland. Nach einer kürzeren Station in Italien gelang es ihm nach Frankreich, genauer Paris, zu flüchten. Dort schaffte er es schnell Fuß zu fassen. Er war zum Beispiel wieder als Herausgeber tätig, diesmal für Zeitschriften. Zum einen die „Information Economoique“ und später „Ordo“. Zudem erhielt er eine Anstellung an der Pariser Sorbonne Universität. Um akademisch in Frankreich weiter zu kommen, fehlte ihm aber eine Hauptarbeit – thése – an der er auch arbeitete. Sie sollte sich mit dem Kathedersozialismus auseinander setzen, wie Benjamin 1937 an Fritz Lieb schrieb. Zu einer Vollendung kam es aber durch die Invasion der Deutschen nie. Er musste weiter flüchten und schaffte es 1941 in die USA zu reisen.


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