Methoden-Triangulation

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Methoden-Triangulation

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"Eine Sichtweise, die quantitative und qualitative Methoden als gleichwertig betrachtet, wirft notwendigerweise die Frage nach der Integration der unterschiedlichen Verfahrensweisen auf. Wie kann Struktur und Deutung - Lebensverlaufsrekonstruktionen und Interpretationen - sinnvoll in Beziehung zueinander gesetzt werden? Den methodologischen Christian Erzberger: Die Kombination von qualitativen und quantitativen Daten Hintergrund zur Beantwortung dieser uns hier beschäftigenden Frage bildet das Konzept der Methodentriangulation von Denzin (1978), der bei der Untersuchung des gleichen Forschungsgegenstandes durch unterschiedliche Methoden den Aspekt der Verbesserung der Validität durch Ermittlung kongruenter Ergebnisse betont. Die Kritik der Denzinschen Auffassung durch Lamnek (1988) und Wilson (1982) hat den Validierungsgesichtspunkt in den Hintergrund treten lassen, mit der Folge, daß nun Ergebnisse eher als komplementär, d.h. als sich gegenseitig ergänzend, anzusehen sind. Beide Aspekte der Methodentriangulation sind in empirischen Studien schon beschrieben worden (vgl. Flick 1992; Freter u.a. 199 1). Ergebnis der kritischen Auseinandersetzung mit dem Validierungsansatz bei der Methodentriangulation war die Anerkenntnis der Möglichkeit, daß Ergebnisse nicht zueinander passen können und damit in einem divergenten Verhältnis zueinander stehen können."

Forum Qualitative Sozialforschung


1. Einleitung

Diskurse über Methoden empirischer Sozialforschung gelten allgemein als sehr speziell und vor allem Studierenden als unnötig und tendenziell ermüdend. Gleichwohl haben gegenwärtig Methodenlehr- und -handbücher Konjunktur. Sie werden vor allem verfasst, um Methoden und Techniken verständlicher, Forschungsprozesse übersichtlicher und nachvollziehbar zu machen sowie die Qualität der Forschung zu verbessern. Und hier scheint es offensichtlich auch einen großen Bedarf und eine entsprechende Nachfrage zu geben. Die Bände, die Uwe FLICK – teilweise gemeinsam mit KollegInnen – zur qualitativen Sozialforschung bislang herausgegeben hat (FLICK 2002; FLICK, KARDORFF & STEINKE 2000; FLICK, KARDORFF, KEUPP, ROSENSTIL & WOLFF 1991), sind – so lässt sich vorbehaltlos behaupten – für viele Arbeitsfelder empfehlenswert und inzwischen transdisziplinär einschlägig. Sie geben einen ausführlichen Überblick über die Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen qualitativer Sozialforschung und benennen wichtige Vertreter und Vertreterinnen. In allen Handbüchern werden dabei möglichst viele verschiedene disziplinäre Perspektiven und praktische Zugänge berücksichtigt, was sicherlich ein Grund mit dafür ist, dass in den vergangenen Jahren qualitative Forschungsansätze immer weniger der Legitimation bedürfen, sondern als beschreibende Verfahren und verstehende Zugänge akzeptiert werden. Dass Uwe FLICK (seit 1997) Professor für Methoden der Empirischen Sozial- und Pflegeforschung im Studiengang Pflegemanagement der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin ist, merkt man lediglich an einigen seiner Veranschaulichungen, und eher selten entstammen seine Beispiele seinen Ausbildungsschwerpunkten Pflege, Soziale Gerontologie und Sozialarbeit. FLICK ist eher universell ausgerichtet, was sicherlich damit zu tun hat, dass er seit nunmehr drei Jahren Sprecher der Sektion "Methoden der Qualitativen Sozialforschung" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) und Mitherausgeber verschiedener psychologischer Fachzeitschriften ist. [1]


2. Zum Inhalt

Die 110 Seiten umfassende vorliegende Monografie behandelt anders als die von ihm mit herausgegebenen Bände ein "special interest": Sie beschäftigt sich in sechs Kapiteln ausschließlich mit dem in Methodenkreisen als einerseits reizvoll und überzeugend geltenden sowie andererseits ambivalenten und mit Vorbehalten verknüpften Konzept der Triangulation (S.7), das bislang in vielen Methodenhandbüchern in jedem Fall zu kurz und meist nur oberflächlich behandelt wurde. FLICK versucht hier nun ein Manko zu beheben. Er möchte vor allem das Konzept der Triangulation einführen und seine reflektierte Anwendung in der qualitativen Forschung einfordern. Zudem lädt er dazu ein, qualitative und quantitative Forschung stärker zu verbinden (S.10). In einem kurzen Einleitungskapitel verweist FLICK zunächst auf einige prominente klassische Beispiele; darunter die Studie über Arbeitslose in Marienthal aus den 1930er Jahren von Marie JAHODA, Paul LAZARSFELD und Hans ZEISEL (1933) und die Studie über die Bewohner von Bali aus den 1940er Jahren von George BATESON und Margret MEAD (1942). Er versucht, durch diese Beispiele die lange Tradition der Triangulation zu unterstreichen, wobei damals das Verfahren nicht mit dem Fachterminus verbunden war. Anschließend umreißt er auf 15 Seiten die Geschichte und die Theorie der Triangulation. Er nimmt hier eine Definition der Triangulation vor, wie er sie für sozialwissenschaftliche und speziell für qualitative Forschung für angemessen und sinnvoll hält. Im Weiteren beschreibt er kurz die Zielsetzung und die verschiedenen Konzeptionen der Triangulation wie Daten-Triangulation, Investigator-Triangulation, Theorien-Triangulation und Methoden-Triangulation, und zeigt dabei die wesentlichen Diskussionslinien und bereits auch Kritikpunkte auf. [2]

Der Methoden-Triangulation, die innerhalb der qualitativen Forschung die größte Aufmerksamkeit erfährt, widmet sich der Autor ausführlicher im dritten Kapitel des Buches. Hier konzentriert sich FLICK vor allem auf die Erörterung der methodeninternen Triangulation, die er am Beispiel des episodischen Interviews zu zeigen versucht. Dabei verwendet er Interviewleitfäden aus eigenen Forschungskontexten zum Thema Gesundheits- und Alterskonzepte zur Veranschaulichung. Da eine solche Erhebung von Daten in der Regel anhand verschiedener Fragekomplexe im Interview erfolgt, erläutert er, wie unterschiedliche Datensorten generiert werden und wie diese Datensorten dann aufeinander bezogen, d.h. trianguliert werden können. Er geht weiter auf die Triangulation verschiedener qualitativer Methoden ein und favorisiert dabei die Verbindung einer subjektiv-intentionalistischen, rekonstruktiven mit einer strukturell-interaktionistischen, interpretativen Perspektive. Hierbei finden im Triangulationsprozess zum einen individuelle Einzelfallanalysen zur Erfassung der jeweiligen Wissensbestände der Untersuchungsteilnehmer (in diesem Fall Berater) und zum anderen systematisch vergleichende Analysen von Beratungsgesprächen zur Erfassung des Handelns der Untersuchungsteilnehmer statt. Die Triangulation beider Methoden und Daten liefern hier komplementäre Perspektiven auf der Fallebene (S.46). [3]

Im vierten Kapitel behandelt FLICK den Einsatz der Triangulation in der Ethnografie. Hier identifiziert er im Wesentlichen drei verschiedene Formen des Vorgehens: reflexive, implizite und explizite Triangulation. Im fünften Kapitel verweist FLICK auf die Verbindung qualitativer und quantitativer Forschung und diskutiert die Probleme und Potenziale der Kombination der verschiedenen Methoden und Datensorten sowie die Verknüpfung der Ergebnisse. Seine theoretischen Ausführungen veranschaulicht er auch hier mit Beispielen, anhand derer er praktische Probleme aufzeigt. Die Anwendungsbezüge der Triangulationsmodelle werden dann im letzten Kapitel des Buches zusammenfassend auf 16 Seiten erörtert. Hier stellt FLICK leider nur ansatzweise die einzelnen Schritte bei der Planung und Durchführung einer Triangulationsstudie dar. Im Folgenden wird versucht, die Bedeutung der Triangulation, die verschiedenen Typen sowie die Potenziale und Grenzen und auch die wesentliche Kritik an der Triangulation herauszuarbeiten, wobei die hier vorgenommene Gliederung nicht der des Buches entspricht. [4]

Zur Bedeutung der Triangulation

FLICK beginnt sein Buch zunächst mit der Geschichte und vor allem mit der Auseinandersetzung des Für und Wider der Triangulation. Nach seiner Einschätzung hat die Triangulation am stärksten in der Diskussion um qualitative Forschung Beachtung gefunden, wobei die Konzeption von DENZIN (1970) maßgebend gewesen ist. FLICK hebt hervor, dass DENZIN die Triangulation in erster Linie, d.h. ursprünglich, als eine wichtige Strategie der Validierung gesehen hat, indem durch die Kombination von verschiedenen Methoden der empirischen Forschung ein und dasselbe Phänomen untersucht bzw. erklärt werden kann. Die Anwendung verschiedener Methoden und Theorien, der Einsatz verschiedener Forscher und die Einbeziehung verschiedener Datenquellen sollten demzufolge einen größtmöglichen Erkenntnisgewinn über ein soziales Phänomen bringen. Der Autor setzt sich an dieser Stelle mit den verschiedenen Kritikern DENZINs auseinander, was unwissende Lesende zu diesem Zeitpunkt eigentlich zunächst auf Distanz zu diesem Ansatz gehen lässt. Es wird ihnen erklärt, dass DENZIN vor allem wegen der Verwendung von Triangulation als Validierungsstrategie sehr angegriffen worden sei. Die Kritiker bemängeln zudem, dass DENZIN die Rolle und das theoretische Vorverständnis der Forschenden zu wenig berücksichtigt, die im Forschungsprozess über die Methode im Sinne von Reaktivität den Forschungsgegenstand auf je spezifische Weise konstituieren (S.17). Es sei DENZIN auch unterstellt worden, dass er Triangulation zu sehr als "Quasi-Korrelation" betrachte, womit er Gefahr laufe, "die jeweiligen Implikationen, die eine bestimmte theoretische Ausgangsposition und die entsprechende Methodenanwendung prägen, zu übersehen bzw. zu vernachlässigen" (S.18). Die Empfehlungen der Kritiker an DENZIN lauteten, Triangulation als Alternative zu betrachten und als zusätzliche Geltungsbegründung, und zwar nicht im Sinne einer wechselseitigen Validierung von Einzelergebnissen (S.19). Unterschiedliche Zugänge, Methoden, Datensorten und Ergebnisse sollen eher miteinander konvergieren und sich ergänzen, aber nicht kongruent sein. Sie können sich komplementär aufeinander beziehen und die Erkenntnismöglichkeiten erweitern. FLICK räumt ein, dass DENZIN in späteren Ausführungen den Anspruch auf Validität und Objektivität in der Interpretation der Ergebnisse auch relativiert hat. Er plädiere nunmehr für den Einsatz der Triangulation als Strategie, um zu einem tieferen Verständnis des untersuchten Gegenstandes zu kommen (S.20). [5]

In Anlehnung an DENZIN beinhaltet für FLICK die Triangulation die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven auf einen untersuchten Gegenstand.

"Diese Perspektiven können in unterschiedlichen Methoden, die angewandt werden, und/oder unterschiedlichen gewählten theoretischen Zugängen konkretisiert werden, wobei beides wiederum miteinander in Zusammenhang steht bzw. verknüpft werden sollte. Weiterhin bezieht sie sich auf die Kombination unterschiedlicher Datensorten jeweils vor dem Hintergrund der auf die Daten jeweils eingenommenen theoretischen Perspektiven. Diese Perspektiven sollten so weit als möglich gleichberechtigt und gleichermaßen konsequent behandelt und umgesetzt werden. Gleichermaßen sollte durch die Triangulation (etwa verschiedener Methoden oder verschiedener Datensorten) ein prinzipieller Erkenntniszuwachs möglich sein" (S.12). [6]

Fasst man FLICKs Ausführungen zusammen, so sollte alles in allem die Methode der Triangulation dann angewendet werden, wenn sie einen größeren Erkenntnisgewinn als eine singuläre Herangehensweise verspricht. Der Autor plädiert in diesem Zusammenhang für eine systematische Perspektiven-Triangulation, die es ermöglicht, die Stärken der jeweiligen Forschungsperspektiven gegenseitig zu ergänzen und auch deren Grenzen wechselseitig aufzuzeigen. Er betont, dass es dabei nicht um eine pragmatisch konzipierte Verknüpfung verschiedener Methoden, sondern um die Berücksichtigung ihrer jeweiligen theoretischen Hintergrundannahmen geht (S.21). Es können z.B. strukturelle Aspekte eines Problems mit einer Methode untersucht werden, und in Kombination dazu die Merkmale seiner Bedeutung für die Beteiligten mit einer anderen Methode zu erfassen versucht werden. Darin liegt die Systematik. So erhält man mit zwei Perspektiven auf ein Phänomen und mit zwei unterschiedlichen methodischen Zugängen (z.B. teilnehmende Beobachtung und Interviews) zwei Datensorten, die aufeinander bezogen werden können. Damit zeigt die Triangulation unterschiedliche Konstruktionen eines Phänomens auf – etwa auf der Ebene des Alltagswissens und auf der Ebene des Handelns. [7]


4. Typen der Triangulation

Im Folgenden sollen die verschiedenen Ansätze der Triangulation resümiert werden, wie sie von FLICK mit einer unterschiedlichen, nicht ganz nachvollziehbaren Gewichtung zusammengetragen werden. Kurz verwiesen wird von FLICK auf die Daten-Triangulation, die Investigator-Triangulation und die Theorien-Triangulation im traditionellen Verständnis von DENZIN (Kap.2). Die Daten-Triangulation bezieht sich auf die Einbeziehung unterschiedlicher Datenquellen. Empfohlen wird die Untersuchung eines Phänomens bzw. eines Ereignisses zu verschiedenen Zeitpunkten, an verschiedenen Orten und mit verschiedenen Personen. Es werden drei Ebenen unterschieden, auf welchen sich das Verhalten oder die Einstellungen von Untersuchungspersonen empirisch analysieren lassen: 1. Stichproben werden nach dem Zufallsprinzip zusammengestellt und Individuen werden über statistische Verfahren in Beziehung gesetzt; 2. Interaktionen in Gruppen werden analysiert und 3. Personen werden in Kollektiven bzw. in sozialen Gruppen und Institutionen untersucht, wobei "Personen und Interaktionen nur insofern als Einheiten betrachtet werden, als sie Druck oder Anforderungen widerspiegeln, die von der Kollektivität ausgehen" (S.14). Die so genannte Investigator-Triangulation – auch als "Forscher-Triangulation" bezeichnet – geht davon aus, dass unterschiedliche Beobachter oder Interviewer sich einem Untersuchungsgegenstand nähern bzw. ihn analysieren. Hier soll ein systematischer Vergleich des Einflusses verschiedener Forschender auf den Untersuchungsgegenstand möglichst valide Ergebnisse erbringen. Einen größtmöglichen Erkenntnisgewinn erhofft sich DENZIN auch bei der Theorien-Triangulation, die verschiedene Theorien oder auch Hypothesen zur Erklärung von Phänomenen heranzieht. Diese Form der Triangulation soll verhindern, dass Forschende zu sehr an ihren Vorannahmen festhalten. Sie soll generalisiert-theoretische Untersuchungen ermöglichen und beschränkt sich nicht auf theorie-spezifische. Nicht zuletzt soll sie den Fortschritt in Theorie und Forschung vorantreiben, indem Theorien auf ihren jeweiligen Erkenntnisgewinn hin miteinander verglichen und überprüft werden. Auf diesem Weg können sich auch theoretische Synthesen entwickeln. [8]

Ausführlich widmet sich FLICK der Methoden-Triangulation (in Kap. 3), die seines Erachtens bislang die stärkste Beachtung gefunden hat. Unterschieden wird hier in Anlehnung an DENZIN zwischen der Triangulation innerhalb einer Methode und die Triangulation verschiedener, eigenständiger Methoden. Während DENZIN bei der methodeninternen Triangulation die Verwendung mehrerer Subskalen in einem Fragebogen im Auge hat, konzentriert sich FLICK auf die Kombination verschiedener methodischer Zugänge in der qualitativen Forschung. So können hier die Zugänge aus unterschiedlichen Zielsetzungen und theoretischen Hintergründen resultieren. Als Beispiel führt er die Ethnografie an, die dann in Kapitel 4 anhand von Beispielen verdeutlicht wird. FLICK möchte hier jedoch Methode eher im Sinne eines Verfahrens betrachten, das unterschiedliche methodische Zugänge kombiniert und sozusagen subsumiert (S.28): Innerhalb einer qualitativen Methode werden verschiedene Zugänge zum Forschungsgegenstand möglich und damit auch unterschiedliche Zielsetzungen und theoretische Hintergründe, wobei diese "den Rahmen einer Methode nicht sprengen" (S.27). In seinem Beispiel zur Methoden-Triangulation kombiniert er zwei methodische Zugänge: Er wählt das episodische Interview, das Fragen und Erzählungen in der Auseinandersetzung mit einem spezifischen Forschungsgegenstand verbindet. Hintergrund für dieses Verfahren ist die Tatsache, dass Menschen sich in unterschiedlicher Weise Wissen aneignen und die Wissensbereiche, z.B. zum technischen Wandel, auch entsprechend differenziert und systematisch erfasst werden können. Hier kann das Beispiel zum episodischen Interview nicht ausführlich und in seiner ganzen Komplexität dargestellt werden. Zur Erklärung soll aber erwähnt werden, dass nach neueren Erkenntnissen der Gedächtnis- und Wissenspsychologie Menschen über semantisch-begriffliches und episodisch-narratives Wissens verfügen und diese Erkenntnisse kann man sich in der Untersuchung eines Forschungsgegenstandes zu Nutze machen. Informationen zum narrativ-episodischen Wissen eines Menschen sind eher über Erzählungen zugänglich (hier wird eher die kontextsensitive Ebene, also Erfahrungsebene angesprochen). Informationen zum semantisch-begrifflichen Wissen eines Menschen erhalten Forschende, wenn das Wissen argumentativ-theoretisch von dem Interviewpartner erörtert wird (hier wird eher die kognitive Verarbeitung angesprochen). Zentral für das episodische Interview ist die regelmäßige Aufforderung an die Interviewpartner, anhand eines Erzählreizes Situationen zu erzählen. Im zweiten Schritt wird dann versucht, den Interviewpartnern subjektive Definitionen und abstrakte Zusammenhänge "zu entlocken", die etwas über die semantischen Anteile des Wissens aussagen. Ein episodisches Interview ist demzufolge ein Leitfadeninterview, das mit Fragen und Erzählreizen zu einem oder mehreren Komplexen arbeitet. Durch die unterschiedlichen Fragetypen werden unterschiedliche Datensorten (Erzählungen, Argumentationen, Begriffsexplikationen etc.) generiert, die miteinander trianguliert werden können. Im episodischen Interview wird demzufolge auf drei Ebenen agiert: Unterschiedliche theoretische Perspektiven werden miteinander verknüpft, woraus unterschiedliche methodische Zugänge resultieren, die wiederum verschiedene Datensorten hervorbringen. Dies verspricht für die Forschungspraxis ein komplexes Design, wobei die dualen Zugänge auf den und zwischen den jeweiligen Ebenen mir nicht immer trennscharf scheinen. [9]

Ferner beschreibt FLICK die Triangulation in der Ethnografie (Kap. 4), wobei er Formen impliziter und expliziter Triangulation unterscheidet. Kennzeichnend für die implizite Triangulation in der ethnografischen Forschung ist der flexible Einsatz unterschiedlicher methodischer Zugänge entsprechend der jeweiligen Situation und des jeweiligen Gegenstandes. Ein methodisches Diktat wird hier abgelehnt, sondern es gilt, den Kontext der andauernden teilnehmenden Beobachtung möglichst offen zu gestalten und die Kombination verschiedenster Methoden zu erlauben. Die ethnografische Forschung ist demnach für hybride Methodologien prädestiniert, die mit ergänzenden Methoden operieren und auch unterschiedliche Aspekte von Gegenständen anzielen (hier verweist FLICK auf KNOBLAUCH (2000). FLICK (S.54) merkt an: "Was in dieser hybriden Methodologie praktiziert wird, ist jedoch nichts anderes als eine von der Idee der Korrektivität und Validierung befreite Variante der Methodentriangulation, die jedoch implizit bleibt, da relativ wenig Gewicht auf die Systematik der Methodenkombination gelegt wird." Wird hingegen die Verknüpfung von verschiedenen Datenerhebungs- und Auswertungsmethoden zur Pflicht erklärt, spricht FLICK von der expliziten Triangulation in der Ethnografie. Vor allem MAROTZKI und SCHÜTZE werden von FLICK als Verfechter der expliziten Triangulation genannt. Zudem verweist er in diesem Kontext auf die kritischen Anmerkungen von Helga KELLE (2001), die einräumt, dass die Verknüpfung von Methoden immer das jeweilige theoretisch-methodologische Forschungsprogramm zu berücksichtigen habe, dem die Methoden entstammen und für das sie stehen (S.56). Zudem sollte mit Methoden nicht experimentiert werden, sondern Forschende sollten fundierte Kenntnisse über die jeweiligen Methoden besitzen und in ihrer Anwendung auch ausgebildet sein. Nur so sei der reflektierte Einsatz in der Forschungspraxis gewährleistet. [10]

Ausführlicher widmet sich FLICK im fünften Kapitel der Triangulation qualitativer und quantitativer Forschung, beschreibt die verschiedenen Designs, zeigt potenzielle Verknüpfungen auf und Möglichkeiten einer sinnvollen Abfolge der Erhebungen (oder auch Parallelerhebung). Methoden werden also demzufolge "gemixt", wobei dies nicht willkürlich erfolgen sollte, sondern es kann sich aus einer gewissen Forschungslogik heraus ein integriertes Forschungsdesign sowohl für Querschnitt- als auch für Längsschnittuntersuchungen entwickeln. Für integrierte Designs gibt es viele verschiedene, jeweils individuelle und in Abhängigkeit von der Forschungsfrage begründete "Spielarten", weshalb z.B. qualitative Erhebungen vor quantitativen stattfinden können und umgekehrt, und warum die eine Methode der anderen unterordnet werden kann. Methodologisch wird es besonders spannend, wenn nicht die Methoden aufeinander bezogen werden, sondern vor allem die daraus resultierenden Datensorten und Ergebnisse, denn hier zeigt sich dann – hoffentlich – die "Aufwand-Nutzen-Analyse" im Erkenntnisgewinn. Mit Verweis auf ERZBERGER (1998) und KELLE und ERZBERGER (2000, 2003) zeigt FLICK drei Möglichkeiten auf, die eine Verbindung qualitativer und quantitativer Forschung zur Folge haben kann: 1. Diese kann konvergierende Ergebnisse hervorbringen, d.h. Ergebnisse, die vollständig, generell, tendenziell oder partiell übereinstimmen. 2. Sie kann Ergebnisse hervorbringen, die komplementär zueinander sind, d.h. eher ergänzend oder vertiefend interpretiert werden können. 3. Schließlich können die Ergebnisse divergierend sein, d.h. die Aussagen stehen sich eher gegenüber und es gibt kaum Kongruenzen und Schnittmengen. Hier resultieren Fragen zur theoretischen Perspektive und zum empirischen Zugang, und es sind Legitimationsansprüche erwartbar. FLICK wägt diese Problematiken dann in einigen Anwendungsbeispielen ab und räumt ein, dass die methodischen Fragen bei der Verbindung quantitativer und qualitativer Forschung bislang noch nicht befriedigend gelöst seien (S.84f.). Seines Erachtens fehlt es an einer vernünftig begründeten und erprobten Systematik, die – so sein Fazit – meist hinter einer Forschungs- und Konzeptpragmatik zurücktritt. Es gilt bei der Kombination qualitativer und quantitativer Forschung zu fragen (vgl. auch FLICK 2002): 1. inwieweit beiden Zugängen gleiches Gewicht zukommt bzw. zukommen sollte; 2. inwieweit beide Zugänge aufeinander bezogen werden (können); 3. inwieweit es eine logische Beziehung beider Zugänge gibt und wie sie verknüpft werden, und 4. wie beide Forschungsmethoden bewertet und gewichtet werden. Zwischen den Zeilen lässt sich hier bei FLICK herauslesen, dass er die Beantwortung dieses Fragekatalogs allen empfiehlt, die meinen, die Verbindung von Methoden eingehen zu wollen oder zu müssen. Und er plädiert in jedem Fall für einen gleichberechtigten Status beider Methodengruppen (S.85). [11]


5. Potenziale und Grenzen der Triangulation

Im Kapitel 6 demonstriert FLICK beispielhaft die Planung und Durchführung einer Triangulationsstudie, wobei er vor allem auf praktische Probleme hinweist. In diesem Kapitel werden die vielfältigen Möglichkeiten und Potenziale, aber auch die Schwierigkeiten und Grenzen von Triangulationen deutlich. Es werden verschiedene Methodenkombinationen erörtert. FLICK umreißt kurz verschiedene Designs wie Triangulation in Fallstudien, in Vergleichsstudien, die zeitliche Sequenzierung der Triangulation, die Gleichzeitigkeit von Methoden und die Möglichkeiten von Längsschnittanalysen, wobei diese eher unüblich seien. Auf eineinhalb Seiten spricht er verschiedene Samplingstrategien an. Ebenfalls kurz gehalten sind seine Hinweise zur Datensammlung. Im Wesentlichen geht es ihm darum, Forschende darauf aufmerksam zu machen, dass sie sich die Gewinnung ihrer Stichprobe(n) gemäß ihrer Fragestellungen und ihres theoretischen Zugangs gut überlegen müssen. So sei zu fragen, ob es sinnvoll ist, mit verschiedenen Populationen und Gruppenmitgliedern oder verschränkten Samplings zu arbeiten. Zudem sind die Befragungszeitpunkte bzw. die Abstände zwischen den Befragungen bzw. Beobachtungen zu überdenken; ebenso die Einflüsse verschiedener Methoden auf ein Sample (Interferenzen zwischen verschiedenen Methoden). Nicht zuletzt gelte es bei der Auswertung und der Interpretation der Daten darauf zu achten, ob eine getrennte und kontrastive Analyse oder eine separate Analyse der Daten mit einem anschließenden Vergleich angemessen ist oder ob von vornherein Datensorten aufeinander bezogen werden sollten. Gegebenenfalls lassen sich auch Kategorien von einem ersten Datensatz für die Auswertung eines nächsten Datensatzes ableiten. Hier würden die Analysen phasenweise erfolgen. Es folgen einige Informationen zur computergestützen Datenanalyse, wobei hier Forschungsanfängern nicht klar sein dürfte, was die einzelnen Programme eigentlich zu bieten haben, wie sie funktionieren und was sie in Bezug auf eine Analyse qualitativer Daten eigentlich leisten können. Wichtig erscheint mir der Hinweis, dass die erfassten qualitativen Daten nicht ohne weiteres mit quantitativen Daten zusammengebracht werden können, d.h. es ist in der Regel eher umständlich und die Daten sind mit Vorsicht zu integrieren. [12]

Bleibt an dieser Stelle die Frage nach dem Nutzen von Triangulationen und die nach der Güte der Daten aus Triangulationen. Zum Nutzen lässt sich sagen, dass dieser sich an der Intention des Einsatzes festmacht und auch natürlich an dem Aufwand, der dafür betrieben wird bzw. wurde. Auch muss der Stellenwert der Triangulation im Forschungsprozess betrachtet werden. Wenn etwa explorativ eine Fokusgruppe zu einem Thema befragt wird, um daraus später einen Fragebogen für die Hauptuntersuchung zu generieren, hat das eine geringere Bedeutung als wenn Fokusgruppen und Einzelinterviews die eigentlichen Methoden der Datenerhebung darstellen. Häufig werden – wie bereits erwähnt – Triangulationen zum Zweck der Geltungsbegründung durchgeführt: Sie dienen der Validierung von Daten oder auch der Interpretation früherer theoretischer Konzeptionen. Dieses Vorgehen scheint mir ein eher pragmatisches zu sein. Was die Generalisierung der Ergebnisse von Triangulationsstudien betrifft, gelten hier – sofern nur qualitative Daten erhoben werden – dieselben Bedingungen wie für qualitative Studien allgemein. FLICK weist deshalb zurecht darauf hin, dass es Triangulationsstudien bedauerlicherweise an festgelegten Gütekriterien fehlt, macht aber leider keine Vorschläge, wie diese aussehen könnten. [13]


6. Kritik und Bewertung

Das Büchlein war überfällig, aber es ist definitiv zu knapp geraten. Insgesamt sind die Ausführungen eher informell und "patchworkartig" sowie insbesondere für Einsteiger recht kryptisch. Oftmals wird auf Studien, Theorien und Methoden hingewiesen, die dann nicht weiter erörtert, sondern mehr oder weniger als bekannt vorausgesetzt werden. FLICK reklamiert selbst bei den verschiedenen Formen der Triangulation mehr Systematik, aber seinem Buch fehlt es leider auch an Struktur und vor allem an der gewohnt guten didaktischen Vermittlung. Folglich bringen die Ausführungen FLICKs den Lesern und Leserinnen am meisten, die schon einen gewissen Überblick und gute Grundkenntnisse zu qualitativen und quantitativen Verfahren der empirischen Sozialforschung haben und die das Buch als vertiefende Ergänzung zu den Standardwerken der empirischen Sozialforschung nutzen können. [14]


Literatur

Bateson, George & Mead, Magret (1942). Balinese character: A photographic analysis. New York: New York Academy of Sciences.

Denzin, Norman (1970). The research act. Chicago: Aldine.

Erzberger, Christian (1998). Zahlen und Wörter. Die Verbindung quantitativer und qualitativer Daten und Methoden im Forschungsprozeß. Weinheim: Deutscher Studien Verlag.

Flick, Uwe (2002). Qualitative Sozialforschung – Eine Einführung. Reinbek: Rowohlt.

Flick, Uwe; Kardorff, Ernst von & Steinke, Ines (Hrsg.) (2000). Qualitative Forschung – Ein Handbuch. Reinbek: Rowohlt.

Flick, Uwe; Kardorff, Ernst von, Keupp, Heiner, Rosenstiel, Lutz von & Wolff, Stephan (Hrsg.) (1991). Handbuch Qualitativer Sozialforschung – Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen. München: Psychologie Verlags Union.

Jahoda, Marie; Lazarsfeld, Paul & Zeisel, Hans (1933). Die Arbeitslosen von Marienthal. Leipzig: Hirzel.

Kelle, Helga (2001). Ethnografische Methoden und Probleme der Triangulation – Am Beispiel der Peer Culture Forschung bei Kindern. Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 21, 192-208.

Kelle, Uwe & Erzberger, Christian (2000). Quantitative und qualitative Methoden – kein Gegensatz. In Uwe Flick, Ernst von Kardorff & Ines Steinke (Hrsg.), Qualitative Forschung. Ein Handbuch (S.299-309). Reinbek: Rowohlt.

Kelle, Uwe & Erzberger, Christian (2003). Making inferences in mixed methods: The rules of itegration. In Abbas Tashakkori & Charles Teddlie (Hrsg.), Handbook of mixed methods in social & behavioral research (S.457-488). Thousand Oaks: Sage.

Knobloch, Hubert (2000). Zukunft und Perspektiven qualitativer Forschung. In Uwe Flick, Ernst von Kardorff & Ines Steinke (Hrsg.), Qualitative Forschung. Ein Handbuch (S.623-632). Reinbek: Rowohlt.


Zur Autorin

Dagmar HOFFMANN, Dr. phil., ist Soziologin und arbeitet derzeit als wissenschaftliche Assistentin im Studiengang Audiovisuelle Medienwissenschaft an der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" Potsdam-Babelsberg. Sie lehrt dort Medienforschung und Medienpsychologie. In ihrer Habilitation beschäftigt sie sich mit der medialen Aneignung der Inszenierungen von Nacktheit und Sexualität in Film und Fernsehen und favorisiert einen Mehrmethodenansatz. Weitere Arbeits- und Interessensschwerpunkte: Medientheorien, Medienforschung, Sozialisationstheorien und Sozialisationsforschung, Politische und Pädagogische Soziologie. In zurückliegenden Ausgaben von FQS finden sich Besprechungen von Dagmar HOFFMANN zu Liebe (wie) im Fernsehen (hrsg. von Nathalie IVÁNYI & Jo REICHERTZ 2003); Gender und die Konstruktion von Natur und Technik (hrsg. von Ursula PASERO & Anja GOTTBURGSEN 2002), gemeinsam mit Sören BOTT; sowie zusammen mit Markus WIEMKER Die Fabrikation des Populären. Der John-Fiske-Reader (hrsg. WINTER & MIKOS 2001) und Die Werkzeugkiste der Cultural Studies (hrsg. von GÖTTLICH, MIKOS & WINTER 2001).