Flugblättertexte zur Gründung der Fachbereiche 1971
3 Auszug aus der Datenbank Dietmar Kesten / Jürgen Schröder: "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO) 19.11.1967: Aus der Universität Frankfurt berichtet das Landgericht (vgl. 20.11.1967), laut SC, so:" In einem Flugblatt und auf einer Wandzeitung hatte Tage vorher der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) angekündigt, er wolle Prof. Dr. Schmid zu einer Stellungnahme zu den Notstandsgesetzen veranlassen und hatte zu einem 'Go-in' aufgerufen. Der Rektor der Universität, Prof. Dr. Rüegg, hatte am 19.11.1967 in einem Telegramm an den SDS, Ortsgruppe Frankfurt/Main, und in einem zur Verteilung gekommenen Flugblatt vor dem 'beabsichtigten Bruch des Hausfriedens der Universität' gewarnt und gefordert, unverzüglich 'die geplante Terroraktion rückgängig zu machen'." =SC:Info Nr.2,Frankfurt 26.4.1969
20.11.1967: Aus der Universität Frankfurt berichtet das Landgericht (vgl. 19.11.1967, 2.12.1968), laut SC, so:" Am 20.11.1967 hielt Prof. Dr. Carlo Schmid in der Zeit von 11.15 Uhr bis 13.00 Uhr seine regelmäßige Vorlesung im Hörsaal VI der Universität Frankfurt/Main. ... Der Hörsaal VI war bei Vorlesungsbeginn überfüllt; Zuhörer standen dichtgedrängt bis zu den Vordereingängen und blockierten den Eingang zum Hörsaal. Auch in dem Vorraum standen noch zahlreiche Personen, unter ihnen auch einige Professoren und Rektor Dr. Rüegg. Eine Gruppe von Studenten - ... - versuchte Flugblätter zu verteilen, stellte ihr Vorhaben aber ein, als sie von Mitgliedern der Universitätsverwaltung dazu aufgefordert wurde. Prof. Dr. Rüegg hatte auf dem Flur eine kurze Diskussion mit dieser Gruppe, die wegen der Blockierung des Eingangs nicht in den Saal gelangen konnte. Gegen 11.40 öffnete ein im Saal befindlicher Zuhörer, ..., den auf Anordnung des Rektors von innen verschlossenen hinteren Eingang des Hörsaales. Kurze Zeit später betrat eine Gruppe von 15 - 20 Personen durch diese Tür den Hörsaal und 20 - 30 Personen begaben sich dann aus dem Hörsaal auf die Rednertribüne. Sie gruppierten sich im Abstand von einigen Metern um den am Rednerpult stehenden Prof. Dr. Carlo Schmid. ... Die auf dem Podium befindliche Gruppe begann nun mit Diskussionen untereinander, störte durch einzelne Zwischenrufe und Sprechchöre oder rhythmisches Händeklatschen und schrieb an die Wandtafeln hinter dem Vortragenden Bemerkungen, die sich auf die Notstandsgesetzgebung und die Einstellung Prof. Dr. Schmids zu diesen Gesetzen bezogen. Ein oder zwei Angehörige dieser Gruppe traten an Prof. Dr. Schmid heran und forderten ihn auf, über die Notstandsgesetze mit ihnen zu diskutieren. Dieser unterbrach ... darauf kurz seinen Vortrag und erklärte dies den Zuhörern im Saal. Durch Sprechchöre und Zurufe erhob sich erheblicher Widerspruch dagegen. Prof. Dr. Schmid lehnte das Ansinnen ab und fuhr mit seiner Vorlesung fort." Es kam zwar weiter zu Störungen, aber er sei auch durch eine in der Pause vom AStA- Vorsitzenden organisierte Abstimmung unterstützt worden. Gegen eine Reihe von Personen, die in der Störergruppe vermutet werden, kommt es zur Anklage. =SC:Info Nr.2,Frankfurt 26.4.1969
24.11.1967: Der SDS wird, laut 'IAK' (vgl. 27.11.1967), an der Uni Frankfurt von seinen Rechten als zugelassene Hochschulgruppe suspendiert. =Internationale Arbeiter Korrespondenz Nr.10/11,Eschborn Okt./Nov. 1967
Oktober 1968: Vermutlich diesen Monat beginnt an der Uni Frankfurt das Wintersemester. Die MLS Frankfurt berichtet:" Im WS 1968/69 streikten die Mathematikstudenten in Frankfurt gegen die in der Rahmenordnung für das Mathematikstudium vorgesehenen Verschlechterungen ihrer Studienbedingungen" (vgl. Okt. 1970). =Was tun Nr.1,Frankfurt Jan. 1971
27.03.1969: In Frankfurt ergeht, laut SC, ein Gerichtsbeschluß des Landgerichtes auf Nichteröffnung des Hauptverfahrens im Carlo Schmid-Verfahren (vgl. 2.12.1968). Die Mitgliedschaft der angeklagten Personen in der Störergruppe vom 20.11.1967 konnte nicht erwiesen werden und auch die Vorlesung wurde nicht so beeinträchtigt, daß sie hätte abgebrochen werden müssen. =SC:Info Nr.2,Frankfurt 26.4.1969
08.05.1969: In Frankfurt macht die Basisgruppe Medizin (ca. 40 Mitglieder), nach eigenen Angaben, ein Go-in "in die Fakultätssitzung, wo die Ordinarien - unter Ausschluß der Öffentlichkeit (der betroffenen Studenten!) über eine Reformierung der Prüfungen verhandelten. Eine Teilnehmerin: 'Zwischen der Situation an der Universität und an der Med-Fak liegt eine ganze Epoche'. Die Aktion war mit Flugblättern auf dem Gelände und in den Übungen gut vorbereitet. Dennoch nahmen nur 30 Kommilitonen am Go-in teil. Der Grund für die mangelnde Beteiligung liegt nicht nur in der Apolizität der Mediziner, sondern auch - offen zugegeben - in der Angst vor Repression. Dabei können die Mediziner nicht viel mehr verlieren als die Repression durch den autoritären Ordinarien- Apparat. Z.B. wird bis zu zwei Drittel der Studierenden durch Leistungsprüfungen der Zugang zu wichtigen Übungen und Praktika verwehrt. Und so verlief das Go-in: Die Ordinarien schlossen die Sitzung und verkrümelten sich; einzelne Professoren stürzten sich auf die Studenten und drohten ihnen individuelle Revanche an. Namen wurden notiert. - Die Hauptschwierigkeit liegt darin, daß viele Kommillitonen das technokratische Leistungsprinzip kritiklos verinnerlicht haben und darin durch die Rollenerwartung des Arzt-Berufes unterstützt werden." =SC:Info Nr.3,Frankfurt 13.5.1969
03.06.1969: In Frankfurt behaupten, laut SC, Studenten, daß an zahlreichen Forschungsinstituten der 'BRD' Kriegsforschung für die USA betrieben werde, u.a. auch am Frankfurter Batelle-Institut. Daraufhin sei es zu einer Demonstration von Studenten, Jungarbeitern und Schülern vor dem Batelle-Institut, gegen dessen als 'Schreibtischmord' bezeichnete Tätigkeit (vgl. 4.6.1969). =SC:Info Nr.6,Frankfurt 21.6.1969
04.06.1969: In Frankfurt bezeichnet, laut SC, ein Sprecher des Batelle-Instituts die Behauptung, das Institut würde Kriegsforschung für die USA betreiben, als 'absurde Ente'. Die Studenten, die dies behaupten, legen aber noch heute auf einer Pressekonferenz Beweise vor, die allein auf dem Gebiet der Chemie und Elektronik Aufträge für 'Washington' von mindestens 840 000 DM belegen (vgl. 3.6.1969, 5.6.1969). =SC:Info Nr.6,Frankfurt 21.6.1969
05.06.1969: In Frankfurt weigert sich, laut SC, der Direktor des Batelle-Instituts zu den Vorwürfen, sein Institut betreibe Kriegsforschung (vgl. 4.6.1969, 9.6.1969), Stellung zu nehmen. Der 'Frankfurter Rundschau' habe er dazu keinen Kommentar gegeben. =SC:Info Nr.6,Frankfurt 21.6.1969
09.06.1969: In der Universität Frankfurt findet, laut SC, eine Versammlung von Studierenden aller Fachbereiche statt, die sich mit der Kriegsforschung am Batelle-Institut (vgl. 5.6.1969) befaßt. Dazu wird in einer Erklärung u.a. festgehalten:" Die Studentenbewegung hat in ein Wespennest gestochen. Sie hat nachgewiesen, daß Universitätsinstitute und andere Forschungseinrichtungen unseres Landes in zunehmendem Umfang Kriegsforschung für die US-amerikanische Militärmaschinerie betreiben. Dabei hat sie ein wesentliches Kennzeichen wissenschaftlicher Produktion in der Bundesrepublik mit aller Deutlichkeit aufgedeckt: Wenn wir wisssen wollen, worüber und für welche Zwecke an unseren wissenschaftlichen Institutionen geforscht wird, stoßen wir auf eine Wand der Geheimhaltung. Wir und die gesamte Öffentlichkeit sind auf den Zufall angewiesen. ... Wir haben uns hier versammelt, um zu besprechen, welche Schritte zu unternehmen sind, damit wir den weiteren Mißbrauch unserer Forschungseinrichtungen verhindern. ... Diese Universität beschneidet nicht nur durch ein System rigider Ordnungsvorschriften die Möglichkeit, uns frei nach unseren Wünschen auszubilden, sondern sie zwingt uns auch noch, wenn wir in ihr als Wissenschaftler arbeiten wollen, unser erworbenes Wissen für zwecke einzusetzen, die allein von den Konzern-Interessen und den von ihnen abhängigen Institutsdirektoren bestimmt werden. Wenn wir aber versuchen, unseren Widerstand gegen diese Entwicklung zu organisieren, wenn wir in den nächsten Tagen und Wochen in die Institute und Vorlesungen gehen werden, um Auskunft zu verlangen, woran und für welche Zwecke dort eigentlich geforscht wird, dann werden uns mit Sicherheit Rechtfertigungen des bestehenden Zustandes begegnen". "Wir werden versuchen, die in unseren Instituten arbeitenden Wissenschaftler von unseren Argumenten zu überzeugen. Wir werden versuchen, sie für unser Ziel, das Ziel einer freien Wissenschaft, die ausschließlich den Interessen des Friedens dient, zu gewinnen. ... Wir, die Studenten, wissen, daß die künftige Forschung nur mit uns jungen Wissenschaftlern betrieben werden kann. Wir fangen an, uns zu organisieren. Wir werden uns organisieren für unsere und die Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung. Wir organisieren uns, um die Bedingungen zu schaffen, damit wir für den Frieden forschen können." =SC:Info Nr.6,Frankfurt 21.6.1969
28.06.1969: In Frankfurt wird, laut SC (vgl. 25.6.1969, 5.7.1969), auf der Mitgliederversammlung (MV) des SDS (vgl. 3.7.1969) über den Vorschlag diskutiert, "das soziale und das ökonomische Element in den Agitations- und Aktionszusammenhang außeruniversitärer Mobilisierungskampagnen einzubringen. Im Hinblick auf die als desolat bezeichnete Situation in Frankfurt wurde festgestellt, daß die Hochschulpolitik des SDS und seiner Basisgruppen ohne langfristige Perspektive bleibt, wenn keine gesamtgesellschaftliche, auf die außeruniversitären Bereiche abzielende Strategie entwickelt wird. Eine solche Strategie greift zwar auf reformpolitische Ansätze zurück und setzt sich der Gefahr reformistischer Handwerkelei aus. Ihr Ziel ist es vor allem, die Unterdrückungsfunktion der Einrichtungen und Maßnahmen des 'Sozialstaats' zu entlarven." =SC:Info Nr.7,Frankfurt 5.7.1969
Juli 1969: In Frankfurt verteilen, laut 'IAK', revolutionäre Studenten aus der Basisgruppe AfE (Abteilung für Erziehungswissenschaft) ein Flugblatt. =Internationale Arbeiter Korrespondenz Nr.20,Eschborn Juli 1969
03.07.1969: In Frankfurt soll, laut SC, eine Mitgliederversammlung (MV) des SDS (vgl. 28.6.1969) zur Diskussion über die bisherigen außeruniversitären Erfahrungen der Stadtteilbasisgruppen und die Auswertbarkeit der Kampagnen gegen die Fahrpreiserhöhungen in Hannover und Heidelberg für die politische Arbeit in Frankfurt stattfinden. =SC:Info Nr.7,Frankfurt 5.7.1969,S.*
12.07.1969: Nach Frankfurt hat, laut SC, der VDS-Vorstand einen Vertreter der Provisorischen Revolutionsregierung (PRR) Südvietnams eingeladen:" Geplant ist unter anderem: eine Pressekonferenz, eine Massenkundgebung sowie eine militante Demonstration. Themen der Diskussionsbeiträge: Pariser Verhandlungen - Unterstützung des Saigoner Regimes durch die Bundesrepublik - Militärforschung deutscher Forschungsinstitute und Industrieunternehmen für das Pentagon - Entschädigungsleistungen der Bundesrepublik für den Wiederaufbau nach dem Sieg der Revolution". =SC:Info Nr.7,Frankfurt 5.7.1969
02.08.1969: Es beginnt ein Wochenendseminar des SDS Frankfurt zu Wahlkampffragen, zu dem verschiedene Papiere im 'SC-Info' (vgl. 26.7.1969, 9.8.1969) abgedruckt werden. Der Projektbereich Infrastrukturplanung und Sozialpolitik (PIS) im SC übernimmt, nach eigenen Angaben, die Aufgabe "Materialien über das Städtewesen und den Wohnungsbau in der Bundesrepublik zu erarbeiten und den Gruppen zunächst über den INFO zur Verfügung zu stellen" (vgl. 20.9.1969). =SC-Info Nr.9, 10 und 13,Frankfurt o.J. (1969) bzw. 20.9.1969
13.09.1969: Der SC Frankfurt gibt sein 'Info' Nr.12 (vgl. 6.9.1969, 20.9.1969) heraus, auf dessen Titelblatt mit der Unterschrift "Genossen, wählt richtig!" ein Mann, hinter zugezogenem Vorhang, in eine Wahlkabine uriniert.
Zur Streikbewegung erscheinen eine Presserklärung des SDS-BV und zwei Flugblätter des SDS Frankfurt (vgl. 10.9.1969), wovon eines zur Solidaritätskundgebung (vgl. 12.9.1969) aufrief. In der Presseerklärung heißt es u.a.:" Der SDS und die Basisgruppen der Arbeiter, Lehrlinge und Schüler werden versuchen, diese manipulative Isolierung der Streikenden von ihren Kollegen durch Flugblattkampagnen überall in der BRD zu durchbrechen.
Darüberhinaus sind Beobachtergruppen des SDS in die Streikzentren gefahren, um sich an Ort und Stelle über den Streikverlauf zu informieren." Von den Bundesvorständen des SDS und VDS erscheint eine Erklärung zur Liquidierung des VDS. =SC-Info Nr.12,Frankfurt 13.9.1969
17.11.1969: Die Gruppe Frankfurt der IKD (vgl. 10.11.1969) verfaßt ihren Bericht für die Nationale Konferenz der IKD (vgl. 30.11.1969) u.a.:" I. Situation der Linken in Frankfurt
1969 war ein Jahr permanenter Selbstauflösung der Frankfurter APO, die eine Zeit lang die führende Kraft der studentischen Jugendrebellion im Bundesgebiet war. Weder der SDS noch die Stadtteilbasisgruppen vermochten aus der Krise der APO die einzig mögliche Schlußfolgerung zu ziehen, nämlich die Organisierung der rebellierenden Jugend in einer revolutionären Jugendorganisation. Stattdessen wurden die Gruppen demobilisiert, die Werktätigen auf dem flachen Lande werden über Konsumterror und Sexualunterdrückung aufgeklärt (FNL) (Föderation Neue Linke,d.Vf.) und eine hemdsärmelige Jugendfürsorge wird in Erziehungsheimen betrieben (Staffelberg- Aktion) (vgl. 28.6.1969,d.Vf.). Einige Grüppchen, die nach größerer Aktivität drängten ('Lederjacken'), sammelten sich um die KPD/ML. Diese blieb die einzige linke Gruppierung, die von dem Auflösungsprozeß der APO profitierte. Die Frage muß beantwortet werden, warum die IKD-Gruppe Frankfurt diese für die Rekrutierung günstige Situation in der APO nicht nutzte." =IKD-Gruppe Frankfurt:Bericht der Frankfurter Gruppe,Frankfurt 17.11.1969
Dezember 1969: Die MLS Frankfurt berichtet im Jan. 1971:" In Frankfurt wurden im Winter 1969 zwei Drittel der Fachschaften per 'Rechtsaufsicht' amtsenthoben." =Was tun Nr.1,Frankfurt Jan. 1971,S.2
16.02.1970: Vermutlich in dieser Woche stirbt Hans-Jürgen Krahl (SDS Frankfurt).**** Für die DKP verfaßt Herbert Lederer folgenden Text:" HANS-JÜRGEN KRAHL ZU SEINEM TODE
Aufgabe eines Nachrufs für einen, der innerhalb der revolutionären Bewegung gekämpft hat, kann es nicht sein, Differenzen zu vertuschen, die es zwischen ihm und der an Marx und Lenin orientierten Arbeiterbewegung gab. Die Mär vom guten Toten, der allemal ein guter war, überlassen wir der bürgerlichen Presse.
Mit dem tödlich verunglückten Hans-Jürgen Krahl war ich 1967 im Bundesvorstand des SDS, als dort, gegen den erbitterten Widerstand der Marxisten-Leninisten im SDS, mit der Liquidation als marxistischer Studentenverband begonnen wurde. Hans-Jürgen Krahl war daran beteiligt. Bald erkannten wir, bei aller Einigkeit im Kampf gegen den Imperialismus, unüberbrückbare strategische und taktische Gegensätze.
Genosse Krahl fand - anders als die unpolitischen Intellektuellen -, die seine Lehrer Adorno und Horkheimer noch Anfang der sechziger Jahre produzierten - nach einigen verständlichen Umwegen zu politischer, zu kämpferisch-antiimperialistischer und antifaschistischer Praxis.
Bei allen Änderungen behielt seine politische Theorie doch eher Konsequenz, die sich allein negativ bestimmen läßt und damit schon ihre sozialen Ursachen anzeigt: Wie bei kaum einem anderen innerhalb der antiautoritären Bewegung ist sie gekennzeichnet und motiviert durch das heftige Aufbäumen des radikalisierten Intellektuellen gegen die seine Individualität und die Individualität seiner Schicht unerträglich einengende Wirklichkeit des vorfaschistischen staatsmonopolistischen Kapitalismus.
Von der totalen Ablehnung der Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt (1967, zusammen mit Rudi Dutschke) bis zur formalen Anerkennung dieser Rolle (Januar 1970), wobei der Führungsanspruch der Intellektuellen nun allerdings als einer sozialen Fraktion innerhalb der Arbeiterklasse erhalten blieb, gab es nur quantitative nicht aber qualitative Veränderungen seiner theoretischen Position. So schaffte Hans-Jürgen Krahl bis zu seinem Tode nicht den Wechsel zu einer proletarischen Klassenposition.
Dies alles hätte ein solidarisches Zusammenarbeiten zwischen ihm und den an Marx und Lenin orientierten Abteilungen im revolutionären und antifaschistischen Kampf nicht verhindert. Und dies zu überdenken, scheint uns Aufgabe der studentischen, von ihm stark beeinflußten Teilbewegung zu sein, die immer dann, wenn sie ihren Hauptfeind in der kommunistischen Bewegung sucht, den gemeinsamen Hauptfeind, das weltweit organisierte Monopolkapital aus den Augen verliert." =Unsere Zeit Nr.9,Essen 26.2.1970,S.13
24.06.1970: Im AStA der Uni Frankfurt wird ein Papier "Grundsatzdiskussion zur Studentenpolitik vom 24.6.1970 (Zur Notwendigkeit studentischer Einflußnahme auf die Hochschulpolitik" verfaßt.
Laut MLS veröffentlicht der AStA der Uni Frankfurt (SHB und ADS), eine "Hochschulpolitische Analyse und Information", in der der SHB zur Mitbestimmung Stellung bezieht:" Solange es der Linken nicht gelingt, diese falsche Alternative zu überwinden, die ja oft in einmütiger Konvergenz von Konservativen und Linken postuliert wird, dürfte sie unfähig bleiben, auf die gesamtgesellschaftlichen Formierungsprozesse Einfluß zu nehmen. Sie kann nicht länger der Technokratenargumentation folgen, in der die Ausdehnung von Demokratiseirung immer zurückgewiesen wird mit dem Hinweis auf die Erfordernisse von Komplexität und Effizienz. Wie die politische Soziologie gelehrt hat, können Innovationsprozesse nur bei maximaler Beteiligung aller Mitglieder (von Organisationen oder Systemen) durchgeführt werden. Ohne maximale Beteiligung und Demokratisierung kann langfristig die für Effizienzsteigerung notwendige Motivationsbildung nicht erreicht werden." =AStA Uni Frankfurt:AStA-Information Nr.4,Frankfurt 1971,S.10; Was tun Nr.2,Frankfurt Apr. 1971,S.3
Oktober 1970: An der Uni Frankfurt tritt, laut MLS, eine neue Rahmenordnung für das Studium der Natur- und Ingenieurwissenschaften in Kraft, die die Studienbedingungen weiter verschlechtert:" Die Studienzeit wird obligatorisch auf 8 Semester festgesetzt, die Zeit für die Diplomarbeit auf 3 Monate (theoretische Fächer) bzw. 6 Monate (experimentelle Fächer) verkürzt usw. usw. usw.." =Was tun Nr.1,Frankfurt Jan. 1971,S.2
November 1970: An der Uni Frankfurt gibt der KSB/ML der KPD/ML-ZK ein Flugblatt heraus, in dem es, laut KSG/ML des KAB/ML, u.a. heißt:" Die fortschrittlichen Studenten erkannten: das Proletariat muß die Führung im antiimperialistischen Kampf innehaben. Sie erkannten: das Proletariat steht aufgrund seiner ökonomischen Existenzbedingungen im schärfsten Widerspruch zur Bourgeoisie und ihrem Staat und hat deshalb das konsequenteste Interesse, die Bourgeoisie durch die proletarische Revolution zu stürzen. Sie erkannten, daß auch hier in Deutschland die Partei des Proletariats aufgebaut werden mußte, um den Imperialismus zu besiegen. Diese Studenten schlossen sich mit jenen Kräften zusammen, die einen jahrelangen antirevisionistischen Kampf in der KPD geführt hatten. In der KPD/ML verbanden sich die antirevisionistischen Kräfte der KPD und die fortschrittlichen Kräfte der 2.- Juni-Bewegung.
Seit der Gründung vor zwei Jahren hat sich die KPD/ML Schritt für Schritt weiterentwickelt. Die Bedingungen des Klassenkampfes waren gut: Die Arbeiterbewegung nahm in den letzten Jahren einen ungeheuren Aufschwung, die Septemberstreiks 1969 und die spontanen Warnstreiks von Hunderttausenden gegen den Willen der Gewerkschaften in der Metalltarifbewegung zeigen die wachsende Kampfbereitschaft der deutschen Arbeiterklasse. Jetzt, kurz vor der neuen Krise, brodelt es in allen Betrieben. Der Haß der Arbeiterklasse gegen ihre Ausbeuter wächst von Tag zu Tag.
Die Aufgabe der KPD/ML ist es jetzt, die frortschrittlichsten aus den Reihen der Arbeiterklasse zu organisieren und zu Arbeiterführern auszubilden. Nur mit dieser Avantgarde kann die Partei die Massenkämpfe der Arbeiterklasse richtig führen. Nur so kann die Partei die Volksmassen zum Sieg über den Imperialismus und zur Errichtung der Diktatur des Proletariats führen, die einzige Alternative zum Ausbeuterstaat.
Was hat der Kampf der Arbeiterklasse mit uns Studenten zu tun? Die Studenten sind ein Teil des unterdrückten Volkes. Die Studenten haben kein Interesse an der Diktatur der Imperialisten. Die Studenten wollen, was richtig und was falsch ist. An der Universität stopfen die Imperialisten sie mit falschen Theorien voll. Diese Theorien dienen den Imperialisten. Mit ihnen wollen sie die Studenten zu dummen Handlangern erziehen. Die Studenten sollen in ihren Berufen später die Imperialisten in der Unterdrückung und Ausbeutung des Volkes unterstützen.
Kommillitonen und Genossen! Wir stehen zwischen dem Proletariat und den Imperialisten. In diesem Klassenkampf gibt es keine Neutralität. Entweder wir werden Handlanger der Imperialisten, dann schlucken wir kritiklos die falschen Theorien, besetzen ein warmes Pöstchen und helfen den Imperialisten bei der Unterdrückung und Ausbeutung des Proletariats. Oder wir dienen dem Proletariat. Dazu müssen wir die falschen Theorien der Imperialisten entlarven, uns mit den Volksmassen unter Führung der Partei verbinden und den Kampf gegen die bürgerliche Wissenschaft aufnehmen.
Es gibt keine andere Wahl: wir müssen uns für eine Seite entscheiden.
Wir sehen: die revolutionären Volksmassen in aller Welt kämpfen gegen den Imperialismus. Die Black-Panther-Partei (BPP,d.Vf.) kämpft in ihrem Land gegen den US-Imperialismus.
Wie müssen wir den Kampf gegen den Imperialismus unterstützen?
Falsche Solidarität ist: sich über die faschistischen Methoden der US- Imperialisten empören, bei aktuellen Anlässen ein paar Tage gegen den Imperialismus demonstrieren, sich in spontanen, unorganisierten Aktionen die Köpfe blutig schlagen lassen und dann wieder verschwinden und im kleinen Kreis über die Revolution theoretisieren. Das sind Strohfeuer, in denen die Studenten verheizt werden und die letzten Endes nichts einbringen. Richtige Solidarität ist: durch Demonstrationen die Bevölkerung über die Verbrechen des Imperialismus und den revolutionären Kampf der Völker aufklären und unseren Kampfeswillen zeigen." =ML-Hochschulpresse Sdr.nr.,Frankfurt o.J. (1971),S.57
26.11.1970: An der Uni Frankfurt findet heute, laut KSG/ML des KAB/ML ein teach-in statt, auf dem der KSB/ML der KPD/ML-ZK u.a. ausführt:" Wir stehen zwischen dem Proletariat und den Imperialisten. In diesem Klassenkampf gibt es keine Neutralität. Entweder wir werden Handlanger der Imperialisten, dann schlucken wir kritiklos die falschen Theorien, besetzen ein warmes Pöstchen und helfen den Imperialisten bei der Unterdrückung und Ausbeutung des Proletariats. Dazu müssen wir die falschen Theorien der Imperialisten entlarven... Es gibt keine andere Wahl: wir müssen uns für eine Seite entscheiden." =ML-Hochschulpresse Sdr.nr.,Frankfurt o.J. (1971),S.26
27.11.1970: Der AStA der Uni Frankfurt gibt den 'Diskus' Nr.3 (vgl. **.**.1970,
- .**.197*) heraus.
Enthalten ist u.a. ein Artikel gegen die ML-Gruppen, der auch vom AStA der PH Dortmund überarbeitet und nachgedruckt wird (vgl. Jan. 1971). =AStA der PH Ruhr,Abteilung Dortmund:In Sachen gegen Kommunistischer Studentenbund/Marxisten-Leninisten,Dortmund o.J. (1970/1971); KSB/ML Dortmund:Zur Polemik des AStA,o.O. (Dortmund) o.J. (1971)
30.11.1970: An der Universität Frankfurt - Abteilung für Erziehungswissenschaft (AfE) gibt der KSB/ML der KPD/ML-ZK vermutlich in dieser Woche ein Flugblatt unter Verantwortung von Lothar Wolfstetter heraus:" DIE THEORIE VOM 'GLÜCK DES INDIVIDUUMS' NUTZT DER BOURGEOISE UND NICHT DEM VOLK!
Theorien vom 'Glück des Individuums' greifen um sich an der AfE. Immer mehr Studenten werden damit verdummt. 'Erziehung soll den Menschen zum individuellen Glück befähigen' sagt z.B. A.S. Neill in 'Summerhill'. Damit will er sagen: jeder hat die Chance, glücklich zu werden. Er muß nur richtig erzogen werden. Richtig erziehen heißt: die seelischen Anlagen der Kinder entfalten. Aufpassen, daß sie keine Komplexe kriegen. Wenn das gelingt, wird die Welt besser. Als Lehrer werden wir hauptsächlich Kinder der Arbeiterklasse erziehen. Diese Kinder gehen nach der Schule in die Fabrik. Dort schaffen sie ihr Leben lang unermeßliche Reichtümer, die sich die Bourgeoisie aneignet. Die Arbeiter dort bekommen nur so viel, wie sie zum Leben brauchen. Das Interesse der Bourgeoisie - die Aufrechterhaltung der Ausbeutung - und das Interesse des Proletariats - die Abschaffung der Ausbeutung - stehen in direktem Gegensatz. Aus diesem Kampf wird das Proletariat siegreich hervorgehen: in der Produktion schafft es alle Werte, die die Gesellschaft am Leben erhalten. In der Fabrik wird das Proletariat zusammengeschlossen und diszipliniert. Seine Stärke - in der Produktion und im Klassenkampf - liegt in seiner Einheit und Disziplin: die Produktion bei Opel läuft nur dann, wenn 36 000 Arbeiter täglich in großen Fabrikhallen zusammenarbeiten; in den Septemberstreiks konnten 10 000 Arbeiter bei Hoesch ihre Lohnforderungen durchsetzen, weil sie wie ein Mann hinter diesen Forderungen standen.
WAS HEISST ES DANN, ARBEITERKINDER ZU INDIVIDUEN ZU ERZIEHEN? Individuum sein heißt: an sich selbst denken, sich gegenseitig Konkurrenz machen, sich auf sich selbst zurückziehen, also die Einheit der Klasse spalten und ihren Kampf verraten. Die Theorie der Bourgeoisie vom Individuum ist so alt wie die Bourgeoisie selber. Schon Pestalozzi klagte: 'Die Welt ist sittlich gesunken. Zu retten ist sie nur durch die Erziehung des Einzelnen zur Menschlichkeit'. Von Pestalozzi hören wir an der AfE nur noch wenig. Stattdessen hören wir: Mobilität, Chancengleichheit, Selbstverwirklichung des Individuums'. Denn damit will die Bourgeoisie zum Individualismus erziehen, nur muß sie diese Wörter heute den veränderten Produktionsbedingungen anpassen. MOBILITÄT heißt nichts anderes, als daß Arbeiter von einem Arbeitsplatz zum anderen geschoben werden. Erziehung zur Mobilität heißt, daß wir die Arbeiterkinder so erziehen, daß sie den andauernden Wechsel widerstandslos hinnehmen. Wir sollen den Kindern von 'CHANCENGLEICHHEIT' erzählen, damit sie versuchen, individuell aufzusteigen. Damit sollen wir sie von ihrem wahren Interesse - dem Sturz der Bourgeoisie - ablenken. Wir sollen den Glauben an die 'SELBSTVERWIRKLICHUNG DES INDIVIDUUMS' verbreiten, damit die Arbeiter die gesellschaftlichen Konflikte nicht in den Fabriken, sondern individuell zu Hause austragen. Die Bourgeoisie verbreitet diese Theorien, um das Proletariat vom Klassenkampf abzuhalten. Sie tut so, als wärde das, was ihr nützt, dem Proletariat und dem Volk nützen.
WENN DIE ARBEITERKLASSE DIE MACHT IM STAAT HAT, IST DAS GUT FÜR DAS VOLK!
In China haben die Arbeiter und Bauern unter Führung der Kommunistischen Partei die Kapitalisten gestürzt und die Diktatur des Proletariats errichtet. Sie haben aus dem bettelarmen Land eine gewaltige Industrienation gemacht. Was der Kapitalismus in 100 Jahren Weltherrschaft nicht geschafft hat, das hat das sozialistische China in 20 Jahren geschafft. Weil dort die Arbeiter die Herren im Haus sind. Die Produktion wird in den Dienst des Volkes gestellt. Im Kapitalismus wird das Volk regelmäßig von Krisen heimgesucht. Inflation, Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit sind die Folge. In China gibt es keine Krisen mehr. Die Produktion ist den Bedürfnissen der Menschen angepaßt. AUCXH DIE SCHULEN UND HOCHSCHULEN STEHEN IM DIENST DES VOLKES. Bauern, Arbeiter und Soldaten werden in die Schulen eingeladen, um ihr Wissen zu vermitteln. Schüler, die Naturwissenschaften und Technik studieren, müssen lernen, Maschinen zu bedienen und zu reparieren. So lernen sie aus der Praxis und überprüfen das Gelernte wieder in der Praxis. Ein Leitfaden der Erziehung ist auch, den Unterschied zwischen geistiger und körperlicher Arbeit aufzuheben. Beispiel dafür ist, daß ein Teil des Unterrichts Arbeit in der Produktion ist. Durch die enge Verbindung mit den Volksmassen und durch die Teilnahme an der Produktion werden Schüler und Lehrer ideologisch erzogen: sie lernen, mit vereinten Kräften den Sozialismus aufzubauen, denn sie erfahren, daß es ihnen nur im Sozialismus immer besser geht. China hat bewiesen, daß es unter Führung der Arbeiterklasse gewaltig vorwärtsgeht. Mit den Mitteln, die wir hier in Deutschland haben, wird es noch gewaltigere Fortschritte geben, wenn die Arbeiterklasse erst die Macht im Staat hat. In Deutschland führt sie seit 100 Jahren diesen Kampf: mit riesigen Massendemonstrationen, Generalstreiks und bewaffneten Aufständen. Nur mit blutigem Terror gegen das Volk, mit Faschismus und Krieg konnte sich die Bourgeoisie vorläufig retten. Die Arbeiterbewegung nahm in den letzten Jahren einen gewaltigen Aufschwung: die Septemberstreiks 1969 und die spontanen Warnstreiks von Hunderttausenden in der Metalltarifbewegung zeigen die wachsende Kampfbereitschaft der Arbeiter. Jetzt, kurz vor der neuen Krise, brodelt es in allen Betrieben. Aus all diesen Kämpfen hat die Arbeiterklasse gelernt: nur eine Partei, die nicht kapituliert vor Bestechung, Verrat und Verfolgung, kann die Arbeiterklasse zum Sieg über die Ausbeuter führen. Im Kampf gegen die Verräter und Spalter der Arbeiterklasse, die sich jetzt in der D'K'P (DKP,d.Vf.) wiederfinden, entstand die KPD/ML. Ihre Aufgabe ist, das Volk unter Führung der Arbeiterklasse zu vereinen und zu führen.
IM KLASSENKAMPF GIBT ES KEINE NEUTRALITÄT!
Viele Studenten sagen: 'Wir sind neutral. Wir sind keine Handlanger'. Dann gehen sie in die Schule und erziehen die Kinder zu Individuen, erzählen von Chancengleichheit, wie sie es an der AfE gelernt haben. So dienen sie in Wirklichkeit der Bourgeoisie, egal, was sie subjektiv meinen. Unsere Ausbildung an der AfE hat nur den einen Zweck: als Lehrer gute und willige Arbeitskräfte erziehen, die Profit bringen und nicht an Klassenkampf denken.
Wir Studenten wollen aber wissen, was richtig ist, wir wollen die Wahrheit herausfinden: was dem Volk wirklich nützt, welche Erziehung dem gesellschaftlichen Fortschritt dient. Das aber kann die Bourgeoisie nicht zulassen. Sie weiß: dann wird ihr reaktionärer Charakter erkannt, dann erkennen die Studenten ihre wirklichen Interessen. An der Hochschule müssen wir deshalb die bürgerliche Wissenschaft als falsch entlarven und den Kampf gegen die Bedingungen aufnehmen, die uns zwingen, Falsches zu lernen: die Klassenherrschaft der westdeutschen Imperialisten.
Diesen Kampf zur Entlarvung der bürgerlichen Theorien und zur Gewinnung von Bündnispartner für die Arbeiterklasse führt der KSB/ML. Er ist die Massenorganisation der KPD/ML an der Hochschule."
Eingeladen wird zu einer Versammlung an der AfE (vgl. 3.12.1970). =ML-Hochschulpresse Sdr.nr.,Frankfurt o.J. (1971),S.58f
Dezember 1970: Vom KSB/ML der KPD/ML-ZK Frankfurt wird die Broschüre: "Bürgerliche oder proletarische Linie im Erziehungswesen. Schulsystem in der VR Albanien und in der SU" herausgegeben. =KSB/ML Frankfurt:Bürgerliche oder proletarische Linie im Erziehungswesen. Schulsystem in der VR China und in der SU,Frankfurt 1970
03.12.1970: An der Abteilung für Erziehungswissenschaft (AfE) der Uni Frankfurt will der KSB/ML der KPD/ML-ZK heute um 17 Uhr eine Diskussionsversammlung im Soziologiekeller in der Jügelstraße 1 durchführen, zu der mit einem Flugblatt (vgl. 30.11.1970) aufgerufen wurde. =ML-Hochschulpresse Sdr.nr.,Frankfurt o.J. (1971),S.59
Januar 1971: Vermutlich im Januar gibt der AStA der Uni Frankfurt sein 'AStA-Info' Nr.2 (vgl. 11.2.1971) heraus, in dem sich der SHB, laut MLS Frankfurt, u.a. so äußert:" Wir müssen durch die Konfrontation mit Gegenkonzepten immer wieder neu - auch unter derzeitigen Machtverhältnissen in den Entscheidungsgremien - die Machtfrage stellen." Veröffentlicht werden auch "Materialien zur ökonomischen und militärischen Unterstützung der portugiesischen Kolonialpolitik durch die BRD", in denen der SHB, laut MLS, schreibt:" Zur Sicherung der westdeutschen Investitionen in den (portugiesischen) Kolonien, die jetzt natürlich durch den Befreiungskampf gefährdet sind, hat sich die Bundesregierung ebenfalls bereit gefunden. Sie unterstützt durch massive Militärhilfe den portugiesischen Kolonialkrieg". Die MLS meint:" Gekrönt werden diese Materialien durch einen Brief der 'Cabora-Bassa-Gruppe Frankfurt': Sehr geehrter Herr Bundeskanzler ... eingedenk der Tatsache, daß ... jede Unterstützung Portugals eine Unterstützung des rassistischen Kolonialkriegs bedeutet, FORDERN WIR DIE BUNDESREGIERUNG AUF: 1. den Luftwaffenstützpunkt Beja ... zu räumen; 2. den Hermes-Kredit ... zurückzuziehen; 3. die Aktivitäten der Deutschen Entwicklungsgesellschaft (DEB) in Portugal einzustellen; 4. die portugiesischen Arbeiter in der BRD ... zu informieren, damit sie nicht Opfer der ... rassistischen Besiedelungspolitik Lissabons werden; 5. für die Dauer des Krieges alle Lieferungen von Waffen ... einzustellen; 6. Unterstützung der Befreiungsbewegungen. ... In der Überzeugung, daß alle demokratischen Kräfte der Welt das für seine Selbstbestimmung kämpfende Volk in den portugiesischen Kolonien wirksam unterstützen müssen, BITTEN WIR SIE, die obigen Forderungen ernsthaft zu prüfen ...'" =Was tun Nr.2,Frankfurt Apr. 1971,S.18f
Januar 1971: An der Uni Frankfurt gibt der KSB/ML der KPD/ML-ZK an der naturwissenschaftlichen Fakultät, laut KSG/ML, seine Zeitung 'Der nächste Schritt' heraus, in der es u.a. heißt:" Für die Mehrheit der Studenten heißt das, daß sie den antiimperialistischen Kampf an ihrem Studienplatz aufnehmen - indem sie eine kämpferische Kritik an der Weltanschauung der Bourgeoisie üben." =ML-Hochschulpresse Sdr.nr.,Frankfurt o.J. (1971),S.13
11.01.1971: In Frankfurt gibt der KSB/ML der KPD/ML-ZK an der Universität vermutlich in dieser Woche ein Flugblatt heraus:" Wir lernen: Geld ist eine Forderung. Wieso kann man aber mit Geld so verschiedenartige Waren wie einen Tisch und 100 Eier einander gleich machen und miteinander tauschen?
Die bürgerliche Ökonomie redet von Bedürfnissen des Volkes, Freiheit der Konsumenten, Verschwinden der Klassen. Sie redet nicht von den über 5 Millionen Arbeitslosen in den USA, von den 400 Millionen DM, die General Motors 1969 aus den Opelarbeitern rausgepreßt hat, von den Hungerlöhnen, die die Konzerne der westdeutschen Imperialisten den Arbeitern in ihren spanischen Filialen zahlen.
KRITISIERT DIE BÜRGERLICHE ÖKONOMIE! Die bürgerliche Ökonomie drückt sich vor den eigentlichen Fragen. Stattdessen stellt sie 'Theorien' auf, die haufenweise Widersprüche enthalten und mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Wieso wir das Zeug lernen sollen ist klar, wir bekommen Sand in die Augen gestreut, um später umso bessere Handlanger der Kapitalisten zu sein.
Deshalb müssen wir die bürgerliche Ökonomie kritisieren. Das sehen viele Studenten. Aber wie soll man die bürgerliche Ökonomie kritisieren? Einige machen z.B. den Fehler, aus Vorlesungen und Tutorien rauszugehen, weil sie sie nicht mehr für wichtig halten. Stattdessen beginnen sie einen Text von Marx zu lesen. Das ist falsch, weil es nicht darum geht, in seiner Studierstube Marx zu lesen. Es geht vielmehr darum, die bürgerliche Ökonomie konkret mit Hilfe des Marxismus zu kritisieren und zu widerlegen. Nur so können wir den Kampf gegen die bürgerliche Ökonomie führen.
Deshalb veranstaltet der KSB/ML eine Arbeitsgruppe, die die bürgerliche Ökonomie kritisiert" (vgl. 15.1.1971). =ML-Hochschulpresse Sdr.nr.,Frankfurt o.J. (1971),S.56
15.01.1971: An der Uni Frankfurt soll sich erstmals die Arbeitsgruppe des KSB/ML der KPD/ML-ZK zur Kritik der bürgerlichen Ökonomie (vgl. 11.1.1971) um 14 Uhr im Studentenhaus treffen:" Wir werden uns zunächst mit den noch anstehenden Themen der Vorlesung 'Einführung in die VWL' (Wirtschaftsordnung, Wissenschaftsmethode) befassen." =ML-Hochschulpresse Sdr.nr.,Frankfurt o.J. (1971),S.56
18.01.1971: Vermutlich heute, eventuell erst morgen, gibt an der Universität Frankfurt die Gruppe Marxistisch-Leninistischer Studenten (GMLS bzw. MLS) des KAB/ML erstmals ihre 'Was tun' (vgl. Apr. 1971) als Zeitung für Naturwissenschaftler in einem Umfang von 16 Seiten DIN A 4 und zu einem Preis von 30 Pfg. heraus. Verantwortlich zeichnet, ebenso wie für die RJ/ML des KAB/ML, J. Möcks, Kontakt geht über H. Schmidt. Dies ist die erste uns bekannte und die erste im Archiv der MLS bzw. KSG/ML Frankfurt enthaltene Publikation dieser Gruppe.
Über sich selbst schreibt die MLS:" Die Gruppe Marxistisch-Leninistischer Studenten ist aus der Auseinandersetzung mit dem Linkssektierertum innerhalb der KPD/ML (KPD/ML-ZK, d.Vf.), speziell in den Zirkeln des KSB/ML an der Nat. Fak. Frankfurt entstanden.
Im Gegensatz zu deren Politik wurde dabei die korrekte Linie - SICH UNTER DIE ANLEITUNG DES PROLETARIATS STELLEN - verfolgt.
In der jetzigen Phase heißt das: Unter Anleitung der Vorhutorganisation des Proletariats, des KAB/ML, dem Angriff des Kapitals auf die demokratischen Rechte ALLER Teile des Volkes entgegentreten, sich dadurch in den Massen verankern, die Fortschrittlichsten organisieren. Arbeiter kämpfen gegen diesen Angriff in Betrieben, Gewerkschaften, Stadtteilen - wenn es sein muß, Studenten kämpfen an der Universität. DAS ist es, was den Aufbau einer in den Massen verankerten kommunistischen Partei stärkt."
In "KAB/ML - Die Vorhutorganisation der westdeutschen Arbeiterklasse" heißt es u.a.:" Die Massenorganisationen an der Hochschule unterstützen den KAB/ML vor allem durch technische Hilfe und bereiten durch ihren Kampf an der Hochschule das Klassenbündnis zwischen Proletariat und kleinbürgerlicher Intelligenz vor."
Zur KPD/ML-ZK bzw. deren KSB/ML wird dabei ausgeführt:" Wichtig ist aber auch die Auseinandersetzung mit den Linkssektierern in der KPD/ML, die glauben, es genüge, in der 'ideologischen Sphäre' zu wirken, und die anderen Kampfabschnitte, insbesondere die praktische Arbeit, vernachlässigen."
Zum Titel 'Was tun' wird gesagt:" In den Jahren 1901 und 1902 schrieb W.I. Lenin sein berühmtes Buch 'Was tun?'. In ihm setzt er sich mit dem zu dieser Zeit in Rußland herrschenden marxistischen Zirkelwesen auseinander. Das Fehlen einer einheitlichen Linie führte zu Ökonomismus oder Handwerkelei. Lenin zeigte nun, daß nur ein zentrales Organ die Zirkel einigen und eine einheitliche Linie in ihnen durchsetzen kann. Heute gibt es an den Hochschulen eine Reihe von marxistisch-leninistischen Zirkeln. Um diese zu vereinigen und eine einheitliche Linie unter Anleitung des Proletariats in ihnen zu propagieren wird ab Sommersemester 1971 der 'Rote Pfeil' als Zentralorgan der kommunistischen Hochschulgruppen erscheinen."
Im Leitartikel "Hochschulrahmengesetz - Um jeden Zollbreit demokratischer Rechte kämpfen" befaßt man sich mit dem derzeit aktuellen HRG-Entwurf (vgl. 30.10.1970). Das HRG sei allerdings nicht der erste Angriff auf die Hochschulen:" Was ist bisher geschehen?
1. ABITURIENTEN WERDEN VOM STUDIUM AUSGESCHLOSSEN Die Einführung des numerus clausus zu Beginn der sechziger Jahre war der erste Schritt im antidemokratischen Angriff auf Hochschule und Studenten. Heute gibt es einen numerus clausus in Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Architektur an allen Hochschulen, in Biologie, Chemie, Psychologie und Luftfahrttechnik an mehr als der Hälfte aller Hochschulen, in Mathematik, Physik und Geographie an einem Drittel der Hochschulen. Das genügt noch nicht, durch Einführung von Vorsemestern, Klausuren und Zwischenprüfungen werden die Studenten vom weiteren Studium ausgeschlossen. Wer bisher durch Ferienarbeit sein Studium finanzieren mußte, wird bald sein Studium aufgeben müssen, denn Ferienkurse und Ferienpraktika werden in mehr und mehr Fächern eingeführt.
Mit Hilfe dieser Maßnahmen ist es gelungen etwa in Freiburg die Zahl der Medizinstudenten von 1963 2 800 auf 1 700 im Jahre 1968 - trotz Erhöhung der Personalstellen um 37% - zu drücken oder in Frankfurt die Zahl der Chemiestudenten - trotz Errichtung eines neuen Gebäudes (Sofortchemie) - von 405 im Jahre 1965 auf 365 im Jahre 1970 zu erniedrigen.
Ein weiteres Mittel zur Senkung der Studentenzahlen ist das in den Rahmenordnungen gegebene Mittel der Zwangsexmatrikulation.
2. DIE STUDIENBEDINGUNGEN VERSCHLECHTERN SICH
...
Die Verschulung des Studiums wird immer rigider eingeführt (Kurssystem, Studienjahr usw.). Klausuren, Leistungsscheine und Zwischenprüfungen zwingen zum Pauken von unverdauten unverdaubaren Fakten.
3. SOZIALE DEMONTAGE
Bekamen 1958 noch 20% aller Studenten Honnef so sind es 1970 nur noch 15%. Zwar wurde der Honnef Höchstförderungssatz am 1.1.1971 von 350 DM auf 400 DM erhöht, doch liegt der durchschnittliche Förderungsbetrag bei 190 DM im Monat, während das Deutsche Studentenwerk 1970 errechnete, daß ein Student im Monat etwa 520 DM zum Leben braucht, wird die Förderungszeit für Studenten der Biologie, Chemie, Mathematik und Physik um ein Semester verkürzt. Sehen wir uns die Wohnsituation der Studenten an: 2 Jahre Wartezeit für ein Zimmer in einem Wohnheim, 150 DM Miete für eine Mansarde ohne genügende sanitäre Einrichtungen in Frankfurt, 250 Studenten ohne Zimmer in Konstanz, 2 Monate vergebliche Zimmersuche in Heidelberg usw. und so fort.
Der seit Jahren angekündigte Bau der Mensa 2 wird weiter verschoben, so daß jetzt nur 22% der Studenten ein Mensaessen erhalten können.
Wie die übrigen Angehörigen der unteren Klassen und Schichten des Volkes leiden die Studenten unter den durch die Profitgier der Kapitalisten hervorgerufenen schwindelerregenden Preissteigerungen der letzten Monate.
4. DER ANTIDEMOKRATISCHE ANGRIFF GEGEN DIE STUDENTEN SPITZT SICH ZU
In Berlin wurden durch das dortige Hochschulgesetz die verfaßte Studentenschaft (AStA, Fachschaften) aufgelöst. Das baden-württembergische Hochschulgesetz sieht diese Maßnahme ebenfalls vor, doch wurde auf Grund des massiven Widerstandes der Studenten bisher von der Durchsetzung abgesehen. ... Mit dem Staatsvertrag über das Ordnungsrecht hat sich der Staat eine Handhabe geschaffen, mit der er in kritischen Zeit gegen die organisierte Interessenvertretung der Studenten vorgehen kann, ohne sofort die Justiz bemühen zu müssen: 'Störer' werden einfach entfernt. Wie ernst es die Bourgeoisie mit ihrem Vorgehen gegen oppositionelle Studentengruppen meint, zeigt das Verbot des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes Heidelberg im Juni des vergangenen Jahres (SDS - vgl. 24.6.1970,d.Vf.).
Den bisherigen Höhepunkt in den reaktionären Maßnahmen der Bourgeoisie stellt, wie bereits erwähnt, das Hochschulrahmengesetz dar."
Dessen Einschätzung wird aus der Nr.11 des Tübinger 'Roten Pfeiles' (vgl. Nov. 1970) übernommen.
Eingegangen wird in diesem Artikel auch auf die Rahmenordnung für Natur- und Ingenieurwissenschaften (vgl. Okt. 1970) und die Frankfurter Fachschaften (vgl. Dez. 1969).
Gewürdigt wird auch der 150. Geburtstag von Friedrich Engels.
Im Artikel "BRD-IMPERIALISMUS: Ausbeutung - Hunger - Bombenkrieg" befaßt man sich u.a. mit den Niederlassungen von Rosenthal Porzellan (vgl. 22.3.1966) in der Republik Südafrika (Azania), der Rolle von derem Besitzer in der SPD- Bundestagsfraktion und den Umtrieben des 'BRD'-Kapitals im südlichen Afrika:" Seit den 60er Jahren, nachdem die europäischen Märkte abgesättigt waren, und in der BRD erstmals wieder Überproduktionskrisen auftraten, beginnen die westdeutschen Monopole verstärkt sich in die Länder der dritten Welt aggressiv auszudehnen. Diese Entwicklung wurde durch die Gründung des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (in Wahrheit Kolonialministerium) und des Deutschen Entwicklungsdienstes politisch abgesichert. Mit betrügerischen Parolen wie 'Entwicklungshilfe' versuchte man zentral die Ausplünderung der dritten Welt zu verschleiern. Schon 1967 setzten die ausländischen Tochtergesellschaften der westdeutschen Konzerne 12 Mrd. DM um und konnten, nach Abzug der neuen Investitionen und Reservefonds zur weiteren Ausbeutung, 150 Mio. DM an Profiten nach Westdeutschland abführen.
'Entwicklungshilfe' heißt also Entwicklungshilfe für die westdeutschen Konzerne."
Zu Mozambique bzw. Cabora Bassa und dem Kampf gegen die FRELIMO heißt es:" Die westdeutschen Imperialisten ziehen es vor, sich selbst nicht die Hände schmutzig zu machen. Sie lassen die portugiesische Kolonialarmee in ihrem Solde, für ihre Ziele kämpfen, damit sie selbst vom 'Selbstbestimmungsrecht' der Völker und 'humanitärer Hilfe' schwätzen können."
Im Abschnitt "Die SPD/FDP-Regierung - politischer Lakai der imperialistischen Bourgeoisie" wird ausgeführt:" Die Ausplünderung und Kriegstreiberei der imperialistischen Bourgeoisie ist unmittelbar gegen die Interessen des eigenen Volkes gerichtet. Um die Politik trotzdem durchführen zu können, muß man versuchen, das Volk zu täuschen. Die politische und propagandistische Hauptagentur der westdeutschen Monopole ist gegenwärtig die SPD/FDP-Regierung. Die SPD versteht es meisterlich, besser als die CDU, imperialistische Ziele mit sozialen Phrasen zu kaschieren. So waren die Kolonialminister: Scheel (FDP), Wischnewski (SPD), Eppler (SPD).
Allein 1969 war Scheel zweimal in Asien und erklärte unverhohlen:
'Die Bundesregierung widmet diesem Teil der Welt ihre besondere Aufmerksamkeit', möchte 'deutsche Investitionen in diesem Raum fördern' und 'unsere bisherigen Bemühungen in Asien intensivieren.'
Um Monopolbankkonsortien zur aktiven Expansion im Ausland zu ermutigen, gewährt Bonn ihnen nicht nur günstige Steuerbedingungen, sondern auch Versicherungsfonds, um sie für Verluste im Ausland (Enteignungen) zu entschädigen. Daß gerade Willy Brandts Parteigenosse Phillip Rosenthal sich so aktiv an der Ausplünderung beteiligt, ..., offenbart, was hinter den Phrasen von 'Entwicklungshilfe' und 'Unterstützung' steckt: Kapitalistische Profitgier und imperialistische Ausbeuterlogik."
In der Rubrik "Aus Instituten und Fachschaften" wird berichtet aus Biologie, Chemie und Mathematik.
Zur Biologie heißt es:" Die Bourgeoisie führt ihren Angriff auf uns mit allen Mitteln.
Das zeigt sich deutlich in der Biologie. Nicht nur, daß durch den NC die Studentenzahlen stark eingeschränkt werden - 36 Zulassungen pro Semester - auch die Geldmittel der Institute werden so beschnitten, daß eine Aufrechterhaltung des Lehrbetriebes zumindest in der Mikrobiologie fragwürdig geworden ist.
Was steckt dahinter?
Die Industrie hat im Augenblick - sie steht wieder einmal kurz vor einer Überproduktionskrise - keinen Bedarf mehr an ausgebildeten Mikrobiologen. Durch den NC alleine ist der gewünschte Stopp nicht zu schaffen, also wird der Lehr- und Forschungsbetrieb durch Etatreduzierungen gedrosselt.
Dies ist die eine Seite des Angriffs. Die andere sieht so aus:
Die Kapitalisten wollen mehr Einfluß auf die Forschung gewinnen. Wie machen sie das? Die Institutsetats werden so gekürzt, daß sie gerade noch für Elektrizität und Wasser ausreichen. Wer forschen will muß sich an Stiftungen wenden z.B. DFG, VW-Stiftung usw.
Und wer die Zusammensetzung dieser Stiftungen kennt, weiß, daß die Industrie damit eine wunderbare Kontrolle über Forschungsvorhaben hat.
Förderungswürdige d.h. profitversprechende Vorhaben werden mit Geld überschüttet, die anderen werden sabotiert."
Aus dem Fachbereich Chemie heißt es:" Den Studiengang entmisten!
Jahrelang wurden die Chemiestudenten gezwungen, Klausuren zu schreiben, um den Mineralogie-Schein zu erhalten. Die meisten der Chemiestudenten waren unzufrieden und wollten sich gegen den Schein wehren. Sie diskutierten darüber in Fachschaftsvollversammlungen und forderten in Sektions- und Institutsratssitzungen die Abschaffung des Scheins. Das führte zu nichts. Der Betrug, der mit diesen 'Mitbestimmungsgremien' betrieben wird, trat wieder einmal klar hervor. daraufhin beschlossen Hörer der Vorlesung in Zusammenarbeit mit den Fachschaftsvertretern den Kampf gegen den Klausurterror aufzunehmen. Sie gaben ein Flugblatt heraus, mit dem sie die Verantwortlichen zur Diskussion aufforderten. Als sich zeigte, daß die Hörer geschlossen hinter den Forderungen des Flugblattes standen, und jeder Spaltungsversuch entschieden zurückgewiesen wurde, begann Professor O'Daniel sein Rückzugsmanöver. Er erklärte sich bereit, in der nächsten Vorlesung nochmal über dies Problem zu diskutieren. Als dann noch ein Flugblatt erschien, gelang es ihm und seinen Kollegen, die er zur Diskussion mitgebracht hatte, auch nicht durch langatmige Abschweifungen vom Thema (Lobpreisung der Mineralogie, Diffamierung der 'dummen und faulen' Studenten, Lamentieren über das fehlende Vertrauen in die 'ältere' Generation) die Studenten hinters Licht zu führen. Die Studenten stellten folgende Forderungen:
1. Auflösung der zwei großen Übungsgruppen und Einrichtung von kleinen Arbeitsgruppen mit maximal zehn Studenten, die sich den Interessen der Studenten anzupassen hätten, z.B. schwerpunktmäßige Behandlung der Gruppentheorie.
2. Keine Klausuren mehr. Teilnahme- statt Leistungsschein.
3. Der Mineralogie-Schein soll als Bedingung für die Zulassung zur Chemiediplomprüfung gestrichen werden.
Acht Assistenten erklärten sich daraufhin bereit, die sich nach Interessengebieten bildenden Gruppen zu leiten und allen Teilnehmern einen Schein auszustellen. Der Kampf der Chemiestudenten gegen unzureichende Ausbildung, schlechte Arbeitsbedingungen und soziale Demontage muß weitergehen!"
Vom Fachbereich Mathematik wird so berichtet:" Die Fachschaft Mathematik hat in diesem Semester zusammen mit Kommillitonen, hauptsächlich aus der Kiehl-Vorlesung (Analytische Geometrie I), den Kampf für die studentischen Interessen aufgenommen und die 'Aktionsgruppe Teilnahmescheine' gegründet.
Der Gründung vorausgegangen ist eine Vorlesungsumfrage der Fachschaft. Sie hat feststellen können, daß die Widersprüche der Studenten dieselben geblieben sind: In der Vorlesung versteht man nichts, in den Übungsgruppen lernt man nichts, die Übungsaufgaben sind zu viel und zu schwer und hinter allem steht die Angst vor Klausur und Prüfung.
Dem folgte der Aufruf zu einer Aktionsgruppe, die den Kampf für Teilnahmescheine vorbereiten, leiten und organisieren soll.
Die Forderung nach Teilnahmescheinen ist die Fortsetzung der Fachschaftspolitik des vorigen Semesters. Hörer der Kulze-Vorlesung (es waren ca. die Hälfte!) forderten Arbeitsgruppen statt Übungsgruppen und erkämpften sie zusammen mit der Fachschaft. Auch die Gefahr einer Klausur konnte abgewehrt werden. Das Konzept der Arbeitsgruppen stand aber von vornherein unter schlechten Bedingungen: die Prüfungs- und Klausurangst lähmte die Arbeit. Hauptseite war das Pauken für den Übungsschein und nicht das Lernen und Verstehen.
Was müssen wir daraus lernen?
Wir sehen, daß fortschrittliche Ansätze wie Arbeitsgruppen erst dann im breiten Rahmen eingeführt werden können, wenn die Voraussetzungen dafür erkämpft worden sind. Dann erst wird für die breite Masse der Studenten das Arbeitsgruppen-Konzept eine echte Alternative zu den Übungsgruppen darstellen und in der Lage sein die Ausbildung der Studenten zu verbessern.
Die Abschaffung der Prüfungsangst durch die Einführung des im Vordiplom anerkannten Teilnahmescheines ist die elementarste Voraussetzung hierfür. Die Erkämpfung dieser Voraussetzung ist nun die Aufgabe, die sich die 'Aktionsgruppe Teilnahmescheine' gestellt hat.
Die Arbeit der Aktionsgruppe steht erst am Anfang. Zunächst, um eine Grundlage zu haben, sind die Kommillitonen in die Übungsgruppen gegangen. Dadurch können die Widersprüche in den Übungsgruppen richtig verallgemeinert werden. Das ist wichtig, um die Aktionsgruppe in der Studentenschaft zu verankern und um eine richtige Agitation entfalten zu können. Perspektivisch gesehen darf sich die Aktionsgruppe natürlich nicht nur auf den Kampf um Teilnahmescheine beschränken. Dieser Kampf ist nur ein Teil eines Kampfes gegen die Bestrebungen des Kapitals, die demokratischen Rechte der Studenten abzubauen, ihre soziale Lage und Ausbildung zu verschlechtern (Numerus Clausus, Hochschulrahmengesetz)."
Angekündigt werden Fachschaftsvollversammlungen in der Physik (vgl. 19.1.1971), Mathematik (vgl. 22.1.1971) und der Chemie (vgl. 26.1.1971). =Was tun Nr.1,Frankfurt Jan. 1971
18.01.1971: An der Universität Frankfurt wird, unter Anleitung der auf den KAB/ML ausgerichteten Gruppe Marxistisch-leninistischer Studenten (MLS) Frankfurt, ein Zentraler Aktionsrat der Fachschaften (ZAF) gegründet (vgl. 27.1.1971). Dazu schreibt die MLS in einem Artikel "ZAF - Alle fortschrittlichen Kräfte zusammenschliessen!" u.a.:" STÄRKT DIE FACHSCHAFTEN! BAUT DEN ZENTRALEN AKTIONSRAT DER FACHSCHAFTEN AUF!
Die Aktionsgruppen, die jetzt in der Mathematik, Chemie und Biologie existieren, werden nicht viel erreichen, wenn sie isoliert und zusammenhanglos den Kampf aufnehmen. Der Kampf muß im großen Rahmen als gewerkschaftlicher Kampf geführt werden. Dazu muß dieser Kampf organisiert und zentralisiert werden.
Zu diesem Zweck haben sich die Fachschaften Mathematik, Chemie und die Aktionsgruppe Fachschaft Biologie, die schon seit einiger Zeit eng zusammenarbeiten, zu einem zentralen Aktionsrat der Fachschaften (ZAF) zusammengeschlossen. Mitglieder des ZAF sind nicht nur die Fachschaftsvertreter, sondern alle, die aktiv mitarbeiten wollen - also insbesondere die Kommilitonen der von den Fachschaften initiierten Aktionsgruppen. Die einzelnen Kämpfe in den verschiedenen Fachbereichen treten damit aus ihrem beschränkten Rahmen heraus und werden zu einer Aktionseinheit zusammengefaßt: Zu einer Aktionseinheit gegen den imperialistischen Angriff des Kapitals auf die sozialen Interessen und demokratischen Rechte der Studenten. Es ist aber auch ein Kampf zur Organisierung und Politisierung der Studenten: Ohne das eine ist das andere unmöglich.
Das eine über die Fachbereiche hinausgehende Interessenvertretung keine Utopie ist, zeigt das Beispiel der Tübinger ML-Hochschulgruppe und des dortigen ZAF, die den Kampf an ihrer Uni seit längerer Zeit mit großem Erfolg führt.
Jetzt ist diese ML-Hochschulgruppe dabei, den Kampf auf überregionaler Ebene zu organisieren und die marxistisch-leninistischen Studentengruppen aller westdeutschen Unis zu einer Aktionseinheit zusammenzuschweißen. Es ist klar, daß die Wirksamkeit dieses Kampfes mit dieser Entwicklung steht und fällt.
Deshalb: STÄRKT DEN ZENTRALEN AKTIONSRAT DER FACHSCHAFTEN!
VERLANGT VON EUREN FACHSCHAFTSVERTRETERN, DASS SIE IM ZAF MITARBEITEN!
ARBEITET SELBST MIT - KOMMT IN DIE AKTIONSGRUPPEN!" =Was tun Nr.1,Frankfurt Jan. 1971,S.14
19.01.1971: An der Universität Frankfurt gibt die Gruppe Marxistisch-leninistischer Studenten (MLS) Frankfurt des KAB/ML ein zweiseitiges Brennmatrizenflugblatt zum HRG unter dem Titel "Gegen das antidemokratische Hochschulgesetz eine einheitliche Front aufbauen!" heraus. Im Abschnitt "Der Kapitalismus nimmt die Studenten in die Zange" heißt es:" Die gegenwärtige Angriffswelle der Bourgeoisie auf alle Werktätigen hat für die Intelligenz besondere Erscheinungsformen:
Aussperrung vom Studium durch Numerus Clausus,
soziale Demontage und politische Entrechtung.
An der Hochschule findet dies seinen bisher schärfsten Ausdruck im Hochschulrahmengesetz:
Dequalifizierung der Ausbildung und Aussperrung von der Forschung (siehe Rahmenordnung und Dahrendorf-Plan), Liquidierung der demokratischen Rechte durch Ordnungsrecht und Hochschulrahmengesetz verschlechtern unsere Lage."
Dazu solle man die gestrige Frankfurter 'Was tun' und die Nummern 11 und 12 des Tübinger 'Roten Pfeiles' (vgl. Nov. 1970, Dez. 1970) lesen.
Im Abschnitt "Alle fortschrittlichen Kräfte zusammenschliessen" heißt es:" Dem antidemokratischen Angriff muß in breiter Front entgegengetreten werden, deshalb müssen sich alle fortschrittlichen Kräfte zusammenschließen. In dieser Situation ist es richtig, daß gestern Studenten und Fachschaftsvertreter den ZENTRALEN AKTIONSRAT DER FACHSCHAFTEN (ZAF) gegründet haben. Der ZAF muß den gewerkschaftlichen Abwehrkampf - insbesondere gegen das Hochschulrahmengesetz - organisieren und leiten." Angekündigt werden das nächste Treffen des ZAF (vgl. 27.1.1971) sowie Fachschaftsvollversammlungen in der Physik (vgl. 19.1.1971), der Mathematik (vgl. 22.1.1971) und der Chemie (vgl. 26.1.1971). =MLS Frankfurt:Gegen das antidemokratische Hochschulgesetz eine einheitliche Front aufbauen!;Frankfurt o.J. (19.1.1971)
19.01.1971: An der Universität Frankfurt soll, laut MLS, um 14 Uhr eine Fachschaftsvollversammlung im Fachbereich Physik stattfinden. Der Zentrale Aktionsrat der Fachschaften (ZAF) ist dabei, laut MLS, bei der Kandidatur für die Fachschaftsvertretung erfolgreich. =Was tun Nr.1 und 2,Frankfurt Jan. 1971 bzw. Apr. 1971,S.15 bzw. S.17; MLS Frankfurt:Gegen das antidemokratische Hochschulgesetz eine einheitliche Front aufbauen!;Frankfurt o.J. (19.1.1971)
22.01.1971: An der Universität Frankfurt soll, laut MLS, um 14 Uhr eine Fachschaftsvollversammlung im Fachbereich Mathematik stattfinden. Der Zentrale Aktionsrat der Fachschaften (ZAF) ist dabei, laut MLS, bei der Kandidatur für die Fachschaftsvertretung erfolgreich. =Was tun Nr.1 und 2,Frankfurt Jan. 1971 bzw. Apr. 1971,S.15 bzw. S.17; MLS Frankfurt:Gegen das antidemokratische Hochschulgesetz eine einheitliche Front aufbauen!;Frankfurt o.J. (19.1.1971)
25.01.1971: An der Universität Frankfurt beginnt der SHB, laut MLS Frankfurt, eine Mitbestimmungswoche bis zum 4.2.1971, mit der der 'gewerkschaftliche Kampf für Mitbestimmung' geführt werden solle. =Was tun Nr.2,Frankfurt Apr. 1971,S.18
26.01.1971: An der Universität Frankfurt soll, laut MLS, um 16 Uhr eine Fachschaftsvollversammlung im Fachbereich Chemie stattfinden. Der Zentrale Aktionsrat der Fachschaften (ZAF) ist dabei, laut MLS, bei der Kandidatur für die Fachschaftsvertretung erfolgreich. =Was tun Nr.1 und 2,Frankfurt Jan. 1971 bzw. Apr. 1971,S.15 bzw. S.17; MLS Frankfurt:Gegen das antidemokratische Hochschulgesetz eine einheitliche Front aufbauen!;Frankfurt o.J. (19.1.1971)
27.01.1971: An der Universität Frankfurt soll, laut und mit MLS, um 17 Uhr eine Sitzung des Zentralen Aktionsrates der Fachschaften (ZAF) (vgl. 18.1.1971) stattfinden. =MLS Frankfurt:Gegen das antidemokratische Hochschulgesetz eine einheitliche Front aufbauen!;Frankfurt o.J. (19.1.1971)
Februar 1971: Vermutlich im Februar findet, laut MLS des KAB/ML, am Fachbereich Biologie der Universität Frankfurt eine Fachschaftsvollversammlung statt, auf der der Zentrale Aktionsrat der Fachschaften bei der Wahl der Fachschaftsvertretung erfolgreich ist. =Was tun Nr.2,Frankfurt Apr. 1971
01.02.1971: An der Universität Frankfurt mobilisiert für heute ein Flugblatt "Teach-In der Gruppe Marxistisch-Leninistischer Studenten (MLS)" der MLS des KAB/ML. Stattfinden soll das Teach-In um 16 Uhr im Tutorhaus Physik, im einseitigen Brennmatrizenflugblatt heißt es:" Der Angriff der imperialistischen Bourgeoisie auf die Hochschule
Der Zusammenhang zwischen der beginnenden Wirtschaftskrise in der BRD und der Verschlechterung der Studienbedingungen. (Numerus Clausus, Studienzeitverkürzung, Dequalifizierung des Studiums, soziale Demontage und politische Entrechtung der Studenten) - Die Rolle des Hochschulrahmengesetzes.
Der Kampf der kommunistischen Studenten in der jetzigen Phase
Organisierung der fortschrittlichen Intelligenz für das Bündnis zwischen Arbeiterklasse und fortschrittlicher Intelligenz! Gegen Rechtsopportunismus (SHB, Spartakus) und Linkssektierertum (KSB/ML).
Warum unterstützen wir den Aufbau einer gewerkschaftlichen Studentenorganisation?
Der zentrale Aktionsrat der Fachschaften (ZAF) als Massenorganisation der fortschrittlichen Studenten - Den Angriff des Kapitals abwehren! - Im gemeinsamen Kampf die Studenten für ein Bündnis mit dem Proletariat gewinnen!"
=MLS Frankfurt:Teach-In der Gruppe Marxistisch-Leninistischer Studenten (MLS),Frankfurt o.J. (1971)
23.03.1971: An der Uni Frankfurt tritt der 1. Vorsitzende des AStA, Manfred Möller, aus persönlichen Gründen zurück (vgl. 14.4.1971). =AStA Uni Frankfurt:AStA-Information Nr.4,Frankfurt 1971,S.5
29.03.1971: Der AStA Uni Frankfurt verbreitet unter der Überschrift "Bildungsplanung ohne Sozialplanung" folgende, vermutlich aus dieser Woche stammende:" Rede der ASTA-Vorsitzenden Renate Brockmüller zur Fertigstellung des Rohbaus Ginnheimer Landstraße I:
EIN RICHTFEST UNTER DEM ZEICHEN UNGENÜGENDER GESAMTPLANUNG
Seit die BRD die 'Sozialstaatlichkeit' auf ihren Schild gehoben hat, sind sich in ihren propagandistischen Erklärungen alle bürgerlichen Parteien darin einig, daß die Reformen für eine größere materielle Sicherheit und für einen höheren Lebensstandard vorangetrieben werden müßten. Wenn sich die Parteien auch nicht einigen können, wie es am schnellsten zu bewerkstelligen sei, so rüsten sie sich doch zu jedem Wahlkampf für den 'Kampf' um soziale Reformen, ein besseres Gesundheitswesen, besseren Mieterschutz und - last not least - den Ausbau des Bildungswesens.
Verhängnisvoll ist dabei allerdings, daß die hessische Landesregierung bei einer Prioritätensetzung unter den anstehenden und dringenden Aufgaben keine den programmatischen Erklärungen entsprechende Planung vorlegt.
Bei allen Strategien, die entwickelt werden, stand bisher das Interesse der Industrie im Vordergrund, einen größeren Ausstoß an fachlich qualifizierten Kräften aus den Universitäten zu bekommen, um einer kurzfristigen Stagnation der Produktion vorzubeugen.
Unter diesem Aspekt der Forderungen der Industrie an das Bildungswesen im spätkapitalistischen System ist die soziale Notlage der Studenten zu sehen: um die wachsende soziale Unsicherheit, die sich besonders in Krisenzeiten an der steigenden Zahl der Arbeitslosen festmachen läßt, zu überwinden, ist der Student gezwungen, sich trotz unsicherer Zukunftsprognosen schnellstmöglich ein fachliches Wissen anzueignen - daß sich evtl. schon kurz nach seinem Eintritt in die Produktionssphäre als unzureichend erweist.
Über den Interessen an einem möglichst großen Ausstoß verwertbarer Fachkräfte werden die Rahmenbedingungen vergessen, unter denen sich die zukünftigen Fachkräfte während ihrer Ausbildung reproduzieren müssen: diejenigen, die sich in der Ausbildung befinden - hier besonders die Studenten - sind dem kapitalistischen System, d.h. der 'freien Marktwirtschaft' ausgesetzt, ohne gleichzeitig zu einer finanziellen Reproduktion in der Lage zu sein, wenn sie nicht ihr Studium um einige Semester verlängern wollen.
Von den Sachzwängen, denen die Studenten ausgeliefert sind, profitieren nicht nur die Vermieter, die die Preissteigerungen auf dem katastrophalen Wohnungsmarkt auf die Mieter abwälzen, sondern auch die Bauindustrie; die Ursache dieser Wohnungsmisere in den Universitätsstädten, in denen dadurch die Tendenz zu einem sozialen Numerus Clausus (NC,d.Vf.) schon angedeutet ist, läßt sich nicht damit beseitigen, daß sich 'beide Seiten' (Opposition und Landesregierung) 'darin einig waren, daß die Gesamtzahl der Wohnheimplätze zwar inzwischen auf 5 400 gestiegen ist, aber noch lange nicht ausreicht' (FAZ vom 26.3.1971) - bei ca. 40 000 Studenten im Lande Hessen, bei denen man durchschnittlich nicht mehr davon ausgehen kann, daß 30% der in der Ausbildung Befindlichen bei ihren Eltern wohnen.
Die Ursache liegt etwas anders: die soziale Misere der Studenten (sei es 1. die unzureichende Krankenversicherung (DSKV,d.Vf.) mit steigenden Beiträgen ohne verbesserte Leistungen, oder 2. die Ausbildungsförderung, die nach dem Entwurf des Ausbildungsförderungsgesetz (BAFöG,d.Vf.) eine Reglementierung der Studenten aufweist, die eindeutig die tonangebenden Wirtschaftsinteressen an einem Bildungssystem mit maximalem Ausstoß bei gerade fachgerechter - aber in keinem Schritt über das Fachgerechte hinausgehender - Ausbildung durchblicken läßt, oder 3. das Ausbildungsförderungsgesetz, das nicht einmal ansatzweise die elternunabhängige Förderung verwirklichen kann, weil die Elternabhängigkeit vielmehr durch nicht kostendeckende Bedarfssätze in gleichem maße aufrechterhalten wird, oder 4. die Studenten dadurch, daß sie am Studienort keinen Wohnpltaz finden, weite Anfahrtswege in teuren öffentlichen Verkehrsmitteln in Kauf nehmen müssen, weil Überlegungen um den Nulltarif als utopisch verdrängt werden) ist ursächlich gegründet in einer sträflichen vernachlässigung der Sozialplanung, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem weiteren Ausbau des Bildungswesen steht - doch anscheinend sind den Planern die gesellschaftspolitischen Konsequenzen dieser Fehlplanung bisher nicht bewußt geworden (und der Nachholbedarf entsprechend auch nicht!), da auch im Haushaltsplan des Landes Hessen für den Doppelhaushalt 1971/1972 sich die Relation der Aufwendungen für Sozialinvestitionen und Bildungsinvestitionen noch nicht zugunsten der Sozialinvestitionen verschoben hat.
Die Finanzierung von 'Hessen 80' ist gesichert (Neue Presse (FNP,d.Vf.), 23.3.1971)! Wie diese Sicherung in Zahlen aussieht, soll kurz verdeutlicht werden: 'für den Bau von allgemeinbildenden Schulen sowie für den weiteren Ausbau der Hochschulen' werden 2 Milliarden bereitgestellt (1971 bis 1974) - geht man von einer Studentenzahl in Hessen von (fiktiven) 60 000 Studenten aus (für 1974) und berechnet die notwendigen Wohnheimplätze, die zur Erreichung der 30% Grenze noch erstellt werden müssen, -
denn durch die hohen Mieten sind die Hausbesitzer sehr bald in der Lage, ihr eingesetztes Kapital umzuschlagen und den späteren Profit als zusätzliche Investition im Bausektor unterzubringen
Unter dem Druck der hohen Mieten versuchen die Studenten auf Wohnheime auszuweichen, weil dort die Mieten noch 'sozial' sind. Von der gesamten Studentenschaft in Frankfurt finden maximal 9% diese Ausweichmöglichkeit in einem Studentenwohnheim (in anderen Universitätsstädten ist es nicht wesentlich besser, die 30% Grenze ist noch nicht einmal in der Planung erreicht). Wie sieht bisher diese Ausweichmöglichkeit aus? Es ist mit einem Platz in einem Wohnheim nur ein Teilproblem der sozialen Lage der Studenten gelöst - und auch nur sehr unbefriedigend, denn damit begibt sich der Student in die massenhafte Isolierung (die ihn ohnehin schon in der Universität umgibt), wo von ihm nichts anderes verlangt wird, als stillschweigend Wissen zu akkumulieren und sich für den fachlich optimalen Ausstoß bereitzustellen.
Erfreulicherweise ist inzwischen die Diskussion um eine neue Wohnform - das Gruppenkonzept - angelaufen, doch kann man sich im Anblick der Jahre dauernden Planung und Ausführung von Wohnheimen nicht der Frage verschließen, wie viele Studentengenerationen noch auf die notwendigen grundlegenden Änderungen der gesamten Sozialplanung als unumgängliche Parallele zur Bildungsplanung warten müssen.
Auch das eingeweihte Projekt in der Ginnheimer Landtsraße legt den Beweis dafür dar, wie schnell die gesamte wirtschaftliche und soziale Lage den durch Fehlplanung verzögerten Ausführungen von Bauten davonläuft.
Angesichts der ca. 400 Bettplätze darf bei dem Neubau der Ginnheimer Landstraße nicht übersehen werden, daß die Planung seit 1966 nur derart stockend durch die Behörden des Landes und des Bundes vorankam, daß z.B. die Zimmergröße immer noch bei unzumutbaren 10 qm liegt (wovon endlich auch die Richtlinien des Deutschen Studentenwerkes abkommen, weil ein derartiges Zimmer dem Studenten das 'Buden'gefühl aufzwingt und die Isolierung nicht beseitigt, wie es mit diesen Heimen konzipiert war, sondern sie im Zweifelsfall immer fördert.).
- So kommt man auf die stattliche Zahl von mindestens 13 600 fehlenden Wohnheimplätzen. Da ca. 400 Wohnheimplätze schon etwa - wie in der Ginnheimer Landstraße - 12 Millionen DM Erstellungskosten erfordern, ist bis 1974 eine Summe von ca. 410 Millionen DM notwendig: momentan sind vielleicht für den studentischen Wohnungsbau nicht einmal 30 Millionen im Landeshaushalt eingeplant (Anm.: grobe Schätzung aufgrund von Gesprächen im Kumi), das sind 120 Millionen in 4 Jahren!
Damit wird sich das Defizit der Sozialplanung nicht linear entwickeln sondern exponential; und der soziale Numerus Clausus rückt beschleunigt näher, seit die Wohnheime der Studenten nicht in das Hochschulbauförderungsgesetz integriert sind.
So werden die Kinder von Arbeitern und Bauern in Zukunft ebensowenig wie bisher eine echte Chancengleichheit in der Ausbildung erhalten, wenn nicht auch vom Hochschulort ausgehend Bildungsplanung und Sozialplanung korrespondierend projiziert und ausgeführt werden.
KEINE UND NICHT AUSREICHENDE SOZIALMASSNAHMEN IM AUSBILDUNGSSEKTOR BLEIBEN WEITERHIN DAS MITTEL ZUR ERHALTUNG DES BILDUNGSPRIVILEGS DER HERRSCHENDEN KLASSE!" =AStA Uni Frankfurt:AStA-Information Nr.4,Frankfurt 1971,S.4f
April 1971: An der Universität Frankfurt gibt die Gruppe Marxistisch-Leninistischer Studenten (MLS) des KAB/ML die Nr.2 ihrer 'Was tun' (vgl. 18.1.1971, Mai 1971) nun als Frankfurter Studentenzeitung heraus. Der Umfang beträgt 22 Seiten DIN A 4, der Preis 30 Pfg., die Verantwortung übernimmt wieder J. Möcks und den Kontakt H. Schmidt.
Enthalten sind u.a. Artikel: - Wer nicht frieren will, zahlt in Zukunft mehr, - 100 Jahre Pariser Kommune, - Rosa Luxemburg, - Der US-Imperialismus wird unterliegen! - Berufsbildungsgesetz - Spaltung der Arbeiterklasse
In "Ein Schritt vorwärts zur Einheit aller Marxisten-Leninisten" wird berichtet von der gemeinsamen Herausgabe des 'Roten Pfeiles' durch verschiedene Studentengruppen, u.a. die MLS:" Ein weiterer Schritt auf dem Wege zu diesem Zusammenschluß ist unser gemeinsames Organ, der Rote Pfeil. Er wird in Zukunft statt unseres Frankfurter WAS TUN als Organ der MLS und anderer kommunistischer Hochschulgruppen in der Bundesrepublik erscheinen. Der ROTE PFEIL wird es uns möglich machen, unsere Erfahrungen umfassender und gründlicher als bisher zu verallgemeinern, sie überall zu verbreiten, damit die Kämpfe der einzelnen Hochschulgruppen aus ihrer Isolation herauszuheben und der Front der Bourgeoisie auch an der Hochschule eine einheitliche Front der Kommunisten entgegenzustellen.
VORWÄRTS MIT DEM ROTEN PFEIL ZUR EINHEIT DER KOMMUNISTISCHEN INTELLEKTUELLEN!" Die 'Was tun' erscheint nun zwar nicht mehr, dafür aber eine 'ML Hochschulpresse' (vgl. Mai 1971).
In "SHB - Ein sozialdemokratischer Studentenbund" heißt es:" Ende März beschloß der Bundesvorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), sich vom Sozialdemokratischen Hochschulbund zu trennen. Viele Kommillitonen sehen darin eine Bestätigung der richtigen, der linken Politik des SHB. Schauen wir uns die Entwicklung der letzten Jahre an den Hochschulen an: UNSERE LAGE VERSCHLECHTERT SICH! Wie in den letzten Nummern des 'Roten Pfeil' und in 'Was tun' Nr.1 ausführlich dargelegt wurde, verschlechtert sich die Lage der studierenden Intelligenz seit Mitte der sechziger Jahre zusehends: - der Numerus Clausus trifft in zunehmendem Maße Studienbewerber (allein in Frankfurt fielen ihm laut Uni-Präsident Kantzenbach in diesem Sommersemester 5 000 Studienbewerber zum Opfer); ... DIE ABWEHRFRONT DER STUDENTEN WIRD GESPALTEN! Gegen diese Erscheinungen der Offensive der Bourgeoisie richtete sich an den Hochschulen die Studentenbewegung. Durch diesen Kampf wurde die Bourgeoisie zwar nicht ernsthaft gefährdet, sie begriff jedoch, daß sie bei der Durchführung ihre Pläne auf Schwierigkeiten stoßen mußte. An der Hochschule waren die Hochschullehrer, die, angewiesen auf Forschungsaufträge und finanzielle Unterstützung, stets eine Stütze der Bourgeoisie gewesen waren, auch jetzt noch deren willfährigste Interessenvertreter. Doch jetzt mußte die Bourgeoisie versuchen, wieder verstärkt ihre Agenturen in der Studentenschaft einzurichten, um die studierende Intelligenz zu spalten. So unterstützte sie zunächst großzügig die reaktionären Studentengruppen, wie in Frankfurt das ADS (Aktionskomitee Demokratischer Studenten,d.Vf.), finanziell sehr großzügig. Diese konnten aber über längere Zeit keinen Einfluß auf die Studenten gewinnen. Ihr offen reaktionäres Auftreten, ihre Bestechlichkeit stießen die meisten Studenten sehr schnell wieder ab (...). In dieser Situation traten neue Gruppen auf den Plan: SHB und Spartakus/AMS. Sie übernahmen die Sprache der 'antiautoritären Bewegung' und bezeichneten sich selber als fortschrittlich und links. Es gelang ihnen, einen großen Teil der Asten und den VDS aus den Händen der zum größten Teil chaotisierten SDS- Nachfolgeorganisationen zu übernehmen. Der SHB ging in Frankfurt zu diesem Zwecke eine Koalition mit dem offen reaktionären ADS ein.
DER MITBESTIMMUNGSBETRUG DER BOURGEOISIE!
Die studierende Intelligenz ist in der jetzigen Lage gezwungen, gegen die Dequalifizierung ihrer Ausbildung, gegen den Abbau demokratischer Rechte, gegen die Verschlechterung ihrer sozialen Lage einen gewerkschaftlichen Abwehrkampf zu führen. Für jede politische Gruppe an der Hochschule, die ihre Politik konsequent an den Interessen der Studenten ausrichtet, müßte die Führung dieses Kampfes die vornehmlichste Aufgabe sein. Die Frage ist nun, wie dieser Kampf zu führen ist. Dazu müssen wir uns zunächst die Taktik der Bourgeoisie und ihres politischen Vertreters, der SPD/FDP-Regierung, ansehen. Mit welcher Methode wird der Angriff auf die Interessen der Studenten geführt? Die Methode ist der politische Betrug." Dies wird festgemacht am Regierungsentwurf zum HRG (vgl. Dez. 1970). Fortgefahren wird:" MITBESTIMMUNG: BEFRIEDUNG DER UNI!
Was tut nun der SHB? Wie kämpft er gegen den Mitbestimmungsbetrug? Man höre und staune: Seine Parole heißt - in schöner Übereinstimmung mit den rechten Gewerkschaftsführern vom Schlage Leber, Brenner, Vetter und Co. - Mitbestimmung. Dem Mitbestimmungsbetrug der Bourgeoisie setzt er also die Forderung nach Mitbestimmung entgegen. Sehen wir uns an, warum er das tut". Nun folgt ein Auszug aus einem Text des AStA der Uni Frankfurt (vgl. 24.6.1970), in dem der SHB Mitbestimmung als Voraussetzung zur Effizienzsteigerung der Uni erklärt. Hierzu meint die MLS:" Im Klartext heißt das: Mitbestimmung soll dazu dienen, den Hochschulbetrieb effizienter, d.h. reibungsloser zu machen. Die bestehenden Widersprüche sollen mit ihren Hilfe gemildert werden. So nimmt es auch nicht Wunder, daß der SHB besonders lautstark gegen das Quorum Stellung bezieht und sich damit völlig im Einklang mit der Westdeutschen Rektoren-Konferenz (WRK,d.Vf.) findet: 'Die Westdeutsche Rektorenkonferenz hat sich mehrheitlich gegen das im Paragraphen 16 Abs. 2 vorgesehene Quorum ausgesprochen, weil dieses Quorum der Befriedungsfunktion, die eine einmal in der Hochschulverfassung festgelegte Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane hat, nicht gerecht wird.' (Stellungnahme der WRK zum HRG)
DIE STUDENTEN WERDEN GETÄUSCHT!
Halt, werden viele Studenten rufen, der SHB kämpft gegen das Quorum und vertritt unsere Interessen in allen Gremien, ihr aber greift ihn deswegen an. Sagte denn nicht schon Lenin, daß man sich an den bürgerlichen Parlamenten beteiligen sollte? Ja, aber nur mit einem Ziel: den Betrug, der dort getrieben wird, aufzudecken. Daher werden Kommunisten in jedem Kampfabschnitt von neuem entscheiden müssen, was günstiger ist, hineingehen oder boykottieren." Der SHB oder doch zumindest seine Fraktion im Frankfurter Uni-AStA (vgl. Jan. 1971) aber wolle in den Gremien die Machtfrage stellen:" Die Machtfrage stellte der SHB bei der Präsidentenwahl. Die Alternativen waren klar: '... Hartwich und Kantzenbach sind beide noch relativ jung, gehörten beide noch vor kurzem zum Mittelbau, sind beide aber auch gestandene Leute, sind beide Sozialdemokraten, sind beide in ihren Auffassungen nicht meilenweit voneinander entfernt.' (Frankfurter Rundschau 15.1.1971) Wer in solchen Fragen die 'Machtfrage' stellt, baut Nebenfronten auf, täuscht die Studenten.
DER MITBESTIMMUNGSBETRUG DES SHB!
Der SHB fällt also nicht nur auf die Betrugspolitik der SPD/FDP-Regierung herein, er selbst trägt zu diesem betrug noch tüchtig bei. - Er stärkt die Illusion, die Studenten könnten ihre Interessen in Mitbestimmungsgremien durchsetzen. Tatsächlich dient die Mitbestimmung jedoch der Befriedung der Hochschule, d.h. der Zurückdrängung studentischer Interessen. - Er versucht damit, die Studenten von einer organisierten und konsequenten Wahrnehmung ihrer Interessen, vom gewerkschaftlichen Kampf, abzulenken. - Er macht den Studenten weis, durch die Mitbestimmung könne in vielen Fragen die 'Machtfrage' gestellt werden, man könne die Bourgeoisie also zum Hintertürchen hinausdrängen. Mitbestimmung für die breiten Volksmassen kann es im Kapitalismus aber nicht geben, denn da bestimmt die Bourgeoisie was geschieht. Das Volk kann dem nur zustimmen oder muß offen dagegen kämpfen. Wer, wie der SHB während seiner Mitbestimmungswoche vom 25.1. - 4.2.1971, 'gewerkschaftlichen für Mitbestimmung' proklamiert, versucht davon abzulenken, versucht uns weiszumachen, daß es zwischen der Diktatur der Bourgeoisie und dem Sozialismus ein Mittelding, einen dritten Weg gibt. Der SHB kämpft nicht für, sondern gegen die Interessen der Studenten. Er erweist sich als guter Sachverwalter der Interessen der Bourgeoisie an der Hochschule. So nimmt es nicht wunder, daß die Bilanz seiner anderthalbjährigen AStA- Tätigkeit so aussieht, daß er sich sage und schreibe zweimal für studentische Belange einsetzte: - er setzte sich für die Abschaffung der Institutsbeiträge ein; - er startete gegen die Mensamisere eine Teppichmensa-Aktion. Das war alles.
DER ANTIIMPERIALISTISCHE KAMPF!
Manch einer wird vielleicht einwenden, der SHB nehme immerhin am anti- imperialistischen Kampf teil. Er wird auf die anti-imperialistischen Flugblätter und die AStA-Info 3/71 (vgl. 11.2.1971,d.Vf.) hinweisen. Sie verdienen es, angeschaut zu werden. Imperialismus bedeutet für unsere sozialdemokratischen Freudne Ereignisse im Dschungel, hervorgerufen durch eine sich auf 'zunehmend faschisierte Mittelschichten' stützende Nixon-Clique. Sehen wir uns dazu den großaufgemachten Artikel 'Hände weg von Laos' in AStA-Info 3/71 an: ... Drei Sätze das ist alles! Flugblätter zu diesem Thema liegen grundsätzlich auf der gleichen Ebene. Wie stellt sich in diesen anti-imperialistischen Bekundungen des SHB die Politik der sozialdemokratischen Bundesregierung dar? 'Es wird immer deutlicher, daß die sozial-liberale Koalition in Bonn nicht bereit ist, eindeutig Front gegen reaktionäre und faschistische Kräfte auf innen- und außenpolitischem Gebiet zu machen... Konkret deutlich wird diese rechtsopportunistische Haltung der Bonner Reformregierung bei der Ausweisung von Kathleen Cleaver... Demonstriert gegen die Ausweisung, gegen das Ausländergesetz, gegen die Innen- und Außenpolitik der Nixon-Clique und gegen die rechtsopportunistische Politik der Bundesregierung.' Das heißt also, diese Bundesregierung, die mit den Mitteln des Betrugs die Lage der westdeutschen Bevölkerung ständig verschlechtert und im Moment der beste Statthalter des westdeutschen Imperialismus ist, die den Bürgerkreig im Inneren und die Aggression nach außen vorbereiten hilft, dieses aktive Werkzeug der Bourgeoisie ist gar kein Werkzeug dieses westdeutschen Imperialismus, sondern macht lediglich einen Fehler: sie ist opportunistisch nach rechts!
DAS SCHWEDISCHE VORBILD
Merkt der SHB nicht, daß er sich da gründlich irrt? Doch, er merkt es". Es folgen nun Zitate aus der 'AStA Information' an der Uni Frankfurt Nr.1 (vgl. Jan. 1971) zum Cabora Bassa Staudamm in Mosambik, u.a. ein Brief der Cabora Bassa Gruppe Frankfurt an den Bundeskanzler. Dazu wird gesagt:" Was bedeutet es, wenn solche Briefe geschrieben werden? Die SPD/FDP- Regierung, unter der der westdeutsche Imperialismus nach außen und innen seinen raschesten Aufschwung nahm, die durch Betriebsverfassungsgesetz, Berufsbildungsgesetz, Hochschulrahmengesetz etc. den Werktätigen wie der studierenden Intelligenz demokratische Rechte raubt, die durch Steuervorauszahlungen, Lohnleitlinien, Einschränkungen des sozialen Wohnungsbaus und Verschlechetrung der Krankenversorgung die soziale Lage Lage weiter Teile des Volkes verschlechtert, diese imperialistische, antidemokratische und sozialreaktionäre Regierung wird zur 'demokratischen Kraft' aufgewertet. Ihr wird empfohlen, nach dem Beispiel der schwedischen Sozialdemokraten ihre imperialistische Politik besser zu tarnen und sich von den gröbsten Auswüchsen und Verbrechen des Imperialismus zu distanzieren. Rein moralische Entrüstung über imperialistische Verbrechen ohne die Zusammenhänge aufzuzeigen, kann nur dazu dienen, den Lakaien der Imperialisten zu helfen, versteckter vorzugehen, besser zu betrügen.
NICHT DER KAPITALISMUS, SONDERN DAS RECHTSKARTELL MUSS BEKÄMPFT WERDEN!
Es nimmt nicht wunder, daß der SHB im Inneren nur gegen das 'Rechtskartell' vorgeht. Nicht, daß der Kampf gegen Ultrarechte und Faschisten jetzt nicht geführt werden müte, aber das ist eben nur eine Seite. Die andere Seite ist der Kampf gegen den momentanen Hauptfeind, gegen die Betrugspolitik der Sozialdemokratie. Wie wir bereits gesehen haben, kämpfen die SHBler nicht gegen den Imperialismus, sondern nur gegen dessen offensichtlichste Verbrechen. So verwundert es auch nicht, daß unsere sozialdemokratischen Studenten auch nicht gegen das kapitalistische Ausbeutersystem kämpfen wollen, sondern halt nur gegen das 'Rechtskartell'.
SHB: AGENTUR DER SOZIALDEMOKRATIE AN DER HOCHSCHULE
Es überrascht uns jetzt nicht mehr, wenn der SHB wiederholt beteuert, er stehe auf dem Boden des Grundgesetzes, jenes Grundgesetzes, das die Notstandsgesetze enthält, gegen die unsere SHB-Freunde einst so mächtig vom Leder zogen. Aber jetzt ist ja Gras über die Sache gewachsen, die Kämpfe gegen die Notstandsgesetze sind fast vergessen, jetzt kann man sagen, wie man zu ihnen steht.
Wir können die Politik dieser pseudolinken Gruppe kurz zusammenfassen: Betrug an den Studenten, um die eigene Karriere voranzutreiben. Das geben die SHB-Mitglieder selber zu, wie folgende Aussagen beweisen: 'Die meisten von den Alten, vor allem Conny Schacht und Schindler, sind nur auf ihre Parteikarriere aus, aber wir haben jetzt viele Neue' oder 'Du wirst sehen, bald bekommen Karrieristen wie Conny Schacht und Streeck keine Posten mehr in der Studentenschaft' (Dullinger und Zimmermann, SHB).
Kampf gegen die Betrugspolitik der Sozialdemokratischen Partei heißt, Kampf gegen die Agenten der Sozialdemokratie in der Studentenschaft, heißt Kampf gegen den Sozialdemokratischen Hochschulbund." Als letztes Zitat wird eine Zeitungsmeldung über die Erklärung des SHB- Bundeszentralrates abgedruckt (vgl. 1.4.1971).
In "Selbstkritik" heißt es:" Im Roten Pfeil Nr.13 (vgl. Feb. 1971,d.Vf.), Organ kommunistischer Hochschulgruppen, erschien ein Korrespondentenbericht der MLS unter der Überschrift 'Abfuhr für die Sektierer'.
Dank der Kritik von Sympathisanten und fortschrittlichen Studenten konnten wir unsere Fehler in diesem Bericht erkennen. Die Darstellung bediente sich einer schematischen Sprache, zeichnete sich durch euphorische Grundhaltung aus und versäumte es, auf unsere Schwierigkeiten hinzuweisen. Die tatsächlichen Erfolge beim Aufbau des ZAF (Zentraler Aktionsrat der Fachschaften,d.Vf.) und im ideologisch-politischen Kampf gegen die Sektierer gerieten daher in ein schiefes Licht. Durch die ideologische Auseinandersetzung in der Gruppe waren wir in der Lage, die Wurzel des Fehlers, nämlich Subjektivismus, zu bestimmen und zu bekämpfen.
Kommillitonen, Genossen! Um die korrekte marxistisch-leninistische Politik zu entfalten, sind wir ständig auf die breite Kritik unserer Arbeit angewiesen. Der Prozeß von Kritik und Selbstkritik ist unsere Waffe, politische Fehler in Erfolge zu verwandeln."
In "Marxistisch-leninistische Politik an der Hochschule - MLS" heißt es:" Wie sieht die Arbeit der MLS an der Hochschule aus?
Die Gruppe marxistisch-leninistischer Studenten geht bei ihrer Hochschularbeit vom Prinzip der Massenlinie aus (Von den Massen lernen, das Erlernte systematisieren und wieder propagieren). Das heißt: Wir müssen die Widersprüche in unserem Bereich, der Hochschule, genau untersuchen und unsere Politik aufgrund der Untersuchungsergebnisse im Rahmen einer gesamtgesellschaftlichen kommunistischen Taktik betreiben. Wir dürfen weder Widersprüche aus anderen Bereichen hierher übertragen, wie es die Revisionisten im Spartakus (AMS Spartakus der DKP,d.Vf.) tun, noch uns irgendwelche neuen ausdenken wie einige Sektierer im KSB (KSB/ML der KPD/ML- ZK,d.Vf.). In beiden Fällen hätten diese Widersprüche nur in unserer Einbildung Bedeutung aber keinesfalls in der Wirklichkeit.
Wirklich marxistisch-leninistische Politik ist auch an der Hochschule nur unter der Anleitung einer proletarischen Organisation (langfristig unter Anleitung der proletarischen Partei) möglich.
Der Kommunistische Arbeiterbund (Marxisten-Leninisten) (KAB/ML,d.Vf.) und die Genossen in der KPD/ML um den REVOLUTIONÄREN WEG (KPD/ML-RW,d.Vf.) bauen die Kommunistische Partei in der korrekten Weise nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus auf. Die MLS und die anderen kommunistischen Hochschulgruppen, die sich um den ROTEN PFEIL gesammelt haben, werden von ihnen angeleitet.
Marxistisch-leninistische Hochschulpolitik dient der Vorbereitung des Bündnisses von Arbeiterklasse und fortschrittlicher Intelligenz. Wir müssen den Studenten zeigen, daß ihre Interessen nicht darin liegen, die Unterdrückungs- und Ausbeutungsmethoden der Bourgeoisie immer mehr zu verbessern, sondern darin, an der Seite des Proletariats den Kampf für Frieden, Demokratie und Sozialismus aufzunehmen.
Diese Interessenlage konnte für die Mehrzahl der Studenten erst nach der letzten und bisher schwersten Krise des westdeutschen Imperialismus (1966/67) richtig sichtbar werden. Von diesem Zeitpunkt an ist die Bourgeoisie darangegangen, auch ihre bisherigen 'Lieblinge', die Intelligenz, in immer stärkeren Maße zu entrechten und ihre soziale Lage zu verschlechtern. Wir werden deshalb unermüdlich die Angriffe des Kapitals auf die demokratischen Rechte und sozialen Interessen der Studenten aufzeigen. Weil diese Interessen ihrem Wesen nach antikapitalistisch sind, werden wir sie verteidigen. Es ist deshalb ein wesentlicher Teil unserer Arbeit, den ZENTRALEN AKTIONSRAT DER FACHSCHAFTEN (ZAF) zu unterstützen. Die Bourgeoisie ist der Feind des werktätigen Volkes. Die Studenten haben an ihrer Seite nichts zu gewinnen. Die Interessen der Studenten und aller fortschrittlichen Intellektuellen liegen darin, als Bündnispartner an der Seite und unter der Führung des Proletariats gegen die bürgerliche Diktatur, für die proletarische Demokratie zu kämpfen.
FÜR DAS BÜNDNIS VON ARBEITERKLASSE UND FORTSCHRITTLICHER INTELLIGENZ!"
In "BAUEN WIR DEN ZAF WEITER AUF!" heißt es:" Wie wir schon in WAS TUN Nr.1 berichteten, wurde am 18.1.1971 von Fachschaftsvertretern und fortschrittlichen Studenten aus allen Bereichen der Zentrale Aktionsrat der Fachschaften (ZAF) an der Naturwissenschaftlichen Fakultät gegründet.
Die Zusammenfassung aller fortschrittlichen Kräfte im ZAF zu einer wirksamen Interessenvertretung der Studenten war notwendig, da die Zersplitterung der Fachschaften eine wirkungsvolle und kontinuierliche Arbeit nicht ermöglichte. Diese ist aber gegen die massierten Angriffe der Bourgeoisie heute nötiger denn je. Aus den Perspektiven, die sich aus der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung der BRD für die Studenten ergeben, entstehen die gewerkschaftlichen Forderungen: - Kampf dem antidemokratischen Hochschulrahmengesetz! - Gegen soziale Demontage! - Kampf der Dequalifizierung der Ausbildung! - Für eine starke Interessenvertretung der Studenten!
Mit diesen Forderungen stellten sich die Kandidaten des ZAF zur Wahl der Fachschaftsvertretungen. Ihr Erfolg bei den Fachschaftsvollversammlungen in Mathematik (vgl. 22.1.1971,d.Vf.), Chemie (vgl. 26.1.1971,d.Vf.), Physik (vgl. 19.1.1971,d.Vf.) und Biologie (vgl. Feb. 1971) beweist, daß die Studenten ihre berechtigten Interessen durch dieses Aktionsprogramm vertreten sehen.
Auch die MLS unterstützt den gewerkschaftlichen Kampf des ZAF, weil sie ihn als einen Teil des Kampfes gegen den Reformschwindel der sozialreaktionären SPD/FDP-Regierung versteht, der von allen Teilen der werktätigen Bevölkerung unter Anleitung des KAB(ML) und der proletarischen Linie in der KPD(ML) geführt wird.
Das ZAF-Plenum richtete Aktionsgruppen ein, die sich einerseits mit der speziellen Betrugspolitik der Bourgeoisie an der Universität beschäftigten (Gruppe HRG, HHG, HUG; Gruppe Berufssituation), andererseits den gewerkschaftlichen Kampf gegen die Verschlechterung der Studienbedingungen führen (Gruppen: Teilnahmescheine, Kapazitätenschwindel, Forschung und Lehre).
Durch Paragraph 20 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) kann die selbstverfaßte Studentenschaft (wie Fachschaften und AStA) zerschlagen werden. Das 'Mitspracherecht' in universitären Gremien soll den Kampf zur Durchsetzung studentischer Interessen ersetzen! Wie unsere Interessen in solchen Gremien 'vertreten' werden können haben die Erfahrungen der letzten Jahre in Fakultät und Sektion gezeigt. Deshalb müssen die Fachschaften und Asten als Interessenvertretung der Studenten erhalten bleiben, sich vereinigen und gestärkt werden. Gleichzeitig müssen wir mit dem Aufbau einer unabhängigen Studentengewerkschaft beginnen.
Kontakte mit den anderen gewerkschaftlichen Organisationen im süddeutschen Raum sind aufgenommen, um auch im nationalen Rahmen ein einheitliches Vorgehen zu ermöglichen.
ARBEITET IM ZAF MIT! NEHMT EURE INTERESSEN WAHR!"
In der Rubrik "Aus Instituten und Fachschaften" wird berichtet aus der Abteilung für Erziehungswissenschaften (AfE) und dem Fachbereich Chemie. Zur Chemie heißt es:" In den letzten Wochen des Wintersemesters erfuhren die Studenten, die das anorganische Grundpraktikum beendet hatten, daß etwa ein Drittel von ihnen keinen Arbeitsplatz im organischen Praktikum erhalten wird. Daraufhin wurde eine Praktikantenversammlung einberufen. Die Institutsleitung - die Fachschaft und der ZAF hatten sich inzwischen eingeschaltet - schlug dort als Kompromiß vor, daß diejenigen, die jetzt ins 4. Semester kommen und keinen Arbeitsplatz im organischen Praktikum erhalten, dafür das physiko-chemische vorziehen können. Sie müssen aber in den Semesterferien einen einmonatigen, ganztägigen Kurs in Physikalischer Chemie absolvieren.
War es nun wirklich nicht möglich alle, wie es von den Praktikanten gefordert wurde, ins organische Praktikum aufzunehmen? DOCH! 1. Die Institutsleitung gab vor, nicht genau zu wissen, wieviel am anorganischen Praktikum teilgenommen hatten. Drei Tage vor Semesterschluß konnte von ihr nicht angegeben werden, wieviele Plätze im organischen Praktikum fehlen! 2. Über die Anzahl der im organischen Institut vorhandenen Praktikantenplätze und deren Verwendung wurden keine genauen Angaben gemacht.
Sehen wir uns die Fakten an: 1. Im WS 1969/70 begannen nur 28 Studenten, im SS 1970 gar nur 9 das Chemiestudium in Frankfurt, das sind die niedrigsten Zahlen der letzten 10 Jahre. (Es bewarben sich zwar viermal soviel Studenten wie Plätze vorhanden waren, aufgenommen wurden am Ende jedoch nur halbsoviel.) Für gerade den zahlenmäßig schwächsten Jahrgang reichten also nach Prof. Quinckert die Praktikumsplätze im organischen Institut nicht aus.
2. Im September 1970 wurde der Neubau der Sofortchemie in Sachsenhausen in Betrieb genommen. Die Arbeitskreise von Prof. Bock und Prof. Quinckert sowie das Institut für Biochemie und das Institut für physikalische Biochemie bezogen den Neubau. Schon früher waren dem chemischen Institut Meßräume im Neubau Mathematik-Physik zur Verfügung gestellt worden. Man müßte also annehmen, daß, nachdem ein großer Teil der Forschung ausgelagert worden ist, für die Praktika mehr Raum zur Verfügung steht. Das Gegenteil ist der Fall. Zwar wurde ein kleiner Saal (VIIIa), bisher Biochemie, für Praktikumszwecke freigegeben, doch wurde gleichzeitig in den Säle (III, IV, VIIIb) die Aufteilung der Boxen geändert. Bisher arbeiteten in einer Box 4 Praktikanten, jetzt sind es 2 Praktikanten und ein Diplomand oder Doktorand. Während sich die Forschung auf Kosten der Ausbildung ausbreitet, stehen Laborplätze leer - z.B. das Rondell mit Nebenräumen. Im anorganischen Institut sieht es ähnlich aus: Labore im Anbau stehen leer; außerdem wird jetzt auch hier umgebaut, aus 118 Praktikantenplätzen werden 102 gemacht, d.h. der numerus clausus wird trotz Neubauten, trotz Sofortprogramm verschärft. Was sehen wir daraus? Wir, die Studenten, werden betrogen. Wir werden diesen Betrug aufdecken, wir werden unsere Anstrengungen beim Aufbau einer gewerkschaftlichen Studentenorganisation verdoppeln."
Zur AFE heißt es:" Der Angriff der Bourgeoisie auf die Studenten wird gerade an der AfE immer deutlicher: Die Räumlichkeiten genügen keinesfalls mehr den gestiegenen Bedürfnissen, im Deutsch-Seminar besteht sogar Einsturzgefahr. Für die Uni-Bürokratie ist die Konsequenz daraus aber nicht die beschleunigte Fertigstellung des AfE-Turmes, sondern Präsident Kantzenbach läßt verlautbaren, man müssen an der AfE wegen Einsturzgefahr der Gebäude die Einführung des Numerus Clausus in bestimmten Fächern in Erwägung ziehen. Aber nicht nur Räumlichkeiten fehlen, sondern auch Dozenten. Es ist allgemein bekannt, daß in der BRD ein Mangel an Mathematiklehrern besteht. Trotzdem müssen sich hier in Frankfurt bis zu 200 Studenten in die mathematischen Veranstaltungen drängen. Außerdem muß man sich in einigen Fächern Wochen oder gar Monate vor Beginn der Veranstaltungen anmelden, da sonst kein Studienplatz mehr zu haben ist! Hat die AfE-Fachschaft, die MEHRHEITLICH aus Mitgliedern des KSB/ML (der KPD/ ML-ZK,d.Vf.) besteht, etwas gegen diese Mißstände unternommen? Mitnichten! Die KSB-Genossen waren zu sehr damit beschäftigt, sich mit der Bourgeoisie auf dem Gebiet des theoretischen Kampfes zu messen, nach dem Motto: 'Die Bourgeoisie hat Angst vor der Wahrheit' (Überschrift eines Flugblattes).
Die Fachschaft hielt es auch nicht für nötig, eine Studienberatung durchzuführen. Eine Nachfrage beim Arbeitsamt Frankfurt ergab, daß über 70% der Studienanfänger, die sich dort beraten lassen wollten, von der AfE kamne und sehr empört auf die Vernachlässigung ihrer Interessen reagierten.
Angesichts der immer frecher werdenden Angriffe der Bourgeoisie müssen wir endlich wieder eine Fachschaft haben, die konsequent die gewerkschaftlichen Interessen der Studenten vertritt, eine Fachschaft, die den Kampf gegen den Abbau demokratischer Rechte und gegen soziale Demontage aufnimmt.
Illusionisten und Pseudotheoretiker können wir uns in dieser Situation nicht mehr leisten! Unsere Parole muß deshalb heißen: Für eine starke Interessenvertretung auf breiter Basis!" =Was tun Nr.2,Frankfurt Apr. 1971
14.04.1971: Im Studentenparlament (SP) der Uni Frankfurt wird Eberhard Zimmermann (SHB) zum neuen 1. Vorsitzenden des AStA (vgl. 23.3.1971) gewählt. =AStA Uni Frankfurt:AStA-Information Nr.4,Frankfurt 1971,S.5
15.04.1971: Der AStA der Uni Frankfurt gibt vermutlich heute seine 'AStA Information' Nr.4 (vgl. **.*.1971, 24.5.1971) mit 12 Seiten DIN A 4 in einer Auflage von 10 000 unter Redaktion von Walter Sedlmayer heraus. Auf der Titelseite heißt es:" Auf dem Weg von der Ordinarienuniversität zur technokratischen Hochschulreform:
DIE FACHBEREICHE
Eine der bedeutendsten Strukturveränderungen, die sich an der Frankfurter Universität gegenwärtig mit der schrittweisen Verwirklichung des Hessischen Universitätsgesetzes (HUG,d.Vf.) vollzieht, ist die Ablösung der alten Ordinarienuniversität durch technokratisch organisierte Ausbildungs- und Forschungseinheiten.
DIE TECHNOKRATISCHE HOCHSCHULREFORM - RESULTAT VERÄNDERTER GESELLSCHAFTLICHER BEDINGUNGEN."
Dem selben Thema widmet sich der Artikel des neuen 1. AStA-Vorsitzenden (vgl. 14.4.1971) Eberhard Zimmermann (SHB):" DIE FACHBEREICHE
ORGANISATIONSFORM MIT DER MÖGLICHKEIT DEMOKRATISCHER MITBESTIMMUNG
Der wissenschaftlich-technische Fortschritt wird zur entscheidenden Voraussetzung des wirtschaftlichen Wachstums im Spätkapitalismus. Wissenschaftliche Erkenntnisse beschleunigen den Transformationsprozeß in der Produktionstechnik mit dem Ziel der kontinuierlichen Erhöhung der Mehrwertsrate als ökonomische Grundlage für eine längerfristige, dynamische Quasi-Stabilität der kapitalistischen Produktionsweise. Die Großkonzerne sind nicht in der Lage, die notwendigen finanziellen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung aus eigenen Ressourcen tragen zu können. Hieraus leitet sich die Tendenz zur öffentlichen Finanzierung der privaten Kapitalverwertung bzw. zur Sozialisierung der Forschungs- und Entwicklungskosten zu Lasten der Öffentlichen Hand bei Weiterbestehen privater Gewinne ab. Darüberhinaus bestimmen die Monopole zunehmend die Forschungsziele der öffentlichen Lehr- und Forschungsinstitutionen.
Nach wie vor dienen die Hochschulen außerdem als Ersatz und Rekrutierungsreservoir für die unmittelbare Industrieforschung. Allerdings fordert der forcierte technische Fortschritt eine kontinuierliche Anpassung der Qualifikationsmerkmale und Ausbildungsvoraussetzungen derer, die ihn hervorbringen und handhaben müssen. Die von den Bedingungen des kapitalistischen Kapitalverwertungs- und Wachstumsprozesses erzwungene technische Innovationsrate schlägt damit direkt auf die Struktur und die Inhalte des Erziehungs- und Ausbildungssystems durch. Die traditionelle Ordinarienuniversität mit ihrem Autonomieanspruch und den feudalen Ordinarienprivilegien war nicht mehr in der Lage, den Anforderungen zu genügen, die sich aus der Notwendigkeit einer weitgehenden Ausschöpfung der Bildungsreserven ergeben.
Die in allen BUndesländern anlaufende technokratische Reformbewegung ist die herrschafts-immanente Konsequenz aus dem Widerspruch zwischen den veränderten 'Umweltbedingungen' und dem 'veralteten Bildungssystem'.
NACH DER KONSTITUIERUNG DES KONVENTS, DER STÄNDIGEN AUSSCHÜSSE UND NACH DER WAHL DES PRÄSIDENTEN ALS ZENTRALE ORGANE DER UNIVERSITÄT SIND DIE ERRICHTUNG DER FACHBEREICHE UND DIE IM KOMMENDEN SEMESTER DURCHZUFÜHRENDEN WAHLEN ZU DEN FACHBEREICHSKONFERENZEN (FBK,d.Vf.) DIE NÄCHSTEN WICHTIGSTEN ETAPPEN DER VERWIRKLICHUNG DES HUG.
DER FACHBEREICH
ORGANISATORISCHE GRUNDEINHEIT FÄR FORSCHUNG UND LEHRE
Das Universitätsgesetz definiert den Fachbereich als die 'organisatorische Grundeinheit für Forschung und Lehre'. Die Fachbereiche sind insbesondere zuständig für: Abstimmung der Lehr- und Forschungsprogramme, Festlegung der sachlichen und personellen Mittel, Verteilung und Übernahme von Lehrveranstaltungen, Studienberatung, Studienordnung und Prüfungsämter, Promotionen, Habilitationen, akademische Grade und Berufungen.
ORGANE DES FACHBEREICHS - ZUSAMMENSETZUNG
Organe des Fachbereichs sind der Dekan und die Fachbereichskonferenz (FBK,d.Vf.)
'DER DEKAN wird aus dem Kreis der Professoren von der Fachbereichskonferenz für mindestens ein Jahr gewählt. Er ist Vorsitzender der Fachbereichskonferenz, bereitet ihre Beschlüsse vor und führt sie aus.' (Paragraph 23, 2 HUG)
'DIE FACHBEREICHSKONFERENZ (Paragraph 24 HUG)
Die Fachbereichskonferenz entscheidet in allen Angelegenheiten ihres Fachbereichs... Sie besteht aus allen Professoren des Fachbereichs, die nicht beurlaubt sind, aus Vertretern der Dozenten, der Studenten und der wissenschaftlich Bediensteten im Verhältnis 5:1:3:1 sowie aus einem Vertreter der weiteren Bediensteten.'
Ist es zunächst einmal nicht legitimierbar, weshalb die Professoren in der Zusammensetzung der Fachbereichskonferenz gegenüber allen anderen Gruppen überrepräsentiert sind, so ist völlig unverständlich, daß die Professoren als einzige Gruppe vollständig qua Amt Mitglieder der Fachbereichskonferenz sind. Diese Bestimmung sagt wohl aus, daß, wer erst einmal Professor ist, sich nicht mehr in einem demokratischen Wahlakt legitimieren braucht. Ist ein Professor Mitglied in mehreren Fachbereichen, so kann er auch in jeder Fachbereichskonferenz Mitglied sein, während Studenten nur in einem Fachbereich passiv wählbar sind. Zum Schreckensbild des Professors, der - getreu dem Leitsatz des 'Bundes Freiheit der Wissenschaften' (BFdW,d.Vf.): 'Tut endlich etwas Tapferes' - von Fachbereich zu Fachbereich reist, um dort mit seiner Stimme progressive Ansätze abzublocken, ist es dann nicht mehr weit. Diesem Weiterbestehen des alten ORDNINARIENPRINZIPS müssen wir entschieden entgegentreten.
Da nun alle Professoren Mitglieder der Fachbereichskonferenz sind, und sich die Repräsentation der anderen Gruppen nach deren Anzahl richtet, ergeben sich weitere Schwierigkeiten, die vom Kultusministerium (KuMi,d.Vf.) erst in der Wahlordnung für die Fachbereiche zu regeln waren:
'Wird das vom Universitätsgesetz vorgesehene Verhältnis der Gruppen in der Fachbereichskonferenz durch Ausscheiden eines Mitgliedes kraft Amtes geändert, ist die Zusammensetzung... in der Weise neu zu bestimmen, daß die Mitgliedschaft der gewählten Vertreter der anderen Gruppen, denen nach dem Wahlergebnis die Plätze zuletzt zugeteilt wurden, solange ruht, bis die Zahl der Mitglieder kraft Amtes die ursprüngliche Höhe wieder erreicht hat.' Im umgekehrten Fall, der Erhöhung der Mitglieder qua Amtes, vollzieht sich eine entsprechende Automatik. Daß wir energisch auf eine Abschaffung dieses Irrsinns drängen müssen, ist wohl klar ersichtlich.
FACHBEREICHSAUSSCHÜSSE (Paragraph 25 HUG)
'Die Fachbereichskonferenz kann zur Beratung von Lehr- und Studienangelegenheiten, Forschungsangelegenheiten und Haushaltsangelegenheiten Fachbereichsausschüsse bilden. Die Fachbereichskonferenz kann den Ausschüssen Entscheidungsbefugnisse übertragen... Die Ausschüsse bestehen aus Professoren, Dozenten, Studenten, wissenschaftlich Bediensteten und weiteren Bediensteten des Fachbereichs, die jeweils von den Vertretern dieser Gruppen in der Fachbereichskonferenz nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden... (besonders interessant dürfte hier die Wahl des einzigen Vertreters der weiteren Bediensteten für oder gegen sich selbst sein,d.Vf.) Die Ausschüsse setzen sich wie folgt zusammen:
1. Ausschuß für Lehr- und Studienangelegenheiten: der Dekan, ein Professor, ein Dozent, drei Studenten.
2. Ausschuß für Forschungsangelegenheiten: der Dekan, zwei Professoren, ein Dozent, ein Student, ein wissenschaftlicher Bediensteter.
3. Ausschuß für Haushaltsangelegenheiten: der Dekan, zwei Professoren, ein Dozent, ein Student, ein wissenschaftlicher und ein weiterer Bediensteter.
Die Satzung des Fachbereichs kann weitere Ausschüsse vorsehen und nähere Regelungen treffen...'
Es kann gesagt werden, daß die Grundstrukturen der Fachbereichsorgane und damit die Entscheidungstrukturen weiterhin undemokratisch sind und wir uns mit dieser Antwort auf unsere Forderungen nicht zufriedenstellen lassen. Trotzdem bieten sie für eine STUDENTISCHE MITARBEIT wesentlich mehr Ansatzpunkte als etwa die alte Fakultät, ohne eine weitere Demokratisierung zu verhindern. So bietet z.B. der Lehr- und Studienausschuß, wenn ihm Entscheidungsbefugnis verliehen wird, durch seine HALBPARITÄT extensive Möglichkeiten, studentische Bedürfnisse in Entscheidungsprozessen umzuzusetzen. Zweifellos sind aber auch die Möglichkeiten an Entscheidungen über Berufungen, Habilitationen, Lehraufträgen, Haushalt etc. teilzunehmen zum Teil deutlich verbessert worden. Negativ ausgedrückt könnte man vielleicht formulieren: Die Möglichkeiten der Information (Auftragsforschung) und der Verhinderung reaktionärer Wünsche (Anträge, Berufungen) sind vergrößert worden. Zum anderen wird bei Studien-, Lehr- und Prüfungsangelegenheiten eine aktive studentische Politik nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt sein. Aufgrund der Zusammensetzung der Fachbereichsgremien ist daher eine aktive studentische Beteiligung nicht nur möglich, sondern - insgesamt gesehen - sogar notwendig und nützlich.
VON DER FAKULTÄT ZUM FACHBEREICH - BEDINGUNG DER TECHNOKRATISCHEN HOCHSCHULREFORM
Es könnte nun vielleicht auf Grund des obene gesagten der Eindruck entstehen, als ob der Staat die Forderung der Studentenbewegung nach Demokratisierung sowie gewisse Essentials der darauffolgenden Diskussion an den Hochschulen aufgegriffen hätte und dieses Gesetz so die Folge einer originär verstandenen Demokratisierungspflicht der Gesellschaft und des Staates sei. Wer aber den Einfluß der Monopole, Konzerne und Großindustrie sowie die Abhängigkeit der Staatsorgane richtig einzuschätzen weiß, wird die Erklärung dieser Fachbereichsstrukturen aus anderen Quellen ableiten müssen. Es wird dann ersichtlich, daß mit dieser Organisation der Fachbereiche die Konsequenz aus der Tatsache gezogen wird, daß die alte Universitätsstruktur nicht mehr den Erfordernissen einer hochorganisierten kapitalistischen Industriegesellschaft entsprach.
Diese Struktur basierte im wesentlichen auf dem Fakultätsprinzip, das sich dadurch auszeichnete, daß sich in ihnen die Verbindung zwischen den Disziplinen - aufgefächert entsprechend den wissenschaftlichen Bezugssystem des 19. Jahrhunderts in Geisteswissenschaften, 'exakte' Wissenschaften und Medizin - in Lehre und Forschung herstellen sollte.
Mit der zunehmenden Spezialisierung und Auffächerung der Wissenschaften (begünstigt durch die weitgehende haushaltsrechtliche Autonomie der ordinarialen Institutsfürsten) wuchs die Zahl der Fakultätsmitglieder zu Lasten der Arbeitseffektivität. Darüber hinaus ging den in den Fakultäten zusammengefaßten Fächern immer die Fähigkeit zur Verständigung verloren und somit erwiesen sich die Fakultäten als Kooperations- und Koordinationszentren der wissenschaftlichen Arbeit als zunehmend disfunktional.
In dem Maße aber, wie wissenschaftlich-technischer Fortschritt zur Hauptbedingung wirtschaftlichen Wachstums wird, muß Wissenschaft weitgehend organisiert und geplant werden. Die Richtung dieser Planung verlagert sich auf die Vergesellschaftung der Kosten von Wissenschaft und Forschung, und zwar im Bereich ihrer Produktion selbst. Notwendige Bedingung ist dabei die enge Kooperation administrativer Instanzen mit den Interessengruppen der Monopole. Dies geschieht vor allem in den zentralen wissenschaftspolitischen Entscheidungs- und Planungsgremien (Wissenschaftsrat (WR,d.Vf.), Bildungsrat (BR,d.Vf.), Bundeshochschulkonferenz (BHK,d.Vf.), Landeshochschulkonferenz (LHK,d.Vf.), Landeskuratorien, etc.), in denen demokratische Mitbestimmung zur Farce degradiert wird.
Dieser Konzeption liegt eine Minimisierung der Reibungsverluste auf höherer Ebene und ein zugestandener 'Spielraum' auf unterer Ebene zugrunde, der eine Voraussetzung für den notwendigen Informationsfluß von unten nach oben liefert. Damit soll dann auch weitgehend die Integration des Wissenschafts- und Ausbildungssektors in den staatsmonopolistischen Reformmechanismus gewährleistet werden.
Nur im Rahmen der oben genannten Funktion kann die Konzeption der Fachbereiche näher bestimmt werden.
Vor diesem Hintergrund besaß der selbstherrliche Ordinarius keinerlei Relevanz mehr. Das Ordinariatsprinzip wurde abgelöst durch die neuen Grundeinheiten von Forschung und Lehre, die Fachbereiche, welche diesem funktionalistischen priznip in verschiedener Weise Rechnung tragen:
1. Organisatorische wie inhaltiche Überschaubarkeit.
2. Effektivierung wissenschaftlicher Arbeit durch Liquidierung des Ordinarienprinzips (Aufhebung der Trennung von wissenschaftlicher Selbstverwaltung und Haushaltskompetenz und zugleich Ablösung persönlicher Abhängigkeitsverhältnisse).
3. Kooperation und Koordination von Forschung und Lehre durch die Zusammenfassung verwandter Disziplinen und die Kompetenzübertragung auf die Fachbereichskonferenz.
4. Verbreiterung des Willensbildungs- und Entscheidnungsprozesses durch Beteiligung von Studenten und nichtakademischen Mitarbeitern.
Diese Ausführungen zeigen, daß die inneren Widersprüche des Systems es zu Änderungen seiner Eigenstruktur zwingt, die selbst wiederum ambivalent sind: Minimisierte Konflikte auf der oberen Ebene für die bessere Kollaboration von staatlichen Instanzen und Kapital werden erkauft, durch nicht von vornherein regulierbare Demokratisierungspotentiale in zwangsweise zu verselbständigenden Subsystemen. Daraus ergibt sich für unsere Politik:
IN DEN FACHBEREICHEN SIND MITBESTIMMUNGSMÖGLICHKEITEN GEGEBEN, DIE VON UNS KONSEQUENT AUSGENUTZT UND ERWEITERT WERDEN MÜSSEN!
Das bedeutet konkret, die Mitbestimmung bei Forschungs-, Berufungs- und Habilitationsangelegenheiten zu erweitern. (Beispielsweise die Abschaffung des Mehrheitsquorums der Hochschullehrer). Weiterhin gilt es, den halbparitätischen Ausschüssen für Lehr- und Studienfragen Beschlußkompetenz zu verschaffen und die Mitbestimmung in den Fachbereichsausschüssen entschlossen wahrzunehmen. Dabei darf allerdings nicht davon abstrahiert werden, daß durch die angeführten zentralen Planungs- und Entscheidungsgremien schon jetzt enge Grenzen (Diplomprügungs- und Promotionsordnungen) gezogen sind oder in Zukunft gesetzt werden sollen.
Wir müssen daher durch starken Druck abweichende progressive Regelungen (Studiengänge, Prüfungsordnungen etc.) durchsetzen, zumal diese zentralen Lenkungsapparate (Landeshochschulverband, Bildungstechnologisches Zentrum, Hochschuldidaktik-Zentrum usw.) entweder noch nicht gebildet oder noch nicht funktionsfähig sind.
GEFAHREN FÜR EINE FACHBEREICHSPOLITIK
Auf der anderen Seite birgt die Aufteilung in Fachbereiche die Gefahr in sich, der positivistischen Zersplitterung der Wisenschaften weiter Vorschub zu leisten, sodaß die Universität nurmehr äußere Hülle für nebeneinanderstehende Einzeldisziplinen ist. Dagegen müssen wir versuchen, über den Senat hinaus weitere Formen der Kooperation zwischen den Fachbereichen (gemeinsame Kommissionen z.B.) in die jeweiligen Satzungen einzubringen. Ebenso gilt es zu verhindern, daß über die Errichtung ständiger Betriebseinheiten, die bar jeder demokratischen Mitbestimmung sind, quasi autonome Inseln entstehen, die in Wirklichkeit das Terrain für unkontrollierten Einfluß der Monopole auf den Verwertungsprozeß der Wissenschaften abgeben.
ZUR INTERDISZIPLINÄREN KOOPERATION
Der notwendigen verstärkung der interdisziplinären und zwischen den Fachbereichen betriebenen Kooperation muß auf der Seite der Studenten eine verstärkte Zusammenarbeit der Fachschaften entsprechen. Dem muß auch die neu zu erarbeitende Studentenschaftssatzung Rechenschaft tragen, in welcher zu den Fachschaften auch eine Fachschaftskonferenz Organ der Studentenschaft werden könnte. Die Fachschaftskonferenz könnte evt. sogar Beschlußkompetenz für den Haushalt der Fachschaften erhalten. Darüber hinaus muß die Arbeit der Fachschaftskonferenz und der Gremien auf Fachbereichsebene immer mit der Politik der Demokraten und Sozialisten in den zentralen hochschulpolitischen Gremien, Konvent und Ständige Ausschüsse koordiniert werden. Daß eine Durchsetzung partieller Interessen der studentischen Vertretungen in den Fachbereichen sehr oft nur in gemeinsamer solidarischer Arbeit mit dem zentralen Organ der Studentenschaft, dem AStA zu gewährleisten ist, bedarf hier wohl kaum noch besonderer Erwähnung.
KAMPF UM MITBESTIMMUNG AM ARBEITSPLATZ ALS TEIL DES KAMPFES FÜR DEMOKRATISIERUNG DER GESELLSCHAFT
Von hierher bestimmt sich auch die Notwendigkeit der Verbindung von unmittelbar fachspezifischer Arbeit einerseits und auf die Berufsperspektive bezogene Kooperation andererseits, die von den Gruppen an der Basis zu leisten ist. Damit diese Arbeit nicht zu Fachborniertheit oder Akademismus verkommt, ist es notwendig, einen Kampf zu führen, der in den unmittelbaren Interessen der Studenten ansetzt und seine politische Bestimmtheit durch die Ausrichtung des Kampfes für Demokratisierung von Wissenschaft und Ausbildung auf die Interessen und Bedürfnisse des größten Teils der Gesellschaft, der Lohnabhängigen gewinnt. Unsere Forderung ist deshalb:
ÖFFENTLICHKEIT UND DEMOKRATISIERUNG DER BILDUNGSPLANUNGSINSTITUTIONEN DURCH MITBESTIMMUNG ALLER AM WISSENSCHAFTSPROZESS BETEILIGTEN, DARUNTER AUCH DIE GEWERKSCHAFTEN!
MITBESTIMMUNG UND DEMOKRATISIERUNG DER UNIVERSITÄT IST NUR IN DEM MASSE REALISIERBAR, WIE ES GELINGT, IM SOLIDARISCHEN KAMPF MIT ALLEN PROGRESSIVEN KRÄFTEN AUSSERHALB DER HOCHSCHULE, DIE MITBESTIMMUNG IN ALLEN GESELLSCHAFTLICHEN BEREICHEN ZU VERWIRKLICHEN.
VORBEREITUNG DER WAHL ZU DEN FACHBEREICHSKONFERENZEN.
Ein wichtiger Teilabschnitt der Vorbereitungen fiel bereits in die Semesterferien:
FACHBEREICHSZUORDNUNG
Die Universität stellte allen Studenten ein Formblatt zu, auf dem Studiengang und Studienziel anzugeben waren. Nach Rücksendung dieses Formblattes und des Studienbuches an die Universität ordnete das Sekretariat alle Studenten denjenigen Fachbereichen zu, welchen sie auf Grund der vorhandenen Unterlagen angehören. War es leicht, Mediziner oder Juristen einem einzigen und dann unumstritten dem medizinischen oder juristischen Fachbereich zuzuordnen, so ergaben sich vor allem bei Lehrerstudenten größere Schwierigkeiten und Mehrfachzugehörigkeit.
ERSTELLUNG DER WÄHLERVERZEICHNISSE
Nun lag es wiederum bei den Studenten, zu erklären, ob sie bei Mehrfachzugehörigkeit in allen, wenn nicht, in welchen Fachbereichen sie ihr aktives und in welchem Fachbereich sie ihr passives Wahlrecht ausüben wollen. Auf Drängen des AStA fand sich die Universität bereit, mit der detaillierten Aufzeichnung der Fachbereichsgliederung auch Entscheidungshilfen mitzuliefern. Der AStA konnte weiterhin erreichen, daß jeder Student darauf aufmerksam gemacht wurde, bei Zugehörigkeit zu mehr als einem Fachbereich nur für jene Fachbereiche eine Eintragung in das Wählerverzeichnis zu erwirken, in dem auch tatsächlich Wahlabsicht besteht. Dieser vorbeugenden Maßnahme gegen die Konsequenzen des 50% Quorums wurde die Universität dann auch auf ihrer Wahlbekanntmachung gerecht. Die Erklärung, in welchem Fachbereich man in das Wählerverzeichnis eingetragen werden will, wurde bzw., wird mit der Rückmeldung abgegeben.
WAHLDAUER
Ebenfalls noch in die Semesterferien fiel die Verabschiedung der Wahlordnung zu den Fachbereichskonferenzen durch den Hessischen Kultusminister. Dort heißt es zum Wahlverfahren: 'Die Wahlen zu den ersten Fachbereichskonferenz nach den Bestimmungen des Universitätsgesetzes finden an zwei aufeinanderfolgenden nicht vorlesungsfreien Tagen jeweils von 8 - 18 Uhr statt... Die Wahltermine sollen von den Wahlvorständen der Fachbereiche im Einvernehmen mit dem Kanzler so bestimmt werden, daß die Wahlen in allen Fachbereichen gleichzeitig stattfinden.'
Der AStA sieht diese Bestimmung, in der die Wahldauer auf zwei Tage festgelegt wird, als weiteren Versuch an, über das 50% Quorum hinaus die Mitbestimmungschancen der Studenten möglichst sicher am Quorum scheitern zu lassen. Nach Absprachen mit allen hessischen ASten konnte das Kultusministerium unter starkem Druck dazu gebracht werden, eine Änderung dieses Passus zuzusagen. Vermutlich wird darin dann die Wahldauer auf 'mindestens 2 bis 4 Tage' festgelegt werden. Wie lange die Wahl dann im einzelnen dauert, wird Sache der Wahlvorstände sein.
Die Bildung von Wahlvorständen, wie auch weitere wichtige Maßnahmen zur
Vorbereitung der Wahl hat die Universität in einem vorläufigen Terminplan
zusammengestellt:
WAHLVORSTÄNDE
Am 15.4. beginnt die Frist für die Bildung der Wahlvorstände. Jeder Wahlvorstand hat vier Mitglieder; ihm gehören je ein Vertreter der Hochschullehrer, der wissenschaftlichen Mitarbeiter, der Studenten und der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter des Fachbereichs an. Soweit ein Fachschaftsrat (FSR,d.Vf.) im Fachbereich gebildet ist, werden die Vertreter der Studenten von diesem, andernfalls von einer Fachbereichsvollversammlung gewählt. Für jedes Mitglied des Wahlvorstandes ist ein Vertreter zu wählen. Die Kandidatur für eine Wahl in die Fachbereichskonferenz schließt die Mitgliedschaft im Wahlvorstand aus. Sind bis zum 21.4. keine Wahlvorstände gebildet, dann findet am 22.4. eine Ersatzvornahme durch den Senat statt.
DER ASTA FORDERT DAHER INTERESSIERTE STUDENTEN DRINGENDST AUF, SICH ALS MITGLIED EINES WAHLVORSTANDES ZUR VERFÜGUNG ZU STELLEN.
Staatskommissare als Wahlvorstände dürften kaum interessiert sein, eine Wahl auf vier Tage auszudehnen. Da außerdem der Wahlvorstand das Wahllokal bezeichnet, dürfte studentische Erfahrung, was die Kenntnis von häufig frequentierten Winkeln eines Fachbereichs betrifft, dringend notwendig sein. Man denke nur an die ungünstige Lage mancher Wahllokale bei der Konventswahl (vgl. **.*.1971,d.Vf.), was mit zum Nichterreichen des 50% Quorums geführt haben dürfte.
VORSCHLAGSLISTEN
Die Wahl der studentischen Vertreter in die Fachbereichskonferenz erfolgt - abweichend von der bisherigen Praxis der Wahl der Fachschaftsvertreter durch Persönlichkeitswahl - durch Listenwahl.
Dazu sind Vorschlagslisten beim Wahlvorstand einzureichen; die Einreichungsfrist läuft nach den Vorstellungen der Universität vom 24.5. bis 1.6. Wichtig: Vorschlagslisten müssen den Namen, Vornamen und das Geburtsdatum der Bewerber enthalten. Mit der Vorschlagsliste ist die schriftliche Einverständniserklärung jedes Bewerbers vorzulegen. Zur Unterstützung einer Vorschlagsliste genügen vier Personen.
DER ASTA FORDERT ALLE IN DEN FACHBEREICHEN BESTEHENDEN DEMOKRATISCHEN UND SOZIALISTISCHEN GRUPPEN AUF, MÖGLICHST BALD LISTEN ZU BILDEN ODER SICH ZU LISTEN ZUSAMMENZUSCHLIESSEN, UM DER SICH FORMIERENDEN REAKTION WIDERSTAND BIETEN ZU KÖNNEN UND UNSERE EINFLUSSCHANCEN IN DEN FACHBEREICHSGREMIEN KONSEQUENT NUTZEN ZU KÖNNEN."
Berichtet wird aus dem AStA (vgl. 23.3.1971, 14.4.1971), aus dem VDS (vgl. 18.3.1971), von SHB und SPD (vgl. 1.4.1971) und vom Wohnheimbau an der Ginnheimer Landstraße (vgl. 29.3.1971). Eine Anzeige wirbt für die Karl Marx Buchhandlung. Die AStA-Wehrberatung (KDV) findet Mittwochs und Donnerstags von 13 bis 14 Uhr im Raum 106 im 1. Stock des Studentenhauses statt. Auch Erste Hilfe Kurse werden durchgeführt und bald hat der AStA einen Kindergarten (vgl. 3.5.1971).
Ebenfalls von Eberhard Zimmermann stammt auch der folgende Artikel:" GEGEN DIE AUSGLIEDERUNG DES FACHBEREICHS HUMANMEDIZIN AUS DER UNIVERSITÄT
MITBESTIMMUNG AUCH FÜR MEDIZINSTUDENTEN
Die Tendenz, Universitätskliniken nach dem Vorbild der amerikanischen 'medical schools' zu verselbständigen und aus dem integrierten Hochschulsystem herauszunehmen, läßt sich an den für diesen Fachbereich geltenden abweichenden Bestimmungen über die Fachbereichsorgane nachweisen. Vor allem wird diese Bestrebung deutlich, wenn man die Bestimmungen über die Haushaltsautonomie und über die Stellung des Direktors des Universitätsklinikums in Betracht zieht. Dieser Isolierungsversuch von den zentralen Instanzen geht einher mit einer Absage an jegliche Formen von Demokratisierung auf Fachbereichsebene selbst. Die Art und Weise, in der dieser Schritt vollzogen wird, nämlich der Bildung eines übermäßigen pseudodemokratischen Wasserkopfes zur Verschleierung dieses Konzepts, macht es nicht nur für die direkt betroffenen Medizinstudenten interessant die genauen Details dieser Bestimmungen zu erfahren, sondern dürfte darüber hinaus für jeden Demokraten an dieser Universität ein warnendes Beispiel sein.
Die Fachbereichskonferenz Humanmedizin wird voraussichtlich in der Anzahl ihrer Mitglieder die Zweihundert um einiges überschreiten. Daß dieses Gebilde nicht lebensfähig sein wird, hat auch der Gesetzgeber erkannt und ein weiteres Gremium den FACHBEREICHSRAT vorgesehen. Dieser Fachbereichsrat nimmt die Aufgaben der Fachbereichskonferenz wahr. Ausgenommen davon sind lediglich die Wahl des Direktors (Dekan) und seiner Stellvertreter und der Mitglieder der Ausschüsse des Fachbereichs, sowie der Erlaß der Satzung, der Habilitations-, Promotions- und anderer akademischer Prüfungsordnungen. Der Fachbereichsrat besteht aus dem Direktor, zwei stellvertretenden Direktoren, sieben Professoren, zwei Dozenten, vier wissenschaftlichen und einem weiteren Mitarbeiter und vier Studenten. Diese werden jeweils von den Vertretern ihrer Gruppe in der Fachbereichskonferenz nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt.
Nachdem der Gesetzgeber nun also zwei - immerhin demokratisch beschickte - wenn auch undemokratisch zusammengesetzte Gremien geschaffen hat, fügt er jene weitere Bestimmung hinzu, mit der diese Organe wieder (abweichend von den anderen Fachbereichen) entmachtet werden. Die alte zynische Argumentation, mit der dieser Schritt zu begründen versucht wird, machte eine wörtliche Wiedergabe des Gesetzestextes interessant: 'IN ANSEHEN DER AUFGABEN, DIE DEM UNIVERSITÄTSKLINIKUM IM RAHMEN DES ÖFFENTLICHEN GESUNDHEITSWESENS ÜBERTRAGEN SIND, IST DER VORSTAND DES UNIVERSITÄTSKLINKUMS AN BESCHLÜSSE ODER WEISUNGEN DER FACHBEREICHSKONFERENZ, DES FACHBEREICHSRATES ODER DER AUSSCHÜSSE NICHT GEBUNDEN.'
Diese Bestimmung kann doch nur heißen: in dem Augenblick, in dem studentische Mitbestimmung - auf die anderen Personengruppen bezogen Mitbestimmung überhaupt - relevante Formen annimmt, wird die 'Demokratisierungsmaschinerie' abrupt gestoppt; hier läßt das System die Maske fallen.
Der Direktor des Fachbereichs
Der Direktor des Fachbereichs Humanmedizin (Dekan) repräsentiert und vertritt den Fachbereich. Er nimmt NEBEN SEINEN AUFGABEN ALS DEKAN für seinen Fachbereich die Aufgaben wahr, die sonst dem Universitätspräsidenten zustehen. Der Direktor kann Beschlüsse des Fachbereichsrates, des Vorstandes, des Universitätsklinikums und anderer Organe des Fachbereichs beanstanden, nicht nur wenn er sie für rechtwidrig hält, sondern auch solche, für deren Ausführung er die Verantwortung nicht übernehmen kann (oder will). Beanstandete Beschlüsse weist er erneut zur Entscheidung an die betreffenden Organe zurück. Der Direktor des Fachbereichs muß kein Hochschullehrer sein. Aufgrund der Zusammnesetzung der Fachbereichskonferenz ist aber zu erwarten, daß ein Hochschullehrer diese Stelle einnehmen wird. Damit genügend Kandidaten zur Verfügung stehen, regelt das Gesetz: 'während seiner Amtszeit ist der Direktor von Lehr- und Prüfungsverpflichtungen befreit. Der Anspruch auf Unterrichtspauschale bleibt jedoch unberührt.'
Außer den in anderen Fachbereichen auch vorhandenen Ausschüssen besitzt der Fachbereich Humanmedizin noch einen Ausschuß für Personalangelegenheiten. Ihm gehören der Dekan, zwei Professoren, ein Dozent, ein Student, ein wissenschaftlicher und ein weiterer Bediensteter an. Der Ausschuß für Haushaltsangelegenheiten und der Personalausschuß nehmen für den Fachbereich Humanmedizin die Aufgabe wahr, die für andere Fachbereiche der zentrale Ausschuß für Haushaltsangelegenheiten und Hochschulentwicklungsplan wahrnimmt. Weiterhin unterliegt der Entwurf des Haushaltsvoranschlages nicht der Beschlußfassung oder Änderung durch die zentralen Organe der Universität.
Studentische Teilnahme an den Gremien des Fachbereichs Humanmedizin.
Konnte man für die übrigen 18 Fachbereiche der Universität im Hinblick auf eine studentische Beteiligung an deren Gremien gute und gewichtige Gründe anführen, so fällt einem dies hier doch schon recht schwer. Relevante progressive Entscheidungen werden in diesem Fachbereich nicht getroffen werden können. Ebenso wenig dürfte eine Verhinderung reaktionärer und an Individualinteressen orientierten Entscheidungen durch studentische Voten zu denken sein.
Bleibt also noch eine weitgehend geöffnete Basis zur Informationsbeschaffung und die Aufgabe Konflikte innerhalb der Organe auszutragen, um öffentliche Legitimierung getroffener Entscheidungen der Mehrheitsfraktion zu erzwingen. Da die Studenten, gerade im Fachbereich Humanmedizin noch nicht in der Lage sind, außerhalb der Organe sich entschlossen zum Widerstand zu formieren, dürfen auch hier nicht studentische Sitze kampflos an die rechte studentische Fraktion abgegeben werden, um so nicht den Eindruck eines hervorragend praktikablen, weil konfliktlosen Fachbereichsmodells entstehen zu lassen."
Von H. J. Prelle erscheint folgender Artikel:"
ZUR STRATEGIE IN ZENTRALEN GREMIEN
(Wenn von 'Zentralen Gremien' gesprochen wird, sind darunter die Gremien der Universität (hauptsächlich die Ständigen Ausschüsse für Haushaltsangelegenheiten, Organisationsfragen und Lehr- und Studienangelegenheiten) im Gegensatz zur Fachbereichsebene gemeint.)
Strategischer Stellenwert der zentralen Gremienarbeit am Beispiel des Ständigen Ausschusses für Haushaltsangelegenheiten und des Hochschulentwicklungsplanes.
Im AStA-Papier Grundsatzdiskussion zur Studentenpolitik vom 24.6.1970 (Zur Notwendigkeit studentischer Einflußnahme auf die Hochschulpolitik) sowie in der AStA-Info VI (Hochschulreform und studentische Linke (vgl.
- .**.197*,d.Vf.)) ist ansatzweise die Notwendigkeit sozialistischer
Hochschularbeit im Allgemeinen und der damit verbundenen Gremienarbeit im Besonderen begründet worden. Als notwendige Bedingungen aktiver Gremienarbeit wurden angegeben:
1. relevanter Entscheidungsbereich 2. angemessene Paritäten 3. Koalitionschancen
Die Arbeit in zentralen Gremien (hauptsächlich zugeschnitten auf den damaligen Struktur- und Planungsausschuß) sollte neben der obligatorischen Informationsvermittlung institutionelle Rahmenbedingungen schaffen für die Etablierung von Reformmodellen in den Fachbereichen durch entsprechende Finanzierungsstrategien, die den quantitativen Kapazitätsausbau mit inhaltlichen Reformintentionen der Fachbereiche verknüpften. Raumbelegungspläne sollten in ihrer Struktur innerfachlich und fachübergreifend Veränderungen von Lehr-/Lerninhalten nahelegen, sie mindestens nicht verhindern. Für den Bau einer zweiten Universität in Niederursel sollten gerade DIE Fachbereiche berücksichtigt werden, die reformierte Funktionspläne für ihre neuen Institute vorlegen konnten. Durch gegenseitige Durchdringung von Lehre und Forschung in NU und dem Frankfurter Universitätskern (Osmose-Programm), etwa durch ein Rotationsverfahren im Lehrkörper sollten reformierte Strukturen und Lehr-/Lerninhalte auf 'Alt- Frankfurt' zurückwirken (Bedingung dafür ist allerdings, daß nicht ganze Fachbereiche nach NU ausgelagert werden, sondern nur funktionsfähige Fachbereichsteile.). Die Planung der zweiten Uni erscheint so als institutionalisierter Reformprozeß der Gesamtuniversität. Aufgabe der studentischen Vertreter in den entsprechenden zentralen Ausschüssen wäre schließlich die Forderung nach einer geschlossen Sozialkonzeption als integrierter Bestandteil der Universitätsplanung und nicht wie bisher, als unreflektiertes Flickwerk.
ERFAHRUNGSBEREICH: STRUKTUR- UND PLANUNGSAUSSCHUSS
Im Sommer letzten Jahres schienen die Voraussetzungen für eine aktive Mitarbeit im entscheidenden Senatsausschuß für Struktur- und Planungsfragen außerordentlich günstig. Das vorläufige Fehlen von globalen bildungspolitischen Planifikationsinstrumentarien erlaubt den Universitäten akutell eine relative Planungsautonomie; die damalige linksliberale Universitätsspitze (Denninger/Wiethölter) tolerierte nicht nur linke Reformarbeit im Ausschuß sondern initiierte sie selbst (Wiethölter: Thesen zur Universitätsentwicklung in Niederursel und Alt-Frankfurt); Koalitionsmöglichkeiten in dem viertelparitätischen Gremium gab es insbesondere mit den linken Assistentenvertretern. Auf der Baiss dieser PrÄMissen konnten wichtige strukturverändernde Entscheidungen, wie die Integration der Lehrerbildung getroffen werden. Die übersteigerten Hoffnungen des AStA/SHB in die strategischen und taktischen Möglichkeiten dieser Ausschußarbeit erwiesen sich dennoch als relativ unbegründet. Der Struktur- und Planungsausschuß hatte keine Entscheidungskompetenz, er hatte lediglich dem Senat entscheidungsreife Vorlagen anzubieten, seine Legitimation erhielt er nicht im Delegationsverfahren durch die relevanten Gruppen an der Universität, sondern durch die Resultate seiner Planungsaktivitäten und die fachliche Inkompetenz des Senats selbst. Um aber deklarierte Zielkonzeptionen oder Thesen u.ä. in Substrategien, Programme und Einzelprojekte umzuformulieren, fehlten dem Struktur- und Planungsausschuß ausreichende personelle Planungskapazitäten; d.h.: professionelle Planer.
Besonders nachteilig wirkte sich für die AStA/SHB-Vertreter (das gilt im wesentlichen auch für die anderen linken Mitglieder im Struktur- und Planungsausschuß) die fehlende Kommunikation mit Fachschaften und arbeitenden Gruppen aus.
Der SHB war bei seiner Entscheidung für die Gremienarbeit von einer arbeitsteiligen Konzeption ausgegangen: die von Basisgruppen und Fachschaften zu erkämpfenden Veränderungen in den Fachbereichen sollten von den zentralen Gremien abgesichert werden. Die Fachschaften waren aber in der Mehrheit kooperationsunwillig und/oder -unfähig, die Basisgruppen schlummerten tief oder fraktionierten sich lieber. Ausgehend davon gab es für die Linken in der Universitätszentrale folgende Verhaltensalternative: 'allgemeine Sprachlosigkeit', weil man sich kaum in der Lage sah, von den Fachbereichen isoliert, über Reformalternativen zu entscheiden, deren Tragweite und politischer Stellenwert nicht transparent war oder 'linker Technokratismus', indem man die Funkstille in den Fachbereichen damit kompensierte, daß man oben eigene Reforminitiativen den Fachbereichen oktoyierte oder sie zwang, ihre Organisationsstrukturen und Lehr-/Lerninhalte mundgerecht zu servieren, um bei anstehenden Raumbelegungen angemessen berücksichtigt zu werden. Die Integration der Lehrerausbildung in die Fachbereiche bliebe nur dann nicht eine inhaltsleere formalorganisatorische Formel, wenn sie sich 'vor Ort' in Curricula niederschlagen würde, die Selbstreflexion über Methoden und Inhalte der Fachwissenschaften und deren gesellschaftliche Verwertungsbedingungen gewährleisten. Der so orientierte Reformprozeß, von 'oben' eingeleitet, stößt ohne entsprechende Reformbasis in den Seminaren auf heftigen Widerstand sogar der betroffenen Studenten.
NACH DER INSTALLIERUNG DER NEUEN UNIVERSITÄTSGREMIEN
In der Zwischenzeit haben sich die Bedingungen studentischer Mitbestimmung auf zentraler Universitätsebene weiter verändert. Ganz im Gegensatz zum deutlichen Wahlsieg des SHB konstituierten sich nach der Konventswahl (vgl.
- .*.197*,d.Vf.) bei Assistenten, Hochschullehrern und
Nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern rechte Mehrheiten. Hatte sich mit der Wahl von Kantzenbach die Rechte im Konvent in der Präsidentenfrage schon durchgesetzt, so konnte sie folgerichtig auch Mehrheitspositionen in den, vom Konvent zu wählenden, Ständigen Ausschüssen beziehen. Konkret sieht das im 'Ständigen Ausschuß für Haushaltsangelegenheiten und den Hochschulentwicklungsplan', der von seiner gesetzlich festgelegten Themenstellung her praktisch Nachfolgeorgan des Struktur- und Planungsausschusses ist, wie folgt aus: von den acht stimmberechtigten Mitglieder ist nur einer (!) Student; insgesamt gehören nur drei Mitglieder (Wiethölter, Weiss, Prelle) der linken Konventsfraktion an. Zusätzlich hat der Präsident im Ausschuß Vorsitz und Stimme.
Damit sind lapidar schon Paritäten und Koalitionschancen umrissen, und damit ist eben auch die Durchsetzungschance radikaler Reformkonzepte nicht unbedingt überwältigend,
ZUNHEMENDE ZENTRALISIERUNG DER HOCHSCHULPOLITISCHEN ENTSCHEIDUNGSPROZESSE
Die politische Relevanz des Entscheidungsbereichs im Haushaltsausschuß läßt sich mit dem bloßen Hinweis auf die strukturbestimmende Bedeutung des zu erstellenden Hochschulentwicklungsplanes allein nicht belegen.
Mit der Verabschiedung des Hochschulrahmengesetzes (HRG - vgl.
- .**.197*,d.Vf.), die spätestens Anfang des nächsten Jahres zu erwarten ist,
beginnt eine neue Etappe in dem Prozeß der Integrierung von Bildungs- und Wissenschaftsinstitutionen und damit verbunden der Formierung von Bildungs- und Wissenschaftsinhalten. Dem Hochschulentwicklungsplan als selbstverfaßter Entwicklungsvorschlag der einzelnen Hochschulen wird damit ein enger Planungsdatenkranz vorgegeben. Die Planungsmechanismen sind nach dem Gesetzentwurf sehr präzis gefaßt. 'Vom Refelxionsverfahren bis hin zur korrektiven Rückkopplung der Arbeitsprozesse an den Hochschulen mit den zentralentwickelten Planungsansätzen sind die Planungsmethoden ebenso vollständig entwickelt wie der Plaunungsablauf, der eine ständige Verzahnung aller Planung im Hochschulbereich vorsieht.' Der zukünftige Hochschulentwicklungsplan der Universität Frankfurt wird sich demnach am Hochschulgesamtplan des Landes Hessen zu orientieren haben ebenso wie er vom Hochschulrahmengesetz des Bundes abzuleiten ist. Die Entscheidungsebene dieses Planungssystems ist der Bund.
Es muß hier in dem Artikel bei der fast schon trivialen Feststellung bleiben, daß der entscheidende Motor und die Hauptdeterminante staatlicher Bildungsplanifikation das Kapitalinteresse nach kontinuierlicher Erweiterung der Kapitalakkumulation ist. In dem Zusammenhang ist das verstärkte Interesse der bürgerlichen Bildungsökonomie nach Aufklärung der Beziehungen zwischen Bildungsinvestition und Wirtschaftswachstum zu sehen. Eine monokausale beziehung zwischen dem Akkumulationszwang und den daraus erwachsenden Systemnotwendigkeiten auf der einen Seite und der tatsächlichen Bildungspolitik auf der anderen Seite zu konstruieren, hieße das Verhältnis ökonomistisch zu verkürzen. Gerade auf dem Hintergrund der Widersprüchlichkeit des wechselseitigen Beziehungsgefüges von Kapital und Staat sind beispielsweise die unterschiedlichen gesellschaftlichen Konsequenzen aus den Bildungskonzeptionen der sozialliberalen Koalition und der Rechstopposition zu diskutieren, darauf kann hier aber nicht eingegangen werden.
== KONSEQUENZEN ==
Was heißt das für die Einschätzung der Relevanz des Entscheidungsbereichs im Haushaltsausschuß? Das kann nicht heißen, daß man schnell Sitz und Stimme in den zentralen Gremien, insbesondere Im Haushaltsausschuß quittiert, denn erstens hat man tatsächlich bis zur Installierung der überregionalen Planungsinstrument wenn möglich Präjudizien zu schaffen, und zweitens werden die wichtigen Entscheidungen auch nachher zwar nicht auf der Universitätsebene entschieden, aber sie werden auch nicht ohne sie entscheiden, d.h. die Universitäten haben im feed back des Planungsprozesses korrigierende Möglichkeiten. Der AStA/SHB wird aber eine Schwerpunktverlagerung seiner Arbeit in Erwägung ziehen müssen. Neben der verstärkten überregionalen Kooperation als Konsequenz der zunehmenden Zentralisierung bildungspolitischer Entscheidungsprozesse werden die Fachbereiche, gerade in der Phase ihrer Konstituierung Hauptarbeitsbereich des AStA werden, weil
- in den Fachbereichen das Reformpotential erweitert werden muß, d.h., es müssen Arbeitszusammenhänge von Studenten, Assistenten und Hochschullehrern initiiert werden, die in der Lage sind, Auseinandersetzungen zu führen zur Demokratisierung von Fachbereichstsrukturen und Wissenschaftsinhalten;
- die Minderheitspositionen der Linken in den zentralen Gremien durch eine latente Mobilisierungsdrohung aufgewertet werden muß. In den zentralen Gremien vorzulegende Alternativkonzepte mit mittel- oder langfristigen Zeithorizonten bieten aber nur geringe Mobilisierungsmöglichkeiten. Dauerhafte Mobilisierungschancen ergeben sich nur dort, wo um konkret spürbare Veränderungen am Arbeitsplatz gekämpft wird.
Der AStA wird organisatorische Konsequenzen ziehen, die sich z.B. auch in der gerade aktuellen Veränderungsarbeit an der Satzung der Studentenschaft niederschlagen müssen. Neben dem verstärkten personellen Einsatz in den Fachbereichen muß man die direkte Verknüpfung der Aktivitäten auf Fachbereichs- und Universitätseben nach Möglichkeit institutionalisieren."
In einer weiteren Meldung heißt es zur örtlichen Arbeitsgemeinschaft Demokratischer*Studenten:" ADS FÜR CDU
ADS - ZWEIGNIEDERLASSUNG DER DREGGER-CDU AN DER HOCHSCHULE
Das ADS (nicht identisch mit der ADS, dem inzwischen eingegangenen Dachverband), das sich im uni-report ein technokratisch-progressives Image zu geben versucht, zeigte über den Papiertiger von Chefideologe Kirchner hinaus sein wahres Gesicht: der zweite Mann der Konventsliste des ADS, Hans von Garnier, ist auch zweiter Kopf der 'Basisgruppe' Zinsfuß (Gruppe 70, Adel und Banken der Frankfurter CDU). Ebenfalls im ADS schon lange Zeit recht aktiv, gab sich Dietmar Bauer die Ehre als Gründungsmitglied dieses letzten Kindes der reaktionären hessischen CDU.
Deutlicher als das Geschreibsel von Kirchner zeigt diese personelle Verknüpfung - an seiner Praxis kann man das ADS ja mangels Aktivität nicht messen - den wahren ideologischen Standpunkt dieser Hochschulgruppe." =AStA Uni Frankfurt:AStA-Information Nr.4,Frankfurt 1971
Mai 1971:
In Frankfurt erscheint erstmals eine 'ML Hochschulpresse' (vgl. Juni 1971) als Organ der Gruppe Marxistisch-Leninistischer Studenten (MLS), die zuvor die 'Was tun' (vgl. Apr. 1971) herausgab und mit dem KAB/ML bzw. dessen KSG/ ML sympathisiert. Die Verantwortung für die 8 Seiten DIN A 4 trägt J. Möcks in Frankfurt, Kontakt läuft über H. Schmidt. In der Zeitung zum Thema "Antiimperialistischer Kampf an der Hochschule!" heißt es:" Der verbrecherische Aggressionskrieg der US-Imperialisten in Indochina, die neokolonialistische Infiltration und Unterdrückung der Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas und der Widerstand der nationalen und revolutionären Befreiungsbewegungen nahmen im Bewußtseinsprozeß der Studentenbewegung eine zentrale Rolle ein. Negativ wirkte sie sich aus in der formalen Identifikation mit den Guerilleros, die sich in der Einstellung spiegelte, die Revolution in den unterentwickelt gehaltenen Ländern sei gleichbedeutend mit der Befreiung der Metropolen. Positiv gewendet hat sich die weitgehend moralische und radikaldemokratische Entrüstung über den US-Imperialismus in dem qualitativem Schritt zur Erkenntnis der ökonomischen und politischen Grundlagen des Imperialismus und seiner Taktiken. Nicht mehr nur die USA standen zur Debatte, sondern das gesamte imperialistische Weltsystem, dessen Bestandteil die BRD ist. Die Analyse der BRD als imperialistische Macht, die mit den Methoden der ökonomischen Infiltration, des politischen Zwanges und auch der militärischen Unterstützung und Intervention (Guinea!) ihre Herrschaft sichert und ausbaut, stellte die Frage nach der praktischen Solidarität mit den ausgebeuteten Völkern. Es wurde erkannt, daß der Kapitalismus nicht automatisch durch die Aktivität der Befreiungsbewegungen zusammenbricht, sondern nur in einem konzentrierten Kampf an allen Fronten zu schlagen ist. Die erwachende Arbeiterklasse zeigte den antiimperialistischen Kräften die richtungsweisende Perspektive: Kampf gegen den Imperialismus, Unterstützung der ausgebeuteten und unterdrückten Völker bedeutet Klassenkampf im eigenen Land. Die proletarische Revolution in den Metropolen mit allen Kräften zu fördern, darin stellt sich die Verbindung von Internationalismus und Kampf gegen das kapitalistische Ausbeutersystem konkret her. Im Zeitalter der weltweiten Auseinandersetzung zwischen Imperialismus und Sozialismus ist der antiimperialistische Kampf zum Synonym für den Klassenkampf geworden. Indem die westdeutsche Arbeiterklasse und ihre Verbündeten gegen die herrschende Klasse vorgehen, reihen sie sich ein in die internationale Bewegung gegen Imperialismus und für die sozialistische Weltrevolution.
KLASSENKAMPF AN DER HOCHSCHULE
Zur Bestimmung dessen, was Kampf gegen die imperialistische Bourgeoise gegenwärtig an der Hochschule heißt, ist es nötig zu analysieren: 1. Stellung der studierenden Intelligenz im gesellschaftlichen Produktions-
und Reproduktionszusammenhang
2. Aufgaben der revolutionären Intelligenz in den
Klassenauseinandersetzungen.
Wir werden daher kurz die Entwicklung des westdeutschen Imperialismus und seine Auswirkungen auf die studierende Jugend untersuchen, danach die Taktik der Gesamtbewegung darlegen und daraus herleiten die Erfordernisse kommunistischer Hochschulpolitik.
DIE RESTAURATION DES IMPERIALISMUS IN DER BRD
Die wirtschaftliche Entwicklung der BRD war in der Phase von 1945-55 charakterisiert durch sehr günstige Investitions- und Verwertungsmöglichkeiten des Kapitals. Sie resultierten u.a. aus dem reichlichen Kapitalzufluß - eingeleitet durch den Marshall-Plan -, aus dem ungeheuren Nachholbedarf des inländischen Marktes und aus dem für die Kpitalistenklasse günstigen Überangebot der Ware Arbeitskraft. Daneben waren von entscheidendem Einfluß die staatsmonopolistischen Eingriffe wie Währungsreform, Lohnstopp, Steuergesetzgebung,, die alle zum Ziele hatten, gesellschaftlichen Reichtum zugunsten der Kapitalistenklasse umzuverteilen. Um 1955 hatte das Kapital den westdeutschen Binnenmarkt wieder erschlossen, die Kapazitäten ausgelastet und seine politische Stellung gefestigt. Die Suche nach neuen Kapitalanlagen richtet sich nun auf den europäischen Markt, während im Inneren mit dem Aufbau der Rüstung die Verwertung überschüssigen Kapitals erleichtert wird.
Die Entwicklung der Monopole von inländischen zu europäischen impliziert allerdings zum einen die Notwendigkeit, die Produtkivkräfte zu intensivieren. Zum anderen bedeutet sie verschärfte Konkurrenz zu den europäischen und nordamerikanischen Imperialisten. Für das Kapital kann es sich daher in dieser Etappe nur darum handeln, über das Sprungbrett des europäischen Marktes so schnell wie möglich beherrschende Stellungen im internationalen Maßstab zu erobern. Dieser Wiederaufstieg der BRD zur imperialistischen Großmacht vollzog sich äußerst rapide, nämlich in der Zeit von 1955 bis etwa 1961. Um die dafür nötige Akkumulation des Kapitals zu erreichen, war zeitweise eine ungeheure Mobilisierung der Produktivkräfte nötig. Das hieß in erster Linie: Inanspruchnahme aller verfügbaren Arbeitskräfte (Abwerbung aus der DDR, Frauen, Gastarbeiter); das hieß aber auch Mobilisierung der wissenschaftlichen Produktivkräfte durch die Intensivierung der Industrie- und Militärforschung und durch die Anhebung der allgemeinen Qualifikation.
DER ANGRIFF DER IMPERIALISTISCHEN BOURGEOISE AUF DIE INTELLIGENZ
Politisch schlägt sich der Zwang zur forcierten wissenschaftlichen Anstrengung nieder in der Gründung des sog. Atomministeriums und der Bildung des Wissenschaftsrates. Eine breit angelegte Kampagne um die öffentliche Meinung begleitete den Umschwung in der Bildungspolitik. Denn: um die Finanzierung der Maßnahmen auf diesem Sektor ohne große Reibungen aus der werktätigen Bevölkerung herauspressen zu können, mußte ein günstiges steuerpolitisches Klima, eine entsprechende Opferbereitschaft geschaffen werden. Die Intelligenz sollte der Vorgaukelung erliegen, die neue Wissenschaftspolitik sei in ihrem Interesse. Diese Kampagne der Bourgeoisie knüpfte an nationalchauvinistische Motive an und aktualisierte die Angst des Kleinbürgertums übervorteilt zu werden. So wurde die wissenschaftliche Entwicklung in der Sowjetunion (Sputnikschock) und in den USA (technological lag) hochgespielt. So wurde die Angst vr der Bildungskatastrophe geschürt und die demagogische Losung 'Bildung ist Bürgerrecht' propagiert. So wurden den Studenten goldene Zukunftserwartungen vorgeschwindelt.
In der Tat aber setzt sich bereits mit der beschränkten Krise von 1961 ansatzweise eine neue Richtung in der Bildungspolitik durch. Sie führt zur vollständigen Umorientierung, als sich die Überproduktionskrise 1966/67 massiv ankündigt. Der von nun an eingeschlagene restriktive Kurs wird notwendig, da eine weitere Mobilisierung und Entwicklung der wissenschaftlichen Produktivkräfte die Krise noch zusätzlich verschärfen würde. Die allgemeine Tendenz des Imperialismus zur Fesselung der Produktivkräfte gewinnt die Oberhand: - die Kapazitätsauslastung in der Investitionsgüterindustrie bewegte sich
1954 um 90%, 1960 um 85% und seit 1966/67 nur noch um 75%
- das Wachstum der Industrieproduktion wird immer geringer: sie betrug 1960
noch 12% und fiel bis Oktober 1970 auf 4%
- die jährlichen Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts fielen von 8% in den
fünfziger Jahren auf 4% (vgl. Roter Pfeil Nr.13 (vgl. Feb. 1971,d.Vf.) und Hirsch, Wissenschaftlich-technischer Fortschritt...)
- sie wirkt sich aus in der künstlichen Aufhaltung des technischen
Fortschrittes, in der Nichtanwendung wissenschaftlicher Forschungen wie auch in der Senkung der Qualifikation der Arbeit. Auf Seiten der Arbeiterklasse findet diese Dequalifizierung ihren Ausdruck z.B. im Berufsbildungsgesetz, das im Sommer 1969 verabschiedet wurde (...).
Die Offensive des Imperialismus trifft aber auch zunehmend Schichten der kleinbürgerlichen Intelligenz. Und zwar sowohl absolut: indem ihnen der Zugang zu einer wissenschaftlichen Ausbildung einfach verwehrt wird (NC in seinen verschiedenen Formen), oder indem ihnen keine ihrer Qualifikation entsprechende Arbeit zugestanden wird, - als auch relativ: indem die Qualifikation der Ausbilder drastisch gesenkt und die Studienzeiten verkürzt werden.
Von den Methoden, die die Bourgeoisie im Hochschulsektor ergreift, fallen die direkten Maßnahmen sofort ins Auge, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind und die ein ausgeklügeltes System darstellen. So wird die direkte Aussperrung von wissenschaftlicher Arbeit ergänzt etwa durch Flaschenhalspraktika (BWL) und durch schlechte Lehrer- und Berufsausbildung wird schon von vornherein intensives Arbeiten unmöglich gemacht.
Um die geplante Regelstudienzeit von 6 Semestern durchzuzieheninstalliert die Bürokratie umfangreiche Tutorenprogramme. Sie sollen die Hochschulen zu Paukanstalten umfunktionieren, zu Anstalten, in denen schnelle Durchlaufzeit durch die Reduktion von Quantität und Qualität der Lehre sich herstellt. Unterdessen können sich die Hochschullehrer zunehmend mit Privatforschung befassen, unbegrenzt Gutachter- und Nebentätigkeiten ausüben. Das Hochschulrahmengesetz zeigt deutlich den Generalstabsplan der Bourgeoisie auf (...). Die darin formulierten praktischen Maßnahmen zur Dequalifizierung der wissenschaftlichen Arbeitskraft sichert es ab durch die politische Entrechtung:
Die Stärkung zentralisierter Organe, die Beseitigung der sogenannten Hochschulautonomie, die geplante und teilweise bereits durchgeführte Zerschlagung der Studentenvertretungen, der Köder des Mitbestimmungsschwindels bedeuten die politische Unterdrückung aller Studenten. Gegen den möglichen Widerstand von unserer Seite stehen neben dem Ordnungsrecht und dem Verbot politischer Gruppen (SDS) (SDS Heidelberg - vgl. 24.6.1970,d.Vf.) die Liebediener des Kapitals bereit (Bund Freiheit der Wissenschaft, Demokratische Studenten Union - DSU, RCDS). Wer allerdings meint, nach den Lehrjahren kämen die 'Herrenjahre', der sieht sich bitter getäuscht. Nicht nur den Geistes- und Wirtschaftswissenschaftlern hat das Kapital keine Berufsperspektive mehr zu bieten. Auch die Naturwissenschaftler finden in zunehmendem Maße überhaupt keine bzw. nur inadäquate Stellungen (Einstellungstop für Chemiker!). Und die Prognosen für Lehrerstudenten ergeben, daß bereits 1972 hier ein Überangebot an Arbeitskräften eintreten wird (vgl. Hitpass, Das Studien- und Berufsschicksal...).
In diesem Prozeß der Dequalifizierung und politischen Entrechtung tritt die Bourgeoisie zwangsläufig in Widerspruch zu breiten Kreisen der Intelligenz. Wir konstatieren aus der veränderung der klassenmäßigen Zusammensetzung zugunsten des kleinbürgerlichen Anteils, aus der fortschreitenden Subsumtion wissenschaftlicher Arbeit unter das Kapital, aus den wachsenden Verwertungsschwierigkeiten und der daraus resultierenden Offensive des Imperialismus nach innen und außen, daß eine breite Schicht der Intelligenz heute objektiv als potentieller Bündnispartner des Proletariats zu gelten hat.
DIE TAKTIK DER GESAMTBEWEGUNG
Unsere Arbeit an der Hochschule darf natürlich nicht isoliert von der Arbeit in anderen gesellschaftlichen Bereichen verlaufen. Im Gegenteil: für die marxistisch-leninistischen Studenten ist es eine absolute Notwendigkeit, ihre Politik und Taktik grundsätzlich an den Interessen der Gesamtbewegung auszurichten. Die Genossen des KAB(ML) und die proletarische Linie in der KPD/ML, unter deren Anleitung die MLS ideologisch und politisch steht, geben auch für die Hochschulpolitik an, in welche Richtung der Kampf notwendigerweise zielen muß." Die proletarischen Genossen gehen dabei aus von der Einschätzung der gegenwärtigen Etappe des westdeutschen Imperialismus, die gekennzeichnet ist durch die Methode der bürgerlichen Demokratie. Das heißt, in dieser Phase stützt sich die Bourgeoisie vorwiegend auf das Mittel des politischen Betruges, hält aber stets in der Hinterhand auch den Terror zu ihrer Verfügung. Als Vertreterin der imperialistischen Interessen dient heute am besten die sozialreaktionäre SPD-Regierung, da sie die Betrugspolitik meisterhaft beherrscht und eben auch breite Sympathie in der Arbeiterklasse findet.
GEGEN DIE SOZIALREAKTIONÄRE SPD!
Die SPD faselt von mehr demokratischen Rechten im Betrieb, von Mitbestimmung, von Vermögensbildung, von Entwicklungshilfe; sie schwätzt von sozialen Reformen und baut sich als Friedensengel auf, der die 'Entspannung' vorantreibt. An der Hochschule wirbt sie mit scheinbar fortschrittlichen Parolen um die Köpfe der Studenten, indem sie ihnen vorgaukelt, sie stärke die demokratischen Rechte. Mit Hilfe opportunistischer Studentengruppen läßt sie die 'Mitbestimmung' in akademischen Gremien propagieren und fördert nach Kräften Illusionen über den tatsächlichen Charakter der Hochschulverfassungen.
In der Tat aber forciert sie ihre imperialistische Außenpolitik in den unterentwickelten Ländern und schmiedet im Inneren die politischen Waffen für Faschismus und Krieg: Notstandsgesetze, Konsolidierung des Bundesgrenzschutzes als Elitetruppe gegen die Werktätigen, reaktionäres BVG und HRG etc.. Gegen sie als Hauptvollzugsorgan des westdeutschen Imperialismus richtet sich daher vorrangig der politische Kampf der Kommunisten.
Als konkrete taktische Waffe in diesem Kampf benützen die Kommunisten hauptsächlich die Forderung nach Demokratie und Frieden. Sie verteidigen die, freilich minmalen, demokratischen Rechte, zeigen deren Beschränktheit auf und verdeutlichen in der Praxis, daß es Demokratie für das Volk im Kapitalismus nicht geben kann. Mit Hilfe dieser Waffe vertritt die Arbeiterklasse die Interessen der gesamten werktätigen Bevölkerung und schließt sie unter ihrer Führung gegen Imperialismus und Faschismus zusammen. Momentan aber kann dieser Kampf nicht gesamtgesellschaftlich geführt werden, sondern konzentriert sich vorwiegend auf den Bereich der Arbeiterklasse und der Hochschule.