Siegfried Kracauer: Der Soziologe in der Frankfurter Zeitung. Einfluß und Wirken eines Außenseiters bis 1933
Einleitung
Siegfried Kracauer war kein klassischer Soziologe der Zwanziger und Dreißiger Jahre im allgemeinen Verständnis. Er war kein Lehrender an einer Hochschule oder einer ähnlichen Institution. Statt dessen war er Redakteur in einer der rennomiertesten bürgerlichen Zeitungen der Weimarer Republik, der "Frankfurter Zeitung". Als Feuilletonist jener Zeitung mit einem außerordentlichen soziologischen und philosophischen Verständnis war er in einer äußerst entscheidenden Position. Er berichtete direkt an die Gesellschaft, jedoch nicht von einer staatlichen Institution, sondern aus ihrer Mitte heraus, für sie. In seinen Artikeln befasste er sich seit Mitte der Zwanziger Jahre zunehmend mit sehr weltlichen, gesellschaftlichen, kulturellen aber auch sozialen Problemen, wobei sich sein gesellschaftliches Verständnis und Ansehen mit seiner bekanntesten soziologischen Studie "Die Angestellten. Aus dem neuesten Deutschland" Anfang der Dreißiger Jahre auf einem Höhepunkt befand. Um eine Übersicht und einen Eindruck zu bekommen, wer diese Person als Mensch eigentlich war, hier ein kurzer biographischer Überblick.
Fragestellung
In diesem Zusammenhang soll vor allem Kracauers Einfluss und sein daraus resultierendes Wirken auf die Soziologie in Frankfurt dargestellt werden. Als intellektuelle Persönlichkeit pflegte er schon früh Kontakte zu bekannten Soziologen, die sich, mit seiner Rückkehr nach Frankfurt am Ende des Ersten Weltkrieges noch ausweiten sollten und so war er bereits in den frühen Zwanziger Jahren mit vielen Frankfurter Soziologen bekannt. Dazu ein kurzer Überblick mit einer Beziehungsübersicht im Rahmen der Frankfurter Soziologie. Im Vordergrund dieser Arbeit stehen die persönlichen, aber auch "geschäftlichen" Beziehungen, die Siegfried Kracauer während seiner Zeit in der "Frankfurter Zeitung" unterhielt. In seinen freundschaftlichen Verhältnissen übte er einen grundlegenden Einfluss, vor allem auf Leo Löwenthal und Theodor Wiesengrund (Adorno), aus und durch seine Position verschaffte er gerade Walter Benjamin immer wieder die Möglichkeit, seine Artikel in der "Frankfurter Zeitung" zu veröffentlichen. Auch war er eine begehrte Anlaustelle, für Buchrezensionen, unter anderem auch für den Soziologen Karl Mannheim, der, wie es scheint, grossen Wert darauf lag, dass gerade Kracauer seine Bücher rezensierte, wie in ihrem, mehr geschäftlichen als privaten, Briefwechsel nachzulesen ist.
Artikel in der "Frankfurter Zeitung"
Eine grundlegende Analyse über Kracauers gesamte Artikel im Feuilleton der "Frankfurter Zeitung", kann schon allein aufgrund ihrer Masse - deren zahlenmäßiger Umfang lässt sich allein bis zum Jahr 1933 auf knapp 1.900 beziffern, zumal fast die Hälfte davon bislang nicht veröffentlicht wurde - leider nicht gegeben werden, jedoch soll durch eine kurze Zusammenstellung der, meiner Ansicht nach, primär soziologisch ausgerichteten Fachartikel, ein kurzer Überblick über diese Artikel gegeben werden - darunter fallen in vor allem auch jene Artikel, die sich ausdrücklich mit Soziologen sowie deren Veröffentlichungen beschäftigen.
Nachlass
Um einen Eindruck davon zu bekommen, welche sozialen Kontakte Siegfried Kracauer nicht nur während seiner Zeit in Deutschland, sondern auch nach seiner Emigration - welche ihn zuerst nach Paris und dann weiter in die Vereinigten Staaten führte - pflegte, mit welchen Personen er in brieflichem Kontakt stand, aber auch, um sich einen Überblick über weitere zahlreiche, bisher unveröffentlichte Dokumente zu verschaffen, empfiehlt es sich, seinen Nachlass im Deutschen Literaturarchiv in Marbach zu erschließen. Hier eine kurze Übersicht über Kracauers Nachlass.