Der Mittelbau der Jahre 1965-1972

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Fragestellung

Kaum einer anderen Wissenschaft stellt sich die Frage ihrer Perspektive mit ähnlicher Dringlichkeit wie der Soziologie. Als Wissenschaft des Sozialen ist sie immer schon Bestandteil ihres Gegenstandes und somit verpflichtet, nicht nur auf diesen Gegenstand, die Gesellschaft, zu reflektieren, sondern auch das Verhältnis ihrer selbst zum Gegenstand fortwährend zu überdenken und begrifflich zu fassen. Und dieses Verhältnis lässt sich gerade in Zeiten gesellschaftlicher Krisen in angemessener Weise studieren. Krisen fordern den Soziologen heraus, etablierte Hypothesen näher zu überprüfen, und er ist oftmals auch im praktischen Umgang mit solchen Krisen einer der wichtigsten Ansprechpartner, kurz: die Krise zeigt, in welch spannungsreichem Verhältnis der Wissenschaftler zu seinem Objektbereich steht.

Ende der sechziger Jahre lässt sich in der Bundesrepublik eine solche Krise im Sinne gesellschaftlichen Wandels verzeichnen und gerade Frankfurt und hier insbesondere die Soziologie spielt in diesen Zusammenhängen eine ganz wesentliche Rolle. Die Rede ist von der Zeit studentischer Proteste, die ihrerseits aus ganz bestimmten gesellschaftlichen Umständen hervorgegangen sind und darüber hinaus die Gesellschaft in mancherlei Hinsicht verändern sollten.

Es stellt sich nun also die Frage, wie das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft zu dieser Zeit in Frankfurt beschaffen war. Und das schließt mehrere andere Fragen ein: Da wäre zum einen der hochschulpolitische Aspekt, also die Frage, ob studentische Forderungen Einfluss auf die Struktur des Fachbereichs hatten, z.B. im Zuge der Hochschulreform. Aber auch wissenschaftsintern lassen sich mehrere interessante Fragen stellen: Welchen Einfluss hatten die Entwicklungen der sechziger Jahre auf den wissenschaftlichen Werdegang von Forschern und Forscherinnen? Haben sich gesellschaftliche Umstände signifikant auf die Orientierung von Wissenschaftlern ausgewirkt?

Diese Fragen ließen sich sicherlich universitätsübergreifend und an allen Positionen innerhalb der universitären Hierarchie überprüfen, aber gerade der Mittelbau nimmt eine ganz besonders interessante Stellung ein. Hochschulpolitisch hat er eine mittlere Position zwischen den bereits etablierten Wissenschaftlern und den Studierenden inne und muss zwischen etwaigen politischen Forderungen und Karriereplanung vermitteln. Wissenschaftlich haben wir es im Mittelbau mit Forschenden zu tun, die sich gerade am Anfang ihres Werdeganges befinden und möglicherweise eher gewillt sind, sich in ihrer Ausrichtung umzuorientieren und die zahlreichen Beeinflussungen ausgesetzt sind.

Und so versucht diese Forschungsarbeit, sich gerade diesen Fragen anzunehmen, also zu überprüfen, was aus dem Mittelbau dieser Jahre geworden ist, wie er die Hochschulpolitik und vor allem die Wissenschaft zu jener Zeit beeinflusst hat und welche Richtung er nach diesen turbulenten Jahren eingeschlagen hat. Es interessieren dabei nicht nur die in den Studentenrevolten aktiven Mitarbeiter, sondern auch solche, die gerade keine Achtundsechziger gewesen sind, entweder in anderen Gruppen politisch aktiv waren oder sich nur auf ihre wissenschaftliche Arbeit konzentriert haben.

Anvisiert wird weiterhin in erster Linie das "Seminar für Gesellschaftslehre", da das andere für die Soziologie so wichtige Institut, das "Institut für Sozialforschung", schon in zahlreichen Arbeiten im Zusammenhang mit den sechziger Jahren untersucht wurde, während über die anderen Seminare und Institute diesbezüglich nur wenig bekannt ist.


Die Mitarbeiter des Seminars für Gesellschaftslehre

Ruth Meyer

Hans Gerhard Stück

Barbara Fülgraff

Alfred Bellebaum

Hansfried Kellner

Richard Grathoff

Detlef Müller

Ursula Kurz

Helmut Ziegler

Wido Mosen

Günter Dux

Walter Sprondel

Karl - U. Mayer

Axel Gehring

Peter Flora

Bernhard Niemann

Benita Luckmann