Friedrich Tenbruck- Wie kann man die Geschichte der Sozialwissenschaften in den 20er Jahren schreiben: Unterschied zwischen den Versionen

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Die deutsche Soziologie ist im geistigen Milieu der Nachkriegszeit ( 1 Weltkrieg) bei den Besiegten (Deutschland und Oesterreich) entstanden. Dieser Zeitraum ist von einer grungsaetzlichen Reflexion der gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Grundlagen bezeichnet ( Zwiefel an Fortschritt, Veraenderung der Gegenstaende der Wissenschaften, Diskussion um die Wertfreiheit und Wissenssoziologie). Da der 1 Weltkrieg ein Krieg der Ideen war, hat sich derselbe Kampf der Ideen auf wissenschaftlicher Ebene fortgesetzt.
 
Die deutsche Soziologie ist im geistigen Milieu der Nachkriegszeit ( 1 Weltkrieg) bei den Besiegten (Deutschland und Oesterreich) entstanden. Dieser Zeitraum ist von einer grungsaetzlichen Reflexion der gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Grundlagen bezeichnet ( Zwiefel an Fortschritt, Veraenderung der Gegenstaende der Wissenschaften, Diskussion um die Wertfreiheit und Wissenssoziologie). Da der 1 Weltkrieg ein Krieg der Ideen war, hat sich derselbe Kampf der Ideen auf wissenschaftlicher Ebene fortgesetzt.
  
Angesichts der eigentuemlichen Lage, hat sich die Soziologie in Deutschland im Unterschied zu der westlichen Soziologie (Frankreich, USA) auf eigentuemliche Art und Weise als eigene Wissenschaft etabliert, im Kampf gegen die Geisteswissenschaften und vom Streit zwischen Positivismus und Heumeneutik. Da die deutschen Geisteswissenschaften gegen die Jahrhundertswende in einer Kriese gerieten und an ihren Erkenntnisgrenzen stossen, hat die Soziologie diese Fragen aufgenommen und die Schwaechen der Geisteswissenschaften gezeigt. Das Interesse der deutschen Soziologie der 20er Jahren galt, was die Menschen bewegte. Die soziologischen Fragen waren die existentiellen Fragen der Gesellschaft selbst, die sich in einer Gegenwartskrise in den 20er befand. Da die deutsche Soziologie die historischen Faecher und die Wertvoraussetzungen der Geisteswissenschaften kritisierte, die den positivistischen Weg eingeschlagen haben, ist sie nicht nur als eine aktuelle, sondern auch als [[historische Soziologie|eine eigenartig historische und kritische Wissenschaft]] entstanden.
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Angesichts der eigentuemlichen Lage, hat sich die Soziologie in Deutschland im Unterschied zu der westlichen Soziologie (Frankreich, USA) auf eigentuemliche Art und Weise als eigene Wissenschaft etabliert, im Kampf gegen die Geisteswissenschaften und vom Streit zwischen Positivismus und Heumeneutik. Da die deutschen Geisteswissenschaften gegen die Jahrhundertswende in einer Kriese gerieten und an ihren Erkenntnisgrenzen stossen, hat die Soziologie diese Fragen aufgenommen und die Schwaechen der Geisteswissenschaften gezeigt. Das Interesse der deutschen Soziologie der 20er Jahren galt, was die Menschen bewegte. Die soziologischen Fragen waren die existentiellen Fragen der Gesellschaft selbst, die sich in einer Gegenwartskrise in den 20er befand. Da die deutsche Soziologie die historischen Faecher und die Wertvoraussetzungen der Geisteswissenschaften kritisierte, die den positivistischen Weg eingeschlagen haben, ist sie nicht nur als eine aktuelle, sondern auch als eine eigenartig historische und kritische Wissenschaft entstanden.
  
 
Die Soziologie in den 20er hatte eine besondere Stellung nicht nur „im geistigen Haushalt der Nation“. Die ersten Universitaeten, an denen die Soziologie als eigene Wissenschaft institutionel etabliert wurde, waren Koeln, Frankfurt als Stiftungsuniversitaet und Hamburg. Die Institutionalisierung der Soziologie wurde politisch und von einer ausseruniversitaeren Soziologieentwicklung unterstuetzt, weil man paedagogisches und krisenbewaeltigendes Potential in der Soziologie gesehen hat.  Nach dem Kampf fuer  Institutionalisierung der Soziologie hat der Kampf um die Soziologie begonnen, um ihren Wert als Orientierungsmacht mit dem Streit zwischen E. R. Curtius und Karl Mannheim, der vom Curtius eroeffnet wurde. Er hat Mannheims These kritisiert, dass „die Soziologie zu Zentralwissenschaft werde“ und ihm Soziologismus vorgeworfen. Diese Phase der Soziologieentwicklung in Deutschland wurde 1933 mit dem nationalsozialistischen Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeantentums beendet.
 
Die Soziologie in den 20er hatte eine besondere Stellung nicht nur „im geistigen Haushalt der Nation“. Die ersten Universitaeten, an denen die Soziologie als eigene Wissenschaft institutionel etabliert wurde, waren Koeln, Frankfurt als Stiftungsuniversitaet und Hamburg. Die Institutionalisierung der Soziologie wurde politisch und von einer ausseruniversitaeren Soziologieentwicklung unterstuetzt, weil man paedagogisches und krisenbewaeltigendes Potential in der Soziologie gesehen hat.  Nach dem Kampf fuer  Institutionalisierung der Soziologie hat der Kampf um die Soziologie begonnen, um ihren Wert als Orientierungsmacht mit dem Streit zwischen E. R. Curtius und Karl Mannheim, der vom Curtius eroeffnet wurde. Er hat Mannheims These kritisiert, dass „die Soziologie zu Zentralwissenschaft werde“ und ihm Soziologismus vorgeworfen. Diese Phase der Soziologieentwicklung in Deutschland wurde 1933 mit dem nationalsozialistischen Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeantentums beendet.

Version vom 8. November 2007, 11:42 Uhr

Man kann die Geschichte der Sozialwissenschaften und der Soziologie in den 20er Jahren als Fachgeschichte schreiben, d.h. nur unter Beruecksichtigung des sachlichen Selbstverstaendnises der Wissenschaft, des eigenen Erkenntnisfortschritts, oder als eine Wissenschaftsgeschichte schreiben, d.h. das sachliche Selbstverstaendnis der Wissenschaft in seinen Zusammenhaengen und Bedingungen verstehen. In seinem Text „ Wie kann man die Geschichte der Sozialwissenschaften in den 20er Jahren schreiben“ hat Friedrich Tenbruck versucht eine Wissenschaftsgeschichte der deutschen Soziologie fuer diesen Zeitraum zu schreiben.

Die deutsche Soziologie ist im geistigen Milieu der Nachkriegszeit ( 1 Weltkrieg) bei den Besiegten (Deutschland und Oesterreich) entstanden. Dieser Zeitraum ist von einer grungsaetzlichen Reflexion der gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Grundlagen bezeichnet ( Zwiefel an Fortschritt, Veraenderung der Gegenstaende der Wissenschaften, Diskussion um die Wertfreiheit und Wissenssoziologie). Da der 1 Weltkrieg ein Krieg der Ideen war, hat sich derselbe Kampf der Ideen auf wissenschaftlicher Ebene fortgesetzt.

Angesichts der eigentuemlichen Lage, hat sich die Soziologie in Deutschland im Unterschied zu der westlichen Soziologie (Frankreich, USA) auf eigentuemliche Art und Weise als eigene Wissenschaft etabliert, im Kampf gegen die Geisteswissenschaften und vom Streit zwischen Positivismus und Heumeneutik. Da die deutschen Geisteswissenschaften gegen die Jahrhundertswende in einer Kriese gerieten und an ihren Erkenntnisgrenzen stossen, hat die Soziologie diese Fragen aufgenommen und die Schwaechen der Geisteswissenschaften gezeigt. Das Interesse der deutschen Soziologie der 20er Jahren galt, was die Menschen bewegte. Die soziologischen Fragen waren die existentiellen Fragen der Gesellschaft selbst, die sich in einer Gegenwartskrise in den 20er befand. Da die deutsche Soziologie die historischen Faecher und die Wertvoraussetzungen der Geisteswissenschaften kritisierte, die den positivistischen Weg eingeschlagen haben, ist sie nicht nur als eine aktuelle, sondern auch als eine eigenartig historische und kritische Wissenschaft entstanden.

Die Soziologie in den 20er hatte eine besondere Stellung nicht nur „im geistigen Haushalt der Nation“. Die ersten Universitaeten, an denen die Soziologie als eigene Wissenschaft institutionel etabliert wurde, waren Koeln, Frankfurt als Stiftungsuniversitaet und Hamburg. Die Institutionalisierung der Soziologie wurde politisch und von einer ausseruniversitaeren Soziologieentwicklung unterstuetzt, weil man paedagogisches und krisenbewaeltigendes Potential in der Soziologie gesehen hat. Nach dem Kampf fuer Institutionalisierung der Soziologie hat der Kampf um die Soziologie begonnen, um ihren Wert als Orientierungsmacht mit dem Streit zwischen E. R. Curtius und Karl Mannheim, der vom Curtius eroeffnet wurde. Er hat Mannheims These kritisiert, dass „die Soziologie zu Zentralwissenschaft werde“ und ihm Soziologismus vorgeworfen. Diese Phase der Soziologieentwicklung in Deutschland wurde 1933 mit dem nationalsozialistischen Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeantentums beendet.