Walter Rüegg: Unterschied zwischen den Versionen

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WR: Also ich war wenn man so will soziologisch infiziert und vor allem (.) während meines Pariser Studienjahres (.) äh waren eigentlich (1) äh die die Professsorinnen und Professoren der Philosophischen Fakultät waren derart noch von Durkheim von der durkheimischen Soziologie beeinflusst (.) dass ich also auch bei lateinischen und griechischen Vorlesungen eben irgendwie nicht einfach nur die übliche deutsche (.) Art der Philologie (.) äh hörte sondern ein eine andere andere eben soziologisch infizierte Form (.) .:nicht wahr? //mhm// und so bin ich habe ich dann als ich äh Privatdozent Geld verdienen mußte und ich nicht nur schulisch also Gymnasialunterricht gab (.) äh äh habe ich als mein damaliger Schwiegervater also der Vater meiner ersten Frau (.) äh der ein Kraftwerk leitete (.) das erste Kraftwerk das in der Schweiz also Alpenkraftwerk das entstanden war (.) sagte wenn man schon einen Schwiegersohn hat der der keinen anständigen Beruf (wie      ) studiert hat schreiben kann er ja wenigstens und dann habe ich die Festschrift ((holt Luft)) für dieses dieses Tal also das äh (.) (Bur  ) hinter dem (      ) äh gemacht und habe dabei nicht nur die sehr interessante ökonomische (.) äh Ge-: Gründunggeschichte denn sie war eigentlich nur ein Nebenprodukt zur Berliner Bahn die damals gebaut wurde sondern auch die Auswirkungen welche diese ähh Kraftwerke im Tal gehabt haben (.) habe ich dargestellt und das hat sogar in Frankfurt war das dann eines der Dokumente welches die Fakultät fand ja das ist das zeigte dass der Rüegg ja offensichtlich ein Soziologe ist (.) //mhm// und so bin ich dann Soziologe gewor-: habe den Lehrstuhl von Karl Mannheim (.) wieder (.) bekommen vorher war es ja waren ja nur Wiedergutmachungspr=professoren=professuren an der Fakultät gewesen (.) //mhm// und ich kann auch gleich sagen dass ich nachher dann (1) und das ist dann auch eine dieser Fragen bei Gerth (.) es war ja so dass äh (1) äh vor allem Adorno mehr als Horkheimer eigentlich immer (.) ähhh (.) nur mit Leuten auskamen die (.) sie (.) die (.) die von ihnen
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[[Image:Walter_ruegg.jpg|thumb|left|200px|Walter Rüegg, 01.01.2008]] '''Walter Rüegg'''
  
└FH: favorisierten
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aus: Wikipedia, der freien Enzyklopädie
  
└WR: die die sie verehrten, nicht wahr? (1) Die also ein gutes Verhältnis zu ihnen hatten und Gerth muss irgend einmal als er eingeladen worden war (.) muss das nicht geklappt haben persönlich (.) und und Adorno hat sich immer mit Händen und Füssen dagegen gewehrt etwas für den Gerth zu tun denn er wäre eigentlich eher jemand gewesen (.) für die philosophische Fakultät, nicht wahr? Er war ja kein Ökonom (.) //ja// und dann hat also das @kams@ eigentlich vom vom Ministerium her dort es hier irgend offenbar jemand dort sehr so derart (.) erfolgreich interveniert dass äh ich als Rektor sogar (.) gebeten wurde etwas zu prüfen ob man das nicht etwas tun könne
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Walter Rüegg (* 4. April 1918 in Zürich) ist ein Schweizer Soziologe.
  
FH: Dann für Gerth?
 
  
WR: äh für Gerth //ja// und so habe ich dann also das entsprechende Gutachten geschrieben //mhm// ich wusste dass Gerth (.) nicht äh kein normaler (.) Lehrer für (Under) Graduates äh sein könne (.) wir brauchten auch keinen äh Lehrer für den Grundunterricht (.) aber ich meine ich habe mit Recht darauf hingewiesen dass es also für die Studenten der oberen Semester (.) äh und die Assistenten außerordentlich interessant (.) sein könnte mit dem Gerth und seinen amerikanischen (.) auf seiner amerikanischen Vorlesung bäs-: persönlichen Kontakt zu bekommen und das war //mhm// nicht nicht direkt äh ein graduierten Kolleg aber doch auf dieser Ebene, nicht wahr? Ihm eine Lehrmöglichkeiten zu geben und das war ja dann auch der Fall und ich glaube (.) er hat dann doch auf seine letzten Jahre er hat ja
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Der studierte Altphilologe war von 1950 bis 1961 zunächst Privatdozent und Titularprofessor für „Geschichte der Geisteswissenschaften unter besonderer Berücksichtigung des Humanismus“ an der Universität Zürich. 1961 wurde er als ordentlicher Professor für Soziologie an die Universität Frankfurt berufen, der er zwischen 1965 und 1970 auch als Rektor vorstand. 1967/68 war Rüegg zudem Präsident der Westdeutschen Rektorenkonferenz. Von 1973 bis zu seiner Emeritierung 1986 lehrte Rüegg an der Universität Bern. Er bekleidete Gastprofessuren in Chicago, Köln, St. Gallen und Paris sowie Führungsfunktionen in schweizerischen, deutschen und europäischen Wissenschaftsorganisationen.
  
└FH: bis 78
 
  
└WR: er hat ja dann (.) wann ist er gestorben?
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Rüegg ist Autor und Herausgeber zahlreicher Veröffentlichungen zur europäischen Bildungsgeschichte, -soziologie und -politik. Am bekanntesten ist die von ihm herausgegebene vierbändige Geschichte der Universität in Europa, von der bisher drei Bände erschienen sind.
  
FH: 78
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Werke (Auswahl)
 
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* Cicero und der Humanismus (1946)
WR: 78 ja aber ich meine er hat ja nicht bis zum Lebensende veröff=gelehrt aber ich meine so lange er das tun konnte hat er das gemacht
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* Soziologie (1969)
FH: ja und äh (.) können Sie sich vielleicht daran erinnern äh ob sich Adorno und Horkheimer auf die Zeit als Karl Mannheim Soziolog-:ieprofessor gewesen und Hans Gerth bei ihm promovierte wie diese Situation
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* Zur soziologischen Theorie und Analyse des 19. Jahrhunderts (1971, Hrsg. mit Otto Neuloh)
 
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* Kulturkritik und Jugendkult (1974, Hrsg.)
└WR: nein nein die Sache war so natürlich wollte die Fakultät den Karl Mannheim zurückholen  (.) //ja// aber bevor das überhaupt
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* Ethik im Humanismus (1979, Hrsg.)* Geschichte der Universität in Europa (1993 ff., Hrsg.)
 
 
└FH:er ist ja 47 gestorben
 
 
 
└WR: ist er gestorben, nicht wahr? Das war der Grund. Nein
 
 
 
└FH: aber es gab Versuche?
 
 
 
└WR: das war ja vor der Zeit vor der Zeit als Adorno und Horkheimer zurückkamen das war ja 47
 
 
 
└FH: ja
 
 
 
└WR: jaja (.) nicht das war eben wenn man so will das Unglück, nicht wahr? Natürlich äh wenn er zurück gekommen wäre hätte die äh die Entwicklung einen ganz anderen Verlauf genommen
 
 
 
FH: ja (.) ja das stimmt (.) und äh (.) Adorno und Horkheimer haben die sich auf die Zeit bezogen vor 33 als Mannheim als ein Soziologiestar im Grund nach Frankfurt gekommen
 
 
 
└WR: ja ja also natürlich habe ich in meiner Antrittsvorlesung Mannheim erwähnt, nicht wahr? (.) //mhm// und und öh aber (1) ich habe nie ((Auflachen)) mit Horkheimer oder Adorno ein Gespräch über Adorno gehab=äh //über Mannheim// ein Gespräch über Mannheim gehabt (2) //ja//  Ich weiß wie Sie's (.) sich dafür einstellen es war auch so dass man eigentlich (.) also bei Horkheimer hat man (.) über alles mögliche vor allem Philosophie geredet (.) ((holt Luft)) bei (.) natürlich dann auch über dieee aktuellen äh universitäts=äh=politischen Dinge (.) und bei bei Adorno wars so das man dann (.) mit ziemlicher Sicherheit wusste dass also nach dem (.) Essen ihn man ihn bei einer Sendung entweder bei Radio oder Fernsehen noch äh äh anhören würde und er nachher einen fragte und wie bin ich gewesen, nicht wahr? //mhm// Das war so eigentlich das Übliche also //okay ((lacht)) ja ähm// (2) übrigens Adorno ((schmunzelt)) ich meine etwas kann ich vielleicht doch aber das ist glaube ich schon bekannt ich habe das auch schon (.) ((holt Luft)) anderswo gesagt (.) äh als ich kam sagte er mir Herr Rüegg (.) wenn Sie in Frankfurt vorankommen wollen allgemein ich kann Ihnen dabei behilflich sein (.) ich kann Ihnen eine Sendung beim Hessischen Rundfunk sei es beim Radio oder beim Fernsehen (.) organisieren und dann müssen Sie (.) selber (.) nur (.) zwanzig Hörer- oder Zuseh=schauerbriefe (.) äh organisieren dann sind Sie (.) beim Hessischen Rundfunk (.) ein gemachter Mann (1) Die Rückmeldung ist so schlecht (.) dass also (.) //mhm// (.) das genügt damit Sie nachher dann (.) dort festarbeiten also fest zu Vor=zu Vorträgen eingeladen werden (.) und das hat mich @also damals @ derart schockiert,nicht wahr? Der gleiche Mann der nicht müde (.) wird über über die sich über die Kulturindustrie und all diese (.) die Vermarktung des Geistes aufzuregen, nicht wahr? (.) und der gibt mir also diesen Rat und hat das offenbar bei sich mit großem Erfolg (.) selber praktiziert (.) //mhm// denn denn als (.) eigentlich während meiner ganzen Frankfurter Zeit (.) war ja Horkheimer der führende Mann dessss des Instituts, nicht wahr? (.) und (1) nachher war(.) heute spricht kein Mensch mehr von Horkheimer es gab ein Adorno-Jahr (.) in Frankfurt aber von aber Horkheimer der der viel bedeutendere (.) Lenker und und und Wissenschaftler gewesen war(.) von dem redet niemand mehr //mhm// und das hat natürlich (.) ((holt Luft)) äh hat hat Adorno mit dieser Strategie erreicht, ne? //mhmm// (2)
 
 
 
FH: Popoularisierung (1) seiner eigenen (.) Person
 
WR: (1) voila //mhm// (1) so jetzt kommen wir zu Ihren konkreteren Fragen
 
 
 
FH: ja wobei ich würde gern (.) als Sie nach Chicago gegangen sind für ein Jahr //ja// sind Sie dann auch äh ähm (.) Anselm Strauss zum Beispiel begegnet? In Chicago haben Sie da auch Kontakt zur Chicago School der Soziolo-:
 
 
 
└WR: nei=also die Sache war so, nicht wahr? Ich bin ja also (.) eigen=das Team (.) ähm das in Frankfurt gewesen war das bestand also aus dem Herrn von Grünebaum das war (.) der war mal aus Wien emigriert war Arabist (.) und war äh wurde nachher der eigentliche Schöpfer  des oriental äh Deparments äh (.) in (.) in der UC-University also in in Los Angeles, nicht wahr? Als die University of California ihr ihr ihre Depondents in (.) nach Berkeley in Los Angeles machte (.) wurde er eigentlich beauftragt mit diesem ganzen Dings ((holt Luft)) das war der eine der andere ((hustet)) er war der Bruder von (          Walder) der (        Walder)  das war ein Theologe und dann nachher war noch ein ein jüngerer Literaturwissenschaftler äh war dabei (.) und ich war also wenn man so will hatte mit der Soziologie überhaupt nichts zu tun in he-: (.) ich wurde untergebracht im theological (.) also das heißt mein mein mein äh mein Büro wenn man so will (.) //mhm// war zufälligerweise gerade freie ((stöhnt)) das freie Logie oder der freie Saal ((holt Luft)) des äh des äh Direktors des theological Seminares so dass ich da ein wunderschönes Zimmer oben hatte wo ich hinunter auf den Bibliothekssaal der @Studenten sehen @ konnte //mhm// (.)  und äh habe also sehr guten Kontakt mit allen möglichen emi=emigrierten Koryphäen gehabt (.) also wie zum Beispiel mit dem Kunsthistoriker (                ) (.) //mhm// (.) und und anderen (.) aber überhaupt also auch Edward Shils mit dem ich mich später dann sehr befreundet habe (.) //mhm// hat der damals schon in in Chicago war wenn er nicht zufälligerweise gerade in Harvard (.) gewesen ist zusamm=zusammen mit mit äh (1) na den berühmten (Haba???) dort äh Soziologen gut (.) //mhm// wissen sie also (.) ich bin jetzt derart in der Universitätsgeschichte (.)
 
 
 
└FH: ja das ist dann schwierig
 
 
 
└WR: das also mein Computer also die Soziologie
 
 
 
└FH: ok dann lassen wir das @Thema@ es hätte ja nur sein können dass sie auch dort mit Soziologie in Kontakt gekommen sind
 
 
 
└WR: jaja das habe ich später sehr bereut dass ich das nicht
 
 
 
└FH: ah ok (.) dann kam es eher aus den Studien hier
 
 
 
└WR: ich war einfach ich ich dachte gar nicht daran äh mich für Soziologie zu interess-: fachmäßig zu interessieren
 
 
 
└FH: ok das funktioniert @jaja dann verstehe ich das@
 
 
 
└WR: Ich äh (.) meine Vorlesungen waren über äh europi=liasiation und die Bedeutung des Humanismus und so weiter das waren damals meine Themen (.)
 
 
 
└FH: ja und in dem Funkkolleg für Soziologie da sprechen Sie ja auch über den Humanismus im Grunde versuchen Sie da eine humanistische Soziologie zu entwerfen und zu entwickeln
 
 
 
└WR: ja ja ja ja
 
 
 
└FH: und äh als Sie '56 dann äh nach Frankfurt (.) als Direktor fü=des Seminars auch für Gesellschaftslehre (.)
 
 
 
└WR: Was haben sie jetzt gesagt? Wann?
 
 
 
└FH: haben sie (.) war das dann '56?
 
 
 
└WR: nein nein nein noch nicht das war spääter
 
 
 
└FH: später?
 
 
 
└WR: ah das heißt ich glaube '56 habe ich habe ich äh oder
 
 
 
└FH: '56 bis '61 Ordinarius für Soziologie und Direktors des Seminars für Gesellschaftslehre in Frankfurt
 
 
 
└WR: Entschuldigung aber das kann doch nicht sein ich bin doch erst
 
 
 
└FH: seit '61?
 
 
 
└WR: Ich bin erst '61 bin ich bin ich bin
 
 
 
└FH: ok dann stimmt meine Angabe-: dann stimmt das hier nicht (.) nicht so genau (.) aber dann seit '61 da sind Sie dann
 
 
 
└WR: ja ja '61 wurde ich berufen, nicht wahr? (.) oder kriege ich den Ruf und und äh und da sagte meine Frau die b-: die zuerst also sehr froh gewesen war das ich (nicht) '56 (.) eine Professur in Köln oder Erlangen angenommen hatte (.) äh sagte so jetzt ist an Dir Du ähhh denn (.) ich hatte damals die ((rascheln)) (.) illusionäre Vorstellung (.) ich könnte wie die Humanisten der früheren Zeit (.) tagsüber einen anständigen Beruf ausüben und am Abend mich der Wissenschaft widmen (.) //mhm// (.) und hab das natürlich auch versucht aber das ging natürlich nicht mehr, nicht wahr? Wenn man also Sitzungen (.) in in es waren auch europäische Verbände dabei ((holt Luft)) //mhm// die ich äh äh wo ich Geschäftsleiter war wo ich Geschäftsführer war (.) äh (.) immer hin- und her reisen muss (.) heute kann man das nicht mehr, nicht wahr? //mhm//  heute (.) nnimt einen (.) äh der Brotberuf wie auch die der wissenschaftliche Beruf nimmt einen ganz in Anspruch (.) //ja// und so bin ich also dann eben '61 habe ich den Ruf angenommen (.) //mhm// (.)
 
 
 
FH: Die (.) Soziologie so beschreiben Sie das auch in dem Funkkolleg Soziologie äh entsteht aus einer (.) äh äh aus einer Erfahrung der Krise also es kann eine
 
 
 
└WR: ja das ist (.) zweifel=ohne Zweifel ja ja
 
 
 
└FH: es kann auch eine Krise der Wissenschaft sein die ähm die dazu ähm (.) befähigt dann eigentlich soziologisch auch zu denken zumindesten äh (.) beschreiben Sie das indirekt auch so in der Einführung in diesem Funkkolleg und die Frage wäre ob (.) ob äh '61 dann in Deutschland ob es da auch noch diese (.) Erfahrung der Krise noch gegeben hat ob das auch zur Soziologie dann (.) mehr befähigt hat auf eine bestimmte Art und Weise (.) wie haben Sie diese (.) oder war es keine Krisenerfahrung?
 
 
 
└WR: ja ich mein das dazu also (.) es war ja damals=ich bin ja (.) die die die (2) '61 war ja ein Jahr nach den sogenannten (1) äh Empfehlung des Wissenschaftsrats zum Ausbau der wissenschaftlichen Einrichtungen insbesondere der Universitäten (1) //mhm// und die Universität Frankfurt war (1) äh uh (.) bekannt dafür dass also Soziologie hier ein Schwerpunkt  ist (.) und (.) ssollte dementsprechend ausgebaut werden //mhm// (.) äh (1) dazu waren die Wiso Fakultät drei äh Lehrstühle für Soziologie (.) äh vor äh vorbehalten (.) sie sollte drei Lehrstühle bekommen und den ersten der erste Lehrstuhl war dann eben der der dann also mir angeboten wurde (.) wobei zu sagen ist er war noch nicht (.) gen-: (.) von von Wiesbaden her (.) finanziert so dass also das erste Jahr offenbar was ich nachher erfuhr (.) dann vom (.) von der Gesellschaft der Freunde der Universität dad= das hieß
 
 
 
└FH: Freunde und Förderer
 
 
 
└WR: Freunde und Förderer dann finanziert wurde aber ich meine das //mhm// äh ging ja direkt nichts mich an (.) also ich will das nur sagen (.) das ging also schrittweise (.) //mhm// und diese Empfehlungen wurden ja von den Universitäten also (.) äh buchstabengetrau (1) (pardon) von den Behörden (.) von den Kultusbehörden (.) buchstabengetrau wurden sie exekutiert (.) der einzige (.) die einzige Lücke war das (.) das sie beruhte auf den Studentenstand von 1960 (.) aber die Studentenzahlen gingen ja im Lauf der '60er Jahre immer (.) //mhm// und zwar sehr rasant eigentlich hinauf (.) //mhm// nicht so rasant wie später dann (.) aber immerhin trotzdem (.) äh so dass eigentlich äh zwar für die Professuren (1) mindestens was die Soziologie betrifft ich meine drei war also eine sehr schöne Zahl nicht wahr? (.) und äh zunächst wollt=wollte es es gelang mir dann auch ich meine wirklich zwei Kollegen zu gewinnen die viel besser waren (.) a-: in der Soziologie als ich sowohl der Ten=Tenbruck wie auch Luckman, nicht wahr? //mhm// beides sehr sehr gute Leute ((holt Luft)) und das hat mir dann auch erleichtert (.) äh das Rektorat das ich auch wieder aus einem Zufall bekam, nicht wahr? (.) //mhm// der Zufall war der dass erstens einmal ich (.) wider meiner Erfahrung als Geschäftsführer von Wirtschaftsverbänden (.) meine Arbeit als Dekan das war so ein Anfängerjob, nicht wahr? (.) //mhm// also das war immer derjenige der jetzt gerade gekommen war denn die anderen hatten schon alle ein Dekanat gemacht ((holt Luft)) //mhm// und dann nachher hat das war die Einführung in die De=in die Arbeit der Fakultät und das habe ich überdurchschnittlich effizient gemacht weil weil ich das gelernt hatte in der Wirtschaft (.) //mhm// und als dann zufälligerweise (.) der Turnus wieder an die@ Wiso Fakultät kam @ um einen Rektor vorzuschlagen //mhm// hatte ich ein erfolgreiches Dekanat hinter mir und dann hat man mich vorgeschlagen, nicht wahr? //ja// das war alles eigentlich eine Reihe von Zufällen (.) //mhm// und äh (.) und das und das hat sich dann immer mehr zu einem Fulltimejob entwickelt (.) und das konnte ich deswegen machen weil ich eigentlich sehr gute Kollegen hatte (.) //mhm// wobei zu sagen ist, nicht wahr? Tenbruck war ja derart (1) ähm (.) ich will schon fast sagen doktrinär, nicht wahr? Oder hat eine ganz bestimmte Vorstellung von Soziologie gehabt ((holt Luft)) //mhm// das wir keine Bücher von Adorno @in unserem@ Seminar für Gesellschaftslehre anschaffen durften, nicht wahr? (.) ((Auflachen))
 
 
 
└FH: @das gibt’s ja nicht@
 
 
 
└WR: @ich mein man kann geteilter Meinung sein@ ich meine über die Bedeutung von Ad=Adorno über die Soziologie @aber ihn da gleich (.) gleich@  soweit zu gehen //ja// (1) und
 
(1) Tenbruck den ich sehr schätzt habe ich meine das war mein mein erster deutscher Freund (.) äh @aber@ der hat nur (.) nur Jünger oder Feinde gekannt, nicht wahr? //mhm// (.) da gabs nichts dazwischen °nicht wahr so ungefähr° (1) also (.) es ist etwas übertrieben was ich sage (.) aber auf jeden Fall er wusste was Soziologie ist ich wusste das nicht so genau ich meine ich habe immer versucht (.) einigermaßen (.) ähhh den Weg dazu zu finden (.) aber äh er hat das also (.) und hat auch wirkliches haben auch mit Recht haben auch einige (.) ältere Herren gesagt das ist der beste Soziologe den wir in Deutschland haben, nicht wahr? (.) //mhm// und den hatte ich eben eine Zeit lang als (.) Kollegen aber er ist so rasch wie möglich ist er dann von Frankfurt weg weil er (.) den Eindruck hatte er konnte=er könne doch nicht seine Soziologie gegen diejenige von Adorno durchsetzen (.) //mhm// (.) ist er dann nach Tübingen gegangen (.)
 
 
 
FH: Tübingen (.) und Luckmann ist auch nicht so lange
 
 
 
└WR: und Luckmann war eben der (.) einwenig der Freiherr von Luckmann, nicht wahr? Kam ja aus aus Slowenien eigentlich damals natürlich noch K & K (.) und äh wohnte sehr weit weg irgendwo ähhhh (.) irgend kam ein oder zwei Tage kam er nach Frankfurt (.) hat sehr gute Schüler gehabt //mhm/ (.) und hat sehr guten Unterricht gegeben (.) und ist dann ich glaube ich glaube aber das haben sie irgendwo sicher festgestellt ist (.) entweder '7 oder '68 oder '69 ist er dann nach Konstanz gegangen (.) //mhm//
 
 
 
└FH: ich weiß jetz-:
 
 
 
└WR: ja Konstanz  wurde erst
 
 
 
└FH: ich glaub schon '67
 
 
 
└WR: '67 er=eröffnet oder also (.) //ja// also dann ist er nach Konstanz berufen worden //ja// (.)  und ist dann eben auch gegangen
 
 
 
FH: mhm (1) ja (1) das heißt ähm (.) die Zeit äh  bevor Sie sozusagen (.) zum Rektorat also (.) aufgefordert berufen wurden (.) ähm wie haben Sie da die äh (.)  dieses Verhältnis des Seminars für Gesellschaftslehre und die Institut erlebt
 
 
 
└WR: ja das ist gut das Sie da das fragen, nicht wahr? (.) Ich hatte also zum Vornherein (.) äh (2) wollte ich nicht dass wir eine Art Kampfsituation haben also nicht nur deswegen weil ich beide Herrn persönlich kannte sondern grundsätzlich, nicht wahr? //mhm// (.) und da war es auch wieder (1) °(sehr sehr)° ja das der Zufall (.) das die Wiso Fakultät vom (.) Fakultätentag aufgefordert war (.) äh die Rahmenprüfungsordnungen für die Gebiete der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften vorzubereiten (.) //mhm// (.) und da fiel mir also dann die Aufgabe zu das für die Soziologie zu machen ((holt Luft)) und ich hatte (.) äh äh äh die Idee wir sollten mir der philosophischen Fak-: also mit Adorno und Horkheimer zusammen (.) eine Prüfungsbeh-: ein Prüfungsreglement ein gemeinsames Prüfungsreglement und damit auch eine gemeinsame Prüfungskommission haben ((holt Luft)) und (.) also so dass Studierende (.) sowohl bei uns wie drüben (.) Soziologie machen können (.) und der Unterschied ist dann formal (.) nur der (.) dass äh das (1) Wahlfach nein es hieß nicht Wahlfach sondern etwas (.) das Pflichtwahlfach hieß es glaube ich (.) //mhm// äh (.) neben Soziologie für für unsere Studenten (.) Ökonomie war also Nationalökonomie (.) und für die der philosphischen Fakultät Psychologie, nicht wahr? //mhm// (.) im Übrigen waren sie vollkommen frei was sie machen (.) wo sie Soziologie oder wo sie irgendwie ähhh ihr ganzes Studium absolvieren wollen aber eben also (.) äh aber sie mussten Psychologie haben wenn sie ein (.) da bei ein philosophisches äh (.) Diplom für die Soziologie bekommen wollten und Ökonomie (.) bei uns (.) //ja// und so hatten wir da eigentlich von Anfang an ein gemeinsames Prüfungsamt wenn man so will oder Prüfungsbehörde oder (.) //mhm// und äh und (.) waren (.) hatten also (.) ha=ha= hatten auch gemeinsame Faschingsge=geschichten gemacht haben gemeinsame Ausflüge gemacht und so weiter mit den Assistenten und so also es war eigentlich eine ganz gute Verbindung zwischen den beiden ((holt Luft)) äh Institutionen obwohl wir natürlich inhaltlich vollkommen andere (.) //mhm// (.) äh Auffassungen gehabt haben (.) //ja// äh (1) das (1) .: das glaube ich beantwortet Ihre Frage //mhm//
 
 
 
FH: und diese Einführung des Diplomstudiengangs (.) das wurde auch noch wann wurde dann genau das Diplom für Soziologie eingeführt?
 
 
 
WR: ja eben da damit das war ich meine das war (.) ich weiß nicht welches Jahr es war ich war also eigentlich (.) es muss muss äh (1) ja (sieb)=wieviel vier Jahr da also es wahrscheinlich etwa '4 oder '65 (.) //ja// so ungefähr nicht wahr?
 
 
 
FH: mhm (.) al (1) und
 
 
 
└WR: und natürlich (.) vielleicht kann ich das noch sagen
 
 
 
└FH: ja jaja
 
 
 
└WR: äh wir hatten damals (.) in dieser Kommission bei der ja dann (.) auch äh Vertret= eine Vertreterin der Kultusministerkonferenz (.) also das heißt die oberste (.) Kommission die dann nachher die Prüfungsordnung genehmigen musste war ja eine gemeinsame Kommision der ((holt Luft)) Rektorenkonferenz (.) der westdeutschen Rektorenkonferenz und der Kultusministerkonferenz ((holt Luft)) und da war also auch eine Ministerialrätin (.) Frau (Senkpiehl) aus (.) aus Berlin beteiligt und die war dann auch bei den (.) bei den Diskussionen über die Prüfungsordnungen (.) direkt dabei (.) und wir hatten (.) damals äh die Idee dass die Zwischenprüfung die wir fü-: einführten im fünften Semester (.) //mhm// das man die eigentlich so ausgestalten sollte (.) dass diejenigen die finden sie hätten jetzt eigentlich genügend gelernt (.) vor allem die Betriebswirtschafter, nicht wahr? und nachher irgendwie Buchhalter werden in einer Firma  (.) //mhm// dass die dann eigentlich schon mit einem Zeugnis hinausgehen können, nicht wahr? //mhm// aber das hat sich dann also (.) dasss (.) die Idee wurde lang diskutiert und erörtert aber sie (.) scheiterte dann eigentlich an diesem sogeannten A13-Syndrom, nicht wahr? Also das heißt eben das man eine gewisse (.) abgeschlossene (.) akademische Prüfung gemacht haben muss damit man (.) in die (.) Kategorie dami=damals war es A13 das heißt in den (.) höheren (.)
 
 
 
└FH: Dienst
 
 
 
└WR: Dienst Beamtendienst hinein kommen konnte //ah ja// (.) und darum ist das was @jetzt@ also mit dem @Bachelor@ mit sechs Semestern gemacht wurde war damals also @eine Idee @ nicht wahr? //mhm// denn ich meine es gab ja bereits gab es das dreijährige Studium in England nicht wahr? //ja// (.) es war eigentlich und in Frankreich war die (License) war glaube ich sogar (.) °ich weiß nicht mehr genau° aber war sicher nicht vier Jahre (.) //mhm// oder war wahrscheinlich °ich weiß es nicht mehr genau° (.) kurz und gut also diese Ideen (.) waren damals schon im Gang denn ich meine (.) wir alle (.) äh hatte natür-: (.) befürchteten natürlich die Folgen all dieser (.) dieser ähh Massenuniversität einerseits und (.) //ja// und der damit verbundenen Verlängerung des Studiums (.)
 
 
 
FH:ja ja (.) dann ähm hat man also auch schon in den '60er Jahren darüber nachgedacht welche berufliche Qualifikation man eben mit dem Soziologiestudium erhalten kann
 
 
 
└: zweifellos (.)  wobei natürlich also nicht wahr? (.) die Soziologie ist ja nicht (.) äh auf ein bestimmtes Fach=einen bestimmten Fachberuf ausgerichtet nicht wahr? (.) nicht wie die Ärzte oder Juristen oder so weiter (.) //mhm// ich meine was (.) was man eigentlich (.) mit der Soziologie nur erreichen (.) konnte was das dass man eine (1) Allgemeinbildung (.) in Bezug auf soziale Beziehungen und ich meine und (.) und was alles geht (.) nicht unter soziale Beziehungen (.) //mhm// äh vermitteln kann (.) //ja// die (.) Vorstellung jetzt nicht meine spezielle aber von manchen Soziologen (.) die ich ja auch etwas äh (.) bis zu einem gewissen Teil (.) verstehe und vielleicht sogar auch teile war ja die dass man (.) das Juristenmonopol (1) unterlaufen möchte indem man (.) eine (.) Ausbildung gibt (.) in meine in der (.) äh (.) Leute auf dem Gebiet der äh (.) gesellschaftlichen Beziehungen (.) kompetent arbeiten könne nicht wahr? (.) und das ist natürlich (.) auch bei den Juristen ist es ja (.) die haben natürlich ihr ihrs ihr sehr (.) gefestigtes und tradiertes Regelsystem auf das sichs auf das sie sich stützen können (.) //mhm// und mit Hilfe dessen sie lernen (.) gesellschaftliche Verhältnisse zu (.) äh untersuchen und zu zu beurteilen (.) und wir dachten oder ich meine die s-: die Soziologen ich meine mit denen ich damals dann auch (.) wir waren ja (.) am Anfang als ich kam gab es glaube ich keine zwanzig (.) Soziologieprofessoren in Deutschland nicht wahr? (.) //mhm// das war ein ganz kleiner Verein also als ich zum ersten Mal an einer ähhh Tagung der Soziologieprofessoren teilnahm (.) //mhm// ich glaube ' 61 oder '62 ((holt Luft)) //ja// äh da war wirklich so die Meinung man könnte doch äh Leute ausbilden nicht wahr? Die ähnliche Funktionen wie die Juristen als nicht beim Gericht nicht wahr? //mhm// es gibt die @Juristen betreiben@ ja alles mögliche (.) äh äh neben den eigentlichen Rechtsfragen nicht wahr? //mhm// und ich meine dafür wäre ja eigentlich die Soziologie eine ausgezeichnete allgemeine Vorbereitung (.) //mhm// wo sie dann in irgendeiner dieser verschiedenen Berufe die gesellschaftlich wichtig sind gehen können (.)
 

Aktuelle Version vom 20. Januar 2010, 19:42 Uhr

Walter Rüegg, 01.01.2008

Walter Rüegg

aus: Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Walter Rüegg (* 4. April 1918 in Zürich) ist ein Schweizer Soziologe.


Der studierte Altphilologe war von 1950 bis 1961 zunächst Privatdozent und Titularprofessor für „Geschichte der Geisteswissenschaften unter besonderer Berücksichtigung des Humanismus“ an der Universität Zürich. 1961 wurde er als ordentlicher Professor für Soziologie an die Universität Frankfurt berufen, der er zwischen 1965 und 1970 auch als Rektor vorstand. 1967/68 war Rüegg zudem Präsident der Westdeutschen Rektorenkonferenz. Von 1973 bis zu seiner Emeritierung 1986 lehrte Rüegg an der Universität Bern. Er bekleidete Gastprofessuren in Chicago, Köln, St. Gallen und Paris sowie Führungsfunktionen in schweizerischen, deutschen und europäischen Wissenschaftsorganisationen.


Rüegg ist Autor und Herausgeber zahlreicher Veröffentlichungen zur europäischen Bildungsgeschichte, -soziologie und -politik. Am bekanntesten ist die von ihm herausgegebene vierbändige Geschichte der Universität in Europa, von der bisher drei Bände erschienen sind.

Werke (Auswahl)

  • Cicero und der Humanismus (1946)
  • Soziologie (1969)
  • Zur soziologischen Theorie und Analyse des 19. Jahrhunderts (1971, Hrsg. mit Otto Neuloh)
  • Kulturkritik und Jugendkult (1974, Hrsg.)
  • Ethik im Humanismus (1979, Hrsg.)* Geschichte der Universität in Europa (1993 ff., Hrsg.)