Preyer-Interview: 2. Abschnitt: Unterschied zwischen den Versionen

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S. = Julia Steinecker
 
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Version vom 5. Dezember 2007, 16:46 Uhr

ZU Preyer-Interview: 1. Teil

P. = Gerhard Preyer

H. = Felicia Herrschaft

W. = Timo Wagner

S. = Julia Steinecker


Zeitindex: 35:00

P.: Ja, überhaupt. Die Gesamtprofessionalisierung, denke ich, ist gescheitert.

H.: In welcher Weise?

P.: Ja, weil sie als ähhh Soziologe nicht unterkommen. Es gibt kein Berufsbild Soziologe. Ja? Gibt´s nicht. Es gibt ein Berufsbild Psychologe. Es gibt auch ein Berufsbild Biologe. Es gibt ein Berufsbild Pädagoge, aber ein Berufsbild Soziologe gibt´s nicht. Keiner stellt Sie als Soziologe ein. Sagt, ja was issen das? Was wollen Sie eigentlich machen? Ja? Blumengießen, oder was?

H.: Wobei es gibt auch jetzt (unverständlich) Methoden, die sich zu bestimmten Formen der Beratung geeignet sind (unverständlich)

P.: Ja, hat sich doch aber nicht durchgesetzt.

H.: Das kommt jetzt aber.

P.: Ja, ja. Es kommt gerade. Das ist genauso wie mit der philosophischen Beratung, die hat´s ja auch nicht durchgesetzt. Ja?

H.: Okay.

P.: Das sind so Ansätze….Biographieforschung. Das läuft ja schon zwanzig Jahre. Das fing ja schon Mitte der 80er Jahre an. Das ist ja nix neues. Ich sage das deshalb, im Unterschied zu den Vereinigten Staaten. Da hockt in jedem Knast heute ein Soziologe, ein Sozialwissenschaftler, also nicht heute vor seinem PC und hat seine ähhh, Daten. Also in anderen Bereichen in den USA, Vereinigte Staaten, ist die Professionalisierung der Soziologie eigentlich gelungen. In Deutschland ist sie nicht gelungen.

H.: Was denken Sie? Was ist ausschlaggebend dafür gewesen, dass die Soziologie sich nicht professionalisiert hat? Hängt das vielleicht mit diesen Konflikten zusammen, die sich hier in den 60ern abgespielt haben?

P.: Ja, mag sein. Ja, also man könnte das dafür….

H.: (unverständlich)……bürgerlich und marxistischen Soziologie, die vielleicht verhindert hat, dass die…

P.: Ja, mag sein. So hat man es zumindest dargestellt, so können Sie es auch darstellen, ja? Obwohl es hat ja später Anläufe,….hat der Berufsverband für Soziologie ist 75 gegründet worden. Ich bin da eingetreten, 80 wieder ausgetreten, weil ich nicht wusste, was soll ich da drin.

H.: Doch damit hatte die „Gruppe 75“ nichts zu tun?

P.: Nö, gar nichts. (….) Es ist dann noch in den 80er Jahren das Berufsbild Soziologe hier am Fachbereich auch diskutiert worden, das ist aber letztlich, da gab´s unterschiedliche Positionen. Der Oevermann hat sich damals Soziologie nur als Zweitstudium ausgesprochen, der Hondrich nicht, der… Aber das ist dann doch….ähhh, dann doch im Sande verlaufen. Ja? (….) Ja, wäre ne interessante Frage. Warum konnte sich die Soziologie nicht professionalisieren?

H.: Was meinen Sie?

P.: Also viele sagen, man sagt ja, es hängt zusammen, also sagen wir mal, dass man den Soziologen Accosomodo jetzt also nur Marxismus, Weltveränderung unterstellt hat. Aber da stimmt ja nicht, also…ähhhh das können Sie für einen Kölner, Karlsruher Soziologen nicht sagen. In einem Punkt müsste man es korrigieren. In einem Punkt hat sich die Soziologie professionalisiert. In der Wahlforschung. Das ist ja das Einzige. Wobei ich das jetzt auch nicht als Professionalisierung, als eines Faches sehen würde. Ja weil das nur ein Segment des Faches ist. Ja? (……….) Woran hat das gelegen? Das ist ne gute Frage. Man müsste dem mal nachgehen weiter. Also es ist sicherlich zu einfach, wenn man sagt, also es hängt dann nur mit dieser…. sag mal so, dass man so ...äh… der Soziologie hier umstürzlerische Motive nachsagt, weil das ja für viele Universitäten einfach nicht galt. Ja? Das muss andere Gründe haben. Dass in einer bestimmten Situation, die genannten Fächer, die Psychologen, die Pädagogen schneller vorgestoßen sind auch. Ja? Glaubhaft machen konnte also, sie haben Einsicht in bestimmte Zusammenhänge, die andere nicht haben. Ja? Womit es ihnen gelungen ist andere Positionen zu besetzen. Ja? Vor allem hing es bei den Pädagogen damit zusammen, dass halt Anfang der 70er Jahre die Nachfrage nach ihnen gestiegen ist. Also auch von den Kommunen. Das brach Mitte der 80er Jahre zusammen. Zweite Hälfte der 80er Jahre brach das zusammen. Gut, da sind die rein gegangen. Ähnliches für die Psychologen. Soziologen haben es nicht fertig gebracht sich da irgendwie zu positionieren. Ich glaube nicht nur, dass das mit diesem, mit dieser Linksunterstellung zusammenhängt. Das mag auch eine Rolle gespielt haben, aber das wird auch andere Gründe gehabt haben. Aber überlegen Sie sich noch, in den 60er Jahren, in der zweiten Hälfte. Ich weiß noch von vielen Freunden, die haben es 68 Diplom gemacht. Die sind relativ schnell untergekommen, (…) also einige Freunde von mir da nicht (unverständlich). Einer ist nach Wuppertal gegangen, an so ein Institut. Werbung macht der da, Marktforschung. Ja? (…) Das war, ich hatte damals bei Thomsen gearbeitet und äh, äh, diese eine Referatsleiterin sagte mir da, ja wenn sie fertig sind, kommen sie ruhig her. (……………………….) Es gab natürlich immer, das ist klar, ich will nicht sagen Marktsequent war natürlich nicht sehr groß. Es gab da sicherlich auch eine Konkurrenz zwischen Kölner und Frankfurter Absolventen oder Münchner Absolventen, oder was auch immer. Natürlich, jeder versucht sich, also jeder versucht sich in der Soziologie zu profilieren. Auf diesem Markt. Ja? (………………………………………..) Ich weiß es nicht genau (…….) warum die dann so eingebrochen sind. Die haben sich ja nicht gefangen bis heute. (…) Also meine These ist eigentlich um das äh (……) dass der Fachbereich sich auch (…….) kopiert hat seit (…) der Universitätsreform. Also Selbstblockade vorlag. Ja?

H.: In welcher Ebene? Institutionell? Also jetzt in der Art der Zusammenarbeit? (unverständlich) der Professoren untereinander ein gemeinsames Berufsbild jetzt zu entwickeln oder…

P.: Sie müssen ja davon ausgehen. Wenn ein Hochschullehrer, wenn der gerade keine goldenen Kaffeelöffel klaut, dann können sie dem ja nichts vorschreiben. Das ist wahrscheinlich ein Fehler gewesen, der Universitätsreform, dass man den Status des Hochschullehrers nicht verändert hat. (…) Ja?

H.: Das betrifft ja alle?

P.: Ja, ja. Dass man den Status, dass man nicht nach einer anderen Konstruktion des Hochschullehrers gesucht hat. Ja? (….) Ein Hochschullehrer hat ja in der Tat nur den lieben Herrgott, ja also (……..) das kann man jetzt gut oder schlecht finden. Ja? (lacht) Äh, und das mag sich jetzt im Einzelfall unterschiedlich ausprägen. Ja? (lacht) (……………..) Und es gibt natürlich auch nicht und es gab auch nicht, sagen wir mal, einen Versuch das jetzt einzuführen. Solche Steuerungsmechanismen, dass man da die Publikation der Hochschullehrer evaluiert. Wenn Sie mal berufen sind, da brauchen Sie gar nicht mehr publizieren. Ja? Da machen Sie Ihre Veranstaltungen und fertig. Ja? Also keiner kann, konnte Sie irgendwie zwingen auch nur einen einzigen Artikel zu schreiben. Ja? (……….)

H.: Also da gibt´s keine Kriterien? Man muss nichts veröffentlichen, man muss nicht….

P.: Prinzipiell zumindest rückblickend, in der Vergangenheit mussten Sie das nicht.

H.: Die Qualität der Lehre wurde auch nicht überprüft. Was hat man da übersehen?

P.: Na ja gut, man hat das ja beibehalten von den alten Fakultäten. Man hat diesen Teil institutioneller Konstruktion des Staates beibehalten. (..) Das heißt es gibt ja auch keinen Einigungszwang. (…..) Also in einem Fachbereich. Man kann immer sagen: „Nee, das mach ich.“ Keinem Hochschullehrer kann gegen eigentlich (..) nein sagen. Weitgehend.

H.: Und das macht man hier, glaube ich, ziemlich gerne. Am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften. Finden Sie?

P.: Ja, gut. Das sind halt verschiedene Interessen. Wie wollen Sie sich denn auch verhalten? (..) Also wenn Sie in einer solchen Situation sind, wie sollen Sie sich denn da verhalten? Wollen Sie sich da vom Herrn Müller was vorschreiben lassen, was Sie zu machen haben, oder was? @Wie stellen Sie sich das vor? Natürlich werden Sie dann, sagen wir mal, Ihr Ding machen, wie man das sagt. Ja? Können sagen: „Herr Müller, machen Sie das, was Sie möchten und ich mach das was ich möchte. Wünsch Ihnen noch nen schönen Tag.“ Ja? (..) “Das Bad hat auf, wir können noch ein bisschen schwimmen gehen.“@ (..) Ja? (….) Also. (……..) Das kann man wiederum auch keinem Einzelnen äh, äh, jetzt vorwerfen. Soll ich mir jetzt vom Herrn Steinert was sagen lassen, oder was? Oder vom Herrn Ritsert, oder vom Herrn Lichtblau? Oder soll sich der Herr Lichtblau von mir was sagen lassen? Oder soll er sich was von Herrn XY sagen lassen? Nee, natürlich nicht. (…..) Ich muss meine Lehre betreiben. (..) Ja? Das macht ja auch, das macht ja auch, ja? Das macht ja also auch Sinn, ja? Also das ist jetzt ja nicht nur eine Fehlkonstruktion, sage ich jetzt mal, ja? Man muss halt sehen, wenn, wenn, wenn also bestimmte Vorraussetzungen ungünstig sind. (..) Also man hätte den Status des Hochschullehrers verändern sollen. Gleichzeitig, ja?

H.: In welcher Weise? Was meinen Sie mit Status?

P.: Man hätte seine Autonomie beschneiden müssen, irgendetwas. Ich weiß jetzt nicht, ich hab darüber jetzt nicht nachgedacht.

H.: (unverständlich) Freiheit der Forschung und Lehre.

P.: Ja, das hat ja damit….

H.: (unverständlich) Zwang.

P.: Ja, irgend so was. Also, äh (…) wenn man heute hinkuckt, dann ist es ja geändert. Mit dem Hessischen Hochschulgesetz, dem neuen Hessischen Hochschulgesetz ist ja die Situation wieder neu definiert äh, ja (..) damit ist ja eigentlich die Selbstverwaltung der Universität beendet worden, ja? Das ist das Ergebnis gewesen, ja? Und dass das so konstruiert wurde und nicht anders, hat sicherlich auch eine Vorgeschichte (…) Das ist dann der Fluchtpunkt. (….) Ja? (……) Man wird in zehn Jahren wahrscheinlich eine ganz andere Universität haben, als ich sie gekannt habe, als ich studiert, vielleicht auch als Sie sie gekannt haben. Ja? Äh. (..) Gut, muss man dann sehen, ja? Muss nicht schlechter sein, muss nicht besser sein. Aber es wird auf jeden Fall anders. Aber lassen Sie uns doch vielleicht so, so zurückkehren. Sie wollten ja auch so äh, äh also früher in die 60er und 70er.

H.: Genau. (…) Wolltet Ihr?

W.: Also ich hätte zum Beispiel noch die Frage, wie das äh mit den beiden Fakultäten, mit der WiSo und der Philosophischen war. Gab es da speziellere Konflikte, die sich da aufgetan haben oder gab es da….

P.: Eigentlich nicht. Da hat jeder äh. Die einen waren halt dort und die anderen an der anderen.

W.: Und es gab auch keine größeren Kooperationen?

P.: Es gab keine Kooperationen. Gab keine Konflikte. Ja? (..) Das waren ja zwei Fakultäten und die waren ja in zwei Fakultäten gewesen. Was soll´s da für, ich meine, die Konflikte sind ja dann immer auf ner unteren Ebene, ja? Auf den Seiten der Studenten. Das ist ja. „Ich geh zum Tennebruck.“ und der andere sagt „Ich geh zum Adorno.“ Ja? Und der (unverständlich) sagt: „Was willste denn beim Tennebruck und hörst Dir diesen Quatsch an? Da musste zu Adorno gehen. Das musst Du hören.“ Der Dritte sagt: „Du musst da hin gehen.“ Oder so was. Also ich hab bei allen gehört. (..) Ich war eigentlich nie ein Parteigänger eines bestimmten Hochschullehrers.

W.: Also welcher Fakultät würden Sie sich denn jetzt, im ideologischen Sinne, eher zuordnen wollen?

P.: Nö, gar nicht. (…..) Würde ich nicht. Und es gab da in dem Sinne auch keinen Konflikt, ja? Also, äh weil es ja zwei Fakultäten gewesen sind. Also wenn Konflikte aufgetreten sind, waren die dann auf einer anderen Ebene. Ja? Was soll´s da für. Ich meine, aber gut, vielleicht gab´s da im Senat irgendein Konflikt, oder so irgendwas. Das mag ja sein, ja? Aber jetzt mal von der institutionellen äh Konstruktion eigentlich nicht.

S.: (unverständlich) Sie sagten ja, dass Sie ja bei keinem Professor richtig Wurzeln schlagen konnten.

P.: Ja, richtig.

S.: Denken Sie eher, dass die Zeit zu der Sie studiert haben, Ihren Werdegang bestimmt hat, oder dass es trotzdem die Professoren waren? Wo man auch sagen kann: „Dem kann ich mich nicht ganz anschließen. Ich denke da eher in eine andere Richtung.“

P.: Ich hatte gar nicht als junger Mann so eine substantielle Überzeugung. Ja? Da äh also ich war weder autoritätsgläubig äh, äh, aber ich hab Autoritäten auch nicht abgelehnt. Ja? Also in sofern hat sich für mich so also für mich individuell hat sich das Problem. Ich hab beim Tennebruck, beim Löb, beim Rühregg gehört, beim Adorno gehört und Habermas gehört. Ja? Ich wollte da einfach was mitkriegen, ja? Äh, aber ich hab mich da keiner bestimmten. (.) Ich sah mich irgendwie mental, man kann das ja auch oft bei sich so schlecht rekonstruieren, ja? Also äh, oft sucht man, man schließt sich einer Gruppe an, einem Hochschullehrer an und sagt: „Aha, daran kann ich mich orientieren.“ Man hat ne bestimmte Sicherheit, was auch immer. Ich fühlte, ich war nicht so in eine äh, äh, äh, wie kann ich es ausdrücken? Ich weiß gar nicht wie ich es ausdrücken soll. Ja, hatte nicht so ein Fluchtpunkt. Nicht so einen adoleszenten Fluchtpunkt gehabt, ja? (….) Insofern stellte es sich für mich nicht so als Problem.

S.: War Ihnen damals als Student schon so die Bedeutsamkeit der Professoren bewusst, oder sind die erst im Laufe der Jahre dann auch bedeutsam geworden? Also wenn man jetzt Adorno, Habermas, Tennerbruck beispielsweise sieht. War einem das damals als Student bewusst, dass die schon später schon große Namen sein werden, oder?

P.: (………………….) Ich hab in diese Richtung eigentlich gar nicht gedacht. Ich kann Ihnen diese Frage so gar nicht beantworten. Also Adorno war sicherlich bekannt, Habermas auch, der wurde 65 hierher (unverständlich) der war auch bekannt. Äh, (………..) andere waren weniger bekannt (…..) hatten aber auch gut besuchte Veranstaltungen. Ja? Hmm, ich hab in diese Richtung gar nicht so gedacht.

S.: Also jetzt in die Richtung, dass man sagt: „Medizin ist sehr gut in Heidelberg zu studieren.“ Und hat man jetzt beispielsweise damals gedacht Soziologie ähm, dafür ist Frankfurt sehr geeignet?

P.: Sie hätten auch in Köln studieren können. (..) Also es gab ja auch so einen Austausch. Also sie dürfen sich das auch so ein bisschen, hmm, die intellektuelle, die, die, die akademische Kultur (..) und das gilt ja teilweise bis heute, die ist ja (.) oder das fehlt um es mal so zu sagen. Ist ja immer reicher als die Domäne, als die Institution. (..) Äh, (..) das heißt (…) im Feld haben Sie mit vielen Kontakten. Ich hatte auch Philosophie in Heidelberg dann Anfang der äh, äh 70er bei Tönnies, bei Henrich gehört (…) Das Feld hat ja einen höheren Austausch als die Domäne, ist reichhaltiger als was zum Beispiel in der Domäne im Seminar bei einem Hochschullehrer (……..) was selektiert und artikuliert wird. (…) Da können, Sie können, Sie können, äh, die , äh, äh, die Universitätskultur nicht nur von der, nicht nur von der Domäne aus betrachten. Sie müssen sie auch vom Feld aus betrachten, ja? Sie müssen auch kucken, wie sind die Austauschbeziehungen, ja? Und, es gab im Feld auch austauschfremde Studenten, die in Köln studiert haben, die in Heidelberg studiert haben und in München studiert haben. Und es kam zu der Zeit auch viele, viele nach Frankfurt. Ein Freund von mir kam von Tübingen nach Frankfurt. Ein anderer aus der (unverständlich) Hamburg nach Frankfurt, ja? Frankfurt hatte damals auch einen gewissen äh, äh, äh, Zulauf. (……..) Ich weiß jetzt nicht, ob ich Ihre Frage, äh, äh, äh beantwortet. Also wir neigen sehr dazu äh halt äh, äh die akademische, also das Wissenschaftssystem oder auch die akademische Kultur doch sehr stark von der Domäne aus zu betrachten zumindest auch vom Feld aus zu betrachten, ja? Weil das Feld in der Regel reichhaltiger ist, ja? Und es bildet sich auch nicht, es bildet sich auch nicht alles was gesprochen wird im Feld im Seminar ab, ja?

H.: Welches Feld meinen Sie jetzt? Ich meine, wie meinen Sie das jetzt?

P.: Mit Feld meine ich jetzt das Kommunikationssystem Universität. Ja? Alles was damit. Und die Domäne ist die Institution. Verkürzt und technisch ausgedrückt. Ja, Sie könne auch sagen Sozialsystem und Institution. Das Sozialsystem ist immer größer als die Institution. Die Institution ist auch ein soziales System. Also das Wissenschaftssystem fällt nicht mit der Institution zusammen, oder mit seiner formalen Organisation. Ist umfangreicher. Weil das Feld fällt nicht mit der Domäne zusammen. (…..) Weil das Feld größer ist. (…….) Das heißt, im Feld haben Sie Kontakt. Jemand aus, aus, aus, aus Köln, aus München, aus Hamburg oder Sie gehen mit einem in die Oper oder ins Theater oder was auch immer. Äh, hmm, oder machen einen Lesekreis, ja? Äh, das sind dann aber keine Ereignisse in der Institution. (…) Sondern wie sie es nennen wollen. Ein Feld, ein Kommunikationssystem, was auch immer, ja? (……) Ich denke, ein wichtiger Punkt ist natürlich gewesen, für die zweite Hälfte der 60er Jahre. Das wird jetzt ja, nächstes Jahr wiederholt sich das ja auch 40 Jahre oder so etwas, ja? Also man sieht ja, dass ab 65 die Universitäten äh (..) voll waren, ja? Dass die Jahrgänge äh antraten und äh. Sie müssen überlegen, 1900, äh, äh, Anfang der 60er Jahre, die Hauptseminar vom Adorno, da saßen da Leute drin. 65, 66 waren da 20, 30 Leute drin, ja? Da waren die Vorlesungen voll in Hörsaal 6. (..) Das war vorher nicht der Fall.

H.: 200?

P.: Och nee, so viel (.) ja. In den Vorlesungen? (….) Ja, vielleicht. 300 würde ich nicht sagen. (..) Ja, in den normalen Vorlesungen.

H.: Aber mehr als 20?

P.: Jaaaa, so 100 Leute waren da schon da gewesen. Ja? Aber nageln Sie mich da nicht fest, aber 300 waren da nicht. In einem Seminar waren da so 20. In einem Adorno-Seminare waren da so unangenehm. Von der Atmosphäre her, ja? Habermas-Seminare waren da lebendiger, ja? Hmm, äh, Adorno-Seminare waren ganz unangenehm. (…)

H.: Woran lag das?

P.: Ja, es kommt dazu. Ja? Adorno hat da immer auf Protokollen bestanden, ja? Und keiner wollte ja ein Protokoll machen, weil die Protokolle ja Referate waren. Ja? Das heißt, es wurde dann jede Stunde eine dreiviertel Stunde das Protokoll besprochen. Ja? Und dann wurde gefragt: „Ja, wollen Sie ein Protokoll machen?“ dann sagt der: „ Nein, ich hab, meine Frau ist krank.“ „Und Sie?“ @„Ja, meine Frau kriegt ein Kind.“@ „Und wollen Sie ein Protokoll machen?“ „Ja, nee, ich hab, ich schreib gerade ein Referat.“ Ja? Und dann ging das so rum bis sich einer gefunden hat. Wobei Adorno das selbst nicht durchgeführt hat, sondern entweder der Karlheinz Haag oder der Alfred Schmitt. Ja? Der deutete dann irgendwann und irgendwann hatte man dann ein Lamm Gottes gefunden, ein Opfer. Und, äh, der saß dann eine Woche an diesem Protokoll unter der Betreuung von Alfred Schmitt oder Karlheinz Haag oder Kuhlkampf. Und dann wurde eine dreiviertel Stunde Protokoll besprochen, ja?

H.: In der Vorlesung?

P.: Nein! Im Seminar, ja? Und das war eine sehr beklemmende, eigentlich sehr beklemmende Atmosphäre, ja?

H.: Ja. Wobei das doch eigentlich ganz didaktisch doch eigentlich ganz hilfreich sein kann, wenn man das doch noch wiederholt?

P.: Ja, aber keine dreiviertel Stunde. Ein Protokoll ist ein Protokoll und kein Referat. Ja? @Ein Protokoll ist fünf Minuten oder sechs Minuten und keine dreiviertel Stunde, ja? Also, äh.@

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