Rolf Wiggershaus- Die Frankfurter Schule. Geschichte, theoretische Entwicklung, theoretische Bedeutung
Die ersten Tage des Institutes für Sozialforschung in Frankfurt
Während der Zeit der Novemberrevolution in Deutschland im Jahre 1918 wurde der Begriff der Sozialisierung besonders diskutiert. Vor allem der damalige Professor für Nationalökonomie in Tübingen Robert Wilbrandt forderte die Sozialisten auf, für die Sozialisierung des Landes sich stark zu machen.
Jedoch fand dieses Vorhaben bei der Regierung wenig Anklang. Dies zeigte sich in der damals eingeführten „Sozialisierungskommission“, ein Zusammenschluss zwischen SPD und USPD, der allerdings nur eine beratende Stellung zu Teil wurde. Zu dieser Kommission gehörte auch Wilbrandt, die sich jedoch im April 1919, nachdem verschiedene sozialisierende Gesetzesentwürfe noch nicht einmal veröffentlicht wurden, auflöste.
Nachdem Wilbrandt zum Sommersemester wieder nach Tübingen zurückkehrte, lernte er dort den 21 jährigen Studenten Felix Weil, dessen Vater einer der bedeutendsten Großhändler gewesen ist, kennen.
Schon im Jahre 1920, nachdem Weil wegen sozialistischer Aktivitäten kurzzeitig hinter Gitter gesteckt und von der Universität Tübingen verbannte wurde, nutzte er in Frankfurt die Gelegenheit, zu promovieren. Nebenbei wurde jene Arbeit ein Teil eines siebenbändigen Werkes mit dem Titel „Praktischer Sozialismus“, herausgegeben von Karl Korsch, dem Assistenten Wilbrandts in der Sozialisierungskommission. Dieses Band sollte als Art Aufklärungsreihe für Begabte zum besseren Verständnis des Sozialismus beitragen.
Im Jahre 1922 finanzierte dann die Familie Weil die so genannte Marxistische Arbeitswoche in Thüringen, ein erstes Zusammentreffen Intellektueller und Professoren aus sozialistischer Richtung.
Noch im selben Jahre folgten dann Felix Weil und Albert Gerlach, der sich seit dem Jahre 1918 mit sozialistischen Theorien und Diskussionen auseinandersetzte, dem Ruf ein Institut für den wissenschaftlichen Sozialismus aufzubauen.
Während Weil sich auf den Weg machte und in Berlin für das preußische Ministerium für Wissenschaft vorsprach, wandte sich Gerlach an die Universität in Frankfurt. Das Kuriose an diesen beiden Vorsprechen war, dass Weil ganz gezielt den marxistischen Gedanken in Berlin aufgriff, während Gerlach diesen Punkt kaum erwähnte.
1923 folgte dann die Genehmigung für den Bau eines Institutes für Sozialforschung, nebenbei wurde dann ebenfalls die „Gesellschaft für Sozialforschung e.V.“, deren Mitglieder u.a. Weil, Gerlach und Horkheimer angehörten, gegründet. Beide finanzierten sich größtenteils durch das Privatvermögen von Weil Senior.
Felix Weil musste sich dann einige Monate später mit der Aufgabe vertraut machen, einen Leiter zu finden, da Gerlach jung verstarb. Er entschied sich dann für Carl Grünberg.
Am 22. Juni 1924 wurde dann das Institut für Sozialforschung unter Führung Grünbergs eröffnet.
Grünberg ebnete den Weg für Wissenschaftler unterschiedlicher Weltanschauungen, indem für ihn Forschungsarbeiten und Methoden und keine politischen Einstellungen von Bedeutung waren.
In den ersten Jahren entwickelten sich die ersten Sammlungen und Forschungsreihen über die Geschichte des Sozialismus, der Arbeiterbewegung, der Wirtschaftsgeschichte, sowie der Kritik an der politischen Ökonomie.