Frauen in der Soziologie in Frankfurt

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Um die Rolle der Frau in der Soziologie verstehen zu können, kann man sich dem Thema „Frauen in der Soziologie“ auf verschiedenen Wegen nähern.

So gibt es zum einen den Weg der Lernenden bzw. Lehrenden Frau, den man durch die Betrachtung und Untersuchung von Biographien von Frauen gehen kann, aber auch den Weg der Institutionen, wie zum Beispiel dem Frauenrat an der Universität Frankfurt oder dem Institut für Frauenforschung. Ein weiterer Weg wäre die Struktur einer Universität bzw. die allgemeinen Fakten, wie z.B. wie viele Frauen an einer Universität eingeschrieben sind und wie viele Frauen als Lehrende an einer bestimmten Universität beschäftigt sind.

All diese verschiedenen Wege sollen zur Aufklärung der Frage führen, ob Frauen gerade in der Soziologie als neben den Männern gleichberechtigt gelten können.

Die Frauenbewegung, auch getragen von Frauen der Soziologie an der Universität, war in Frankfurt eng mit den Studentenrevolten um 68 und auch dem SDS verbunden. Inwieweit war (oder ist) Frauenbewegung mit den Arbeiten der Soziologen verbunden und beeinflusste sie.



Frauenbewegung 1968 in Frankfurt

Die Frankfurter Universität war Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre einer der Hochburgen der deutschen Frauenbewegung. Der Beginn dieser Bewegung wird von vielen in dem berühmten Tomatenwurf vom 13. September 1968 gesehen. Zu diesem Tomatenwurf kam es, als die Berliner Regisseurin und Autorin Helke Sander bei der 23. SDS-Delegiertenkonferenz in Frankfurt eine unangemeldete Rede zur Befreiung der Frauen hielt, mit der sie versuchte, den Genossinnen und Genossen klar zu machen, dass Frauen ein politisches Potential darstellten, dass diese zwar neue Probleme in die politische Praxis mit-, aber auch neue Fähigkeiten einbrächten. Als ihr Anliegen nach der Mittagspause diskussionslos unterzugehen drohte, kam ihr die Berliner Studentenvertreterin Sigrid Rüger zu Hilfe. Sie rief dem damaligen SDS-Vorstand Hans-Jürgen Krahl vor versammelten Auditorium zu: „Genosse Krahl, du bist objektiv ein Konterrevolutionär und ein Agent des Klassenfeindes dazu.“ Ihren Worten ließ sie eine Tomate folgen mit der sie Krahl bewarf.

Andere sehen in diesem Tomatenwurf „ein Mythos wie andere über diese Zeit. (...) Ich möchte also darlegen, dass die neue Frauenbewegung benennbare Ursachen hatte - so wie auch die Studentenbewegung benennbare Ursachen hatte und nicht plötzlich entstand, sondern sich als Bewegung von Menschen entwickelte.“ (Sigrid Damm-Rüger, Antiautoritärer Anspruch und Frauenemanzipation - die Revolte in der Revolte (1988), zitiert nach: Susanne Schunter-Kleemann, Femmage an Sigrid Damm-Rüger, in: Wie weit flog die Tomate? Eine 68erinnen-Gala der Reflexion, hg. von der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 1999, S. 37.)

Andere Frauen innerhalb des SDS lehnten Helke Sanders Rede und den darauf gefolgten Tomatenwurf, da sie eine Spaltung des SDS befürchteten. „(...) Und dann kam Helke Sander mit ihrem Abgesang auf den Männer-SDS, von dem sich die ausschließlich redenden Männer natürlich nicht provozieren lassen wollten. Also bewarf Sigrid den nach Worten ringenden, vielfach gehandikapten, aber zweifellos klarsten Kopf des damaligen SDS, Hans Jürgen Krahl“ (Ines Lehmann, Auf der Hut vor Nebenwidersprüchen, in: Wie weit flog die Tomate? Eine 68erinnen-Gala der Reflexion, hg. von der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 1999, S. 64) Der eigentliche Kern der Rede Sanders war die Thematisierung des Privaten als Politisches. Die Frau werde durch die Trennung des Privaten und des gesellschaftlichen und politischen Lebens in einen persönlichen Konflikt getrieben, da sie immer noch für die Familie, also das Privatleben erzogen werde und zwischen den eigenen Erwartungen und denen der Gesellschaft hin und her gerissen sei.

"Das Private ist politisch!" wurde ein regelrechter Slogan mit dem Frauen begannen in der westeuropäischen Linken ein neues Politikverständnis einzufordern, so auch und vor allem im Umfeld des SDS. Damit wollten sie sich vor allem gegen die Behandlung der Frauenfrage als "Nebenwiderspruch" des Klassenkampfes zur Wehr setzen, der als "Hauptwiderspruch" galt und dessen Beseitigung die Geschlechterproblematik nach Ansicht der Genossen automatisch mitlösen würde.



Die Bedeutung der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule für die Frauenbewegung

Elemente aus der Kritischen Theorie, die auch für die feministische Sozialforschung unabdingbar sind (laut Regina Becker Schmidt): Ein Verständnis aller sozialen Erscheinungen als historisch gewordene, eine Forschungsperspektive , die auf die Aufdeckung von Herrschaftsgefügen und Machtbedingungen zielt, die Konzeption von Gesellschaft als strukturell widersprüchlich verfasster Totalität sowie Verständnis von Wissenschaft, das deren Funktion mit der Anleitung zur emanzipatorischen Praxis verbindet.

Die wechselseitige Bezogenheit von kritischer Subjekt- und Gesellschaftstheorie sowie, aufs engste zusammenhängend, die Vertretung des Rechts auf Besonderung in der Interdependenz von Individuum und Allgemeinheit.

Kritik an der Nutzung der Kritischen Theorie für die feministische Sozialforschung: Andorzentrische Logik der Kritischen Theorie sehen und Geschlechterdifferenz als analytische Leerstelle der Frankfurter Schule



Jürgen Habermas zur Frauenbewegung

„(...)der Kampf gegen patriarchalische Unterdrückung und für die Einlösung eines Versprechens, das in den anerkannten universalistischen Grundlagen von Moral und Recht seit langem verankert ist, verleiht dem Feminismus die Schubkraft einer offensiven Bewegung, während alle übrigen Bewegungen einen defensiven Charakter haben." (S. 578)

„Im Übrigen verfügen Frauen aus dem historischen Erbe der geschlechtlichen Arbeitsteilung, der sie in der bürgerlichen Kleinfamilie unterworfen waren, über Kontrasttugenden, über ein zur Männerwelt komplementäres, der einseitig rationalisierten Alltagspraxis entgegengesetztes Werteregister." (S. 579)

(aus „Theorie des kommunikativen Handelns“ 1981, Band 2)



Biographien

Ursula Apitzsch

Ute Gerhard

Elisabeth Lenk

bis Regina Becker Schmidt

Helke Sander

Ulla Wischermann


Institutionen

Die zweite Frauenbewegung (Rede zur Lage der Frauen im SDS)

Cornelia Goethe Centrum

Frauenrat


Verwendete Literatur

  • "Frankfurter Schule und Studentenbewegung - Von der Flaschenpost zum Molotowcocktail 1946 bis 1995", Wolfgang Kraushaar, Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins 1998
  • "Feministische Vernunftkritik - Ansätze und Traditionen", Ilona Ostner, Klaus Lichtblau (Hrsg.), Campus 1992
  • "Ausgegrenzt und eingemeindet - Die neue Frauenbewegung im Blick der Sozialwissenschaften", Regina Dackweiler, Westfälisches Dampfboot 1995
  • "Die neue Frauenbewegung in der Bundesrepublik und Griechenland : eine vergleichende Studie.", Natascha Apostolidou, Helmer 1995
  • "Wenn die Frauen erst einmal Frauen sein könnten", Regina Becker-Schmidt, aus (folgt)