Die Gründung der Universität
Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt
Die Gründung der Universität Frankfurt ist die letzte Universitätsgründung in der Kaiserzeit aber auch ist sie die einzige Stiftungsuniversität und zeichnet sich schon dadurch aus. Alleine dies zeigt, dass die Grundlage anders als bei allen davon gegründeten Universitäten war: „Frankfurt war von Anfang an als experimentierfreudige, liberale, neue Wege beschreitende Anstalt gedacht, die neben den traditionellen Wissenschaften auch solche Gebiete in den Blick nehmen sollte, die an den bestehenden Universitäten weniger Aufmerksamkeit erfuhren, aber die moderne Welt zunehmend bestimmten und ängstigten“ (Hammerstein 17)
Diese war nur durch die Bürger der Stadt möglich. Schon immer gab es Mäzen, die durch ihr privates Vermögen Einrichtungen erschufen, die dem Wohl der Menschen und der Stadt dienen sollten.
Einer der ersten war dabei der Arzt Johann Christian Senckenberg, seine Stiftung erlaubte den Bau und Einrichtung eines Theatro-Anatomicum, eines chemischen Laboratoriums, einen botanischen Garten (hortus medicus), eine naturwissenschaftliche Sammlung und eine Bibliothek (vgl. Kluke 25). Auch war plante er die Einrichtung eines Bürgerhospitals, dessen Eröffnung erlebte er allerdings nicht mehr und ohne eine klare testamentarische Regelung und weitere Stifter wäre es auch nie zur Fertigstellung gekommen. Dieses Hospital nimmt eine Sonderstellung ein, weil es für Senckenberg wichtig war, dass nicht nur zur Pflege der Kranken, sondern auch zur Ausbildung und wissenschaftlicher Arbeit gedacht war.
Damit entstand die erste Forschungseinrichtung der Stadt und eigentlich wäre aus ihr auch viel früher eine Hochschule hervorgegangen. In der kurzen Zeit des frankfurter Großherzogtums von 1810-1813, als die Stadt ein Staat im napoleonischen Rheinbund war, versucht der damalige Großherzog Karl Theodor von Dalberg (1744-1817) eine Staatsuniversität nach französischen Vorbild zu etablieren, diese verschwand allerdings mit der Auflösung des Rheinbundes sehr schnell wieder. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie es immer wieder Versuche gab eine Hochschule zu gründen, zum Teil aus nicht immer rationalen Gründen. So schreibt Frank Adickes in seinen Persönlichen Erinnerungen zur Vorgeschichte der Universität Frankfurt a. M.: „[...]daß im Jahre 1866 allerdings schon der Gedanke aufgetaucht sei, in der Errichtung einer Universität einen Erlaß für das Verlorenen zu suchen[...]“
Aber trotz dieser eigentlich sehr günstigen Vorlagen, wurde es erst durch zwei Persönlichkeiten möglich endgültig eine die Gründung der Universität voran zu bringen.
Der Weg zur Universität
Nachdem es durch die Handelsakademie inzwischen eine Einrichtung für höhere Bildung gab fehlte der Stadt weiterhin eine Möglichkeit der Ärzteausbildung. Schon 1895 hatte Adickes seine Pläne einer „Hohen Schule der Medizin“ dem frankfurter Magistrat niedergelegt doch erst 1902 versuchte er mit dem preußischen Kultusminister darüber zu Verhandeln. Dank großem Engagement der frankfurter Bürger wäre die Eröffnung einer Akademie für praktische Medizin möglich, doch versucht Adickes ein Promotionsrecht für diese Einrichtung zu erwirken. Doch auch wenn das preußischen Ministerium in viele Punkte den frankfurter Vorschlägen nachgab, gab es keine Chance darauf, diese Rechte zu erlangen. 1905 wurden diese Ideen vollständig abgewiesen.
In der gleichen Zeit hatte allerdings die Handelsakademie sich durch Stiftungsgelder stark mit Lehrstühlen vergrößern können und durch eine große Erbschaft von der Familie Jügel war auch genügend Kapital zur erweiterung vorhanden. Eigentlich war dieses Geld für Armen- und Krankpfle oder des Schul- und Unterrichtswesen gedacht. Adickes wusste als Vorsitzender der Kommission zur Testamentsverwaltung diese Formulierung so umzudeuten, dass das Geld zur: „Errichtung und Unterhaltung einer allgemeinen öffentlichen akademischen Unterrichtsanstalt für die Gebiete der Geschichte, der Philosophie und der deutschen Sprache sowie der Literatur“ dienen sollte.
In der gleichen Zeit wurde damit begonnen, die verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen durch Grundstückstausch, Verkäufe, städtische Zuzahlungen usw. alle zusammen zu legen. Allen voran die zur Senckenbergstiftung gehördenen Einrichtungen, den physikalischen Verein und die Handelsakademie.
Adickes versucht dabei immer aus dem Hintergrund heraus seinen Plan von einer Universität umzusetzen, durch die Idee einer reinen Stiftungsuniversität hätte man im Gegensatz zu Staatsuniversitäten eine selbständige Vermögensverwaltung die einzelnen Organe könnte bei der Berufung von Lehrstühlen mitwirken. Durch diese Freiheiten erwirkte Adickes die Zustimmung der einzelnen Einrichtung, vor allem der Handelsakademie und des physikalischen Vereins. Die Idee aus der Akademie eine Universität zu gründen wurde zwar schon vorher besprochen, doch gab es einige Widersprüche, vor allem weil verschiedene Personen davon ausgingen, das dies zu einer Schädigung der Kernbereiche der Akademie führen würde.
Als die ersten Ideen publik gemacht wurden kam es zuerst zu stark negativen Aussagen, vor allem wurde in der Presse wurde zum Teil latent antisemitische über den „jüdisch-demokratischen Geist“ in Frankfurt aber auch über eine neue Stätte des Kathedersozialimus und das fehlen einer theologischen Fakultät berichtet.
Andere Universitäten und Universitätsstädte schlossen sich den Bedenken sehr schnell an, vor allem Marburg ist hier zu nennen, die in Marburg erscheinende Oberhessiche Zeitung schrieb: „Die Angelegenheit geht, darüber täuscht sich niemand, Marburg an den Lebensnerv“. Die beschreibt die Stimmung sehr gut und auch viele andere süddeutsche Universitäten stellen sich kollektiv gegen die Pläne einer Universitätsgründung. Die hessische Regierung hält sich bei dieser Diskussion demonstrativ heraus und verweist auf die Zugehörigkeit von Frankfurt an Preußen.
- Siehe ferner: Intellektuellendämmerung - Zur Lage der Frankfurter Intelligenz in den 20er Jahren (Wolfgang Schivelbusch).