Entstehung des Streits zwischen den Fakultäten in den 30er Jahren: Unterschied zwischen den Versionen

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1928 bekam der Leiter des Instituts für Sozialforschung, Grünberg, einen Schlaganfall und wurde arbeitsunfähig. Nun musste ein neuer Institutsdirektor gefunden werden. Es kam jedoch nur Max Horkheimer in Frage, da dieser bereits habilitiert war und aufgrund seiner Persönlichkeit und Fähigkeiten, in der Lage war das Institut zu leiten. In dem Moment, als Horkheimer den Direktorenposten des Instituts übernahm, stellte sich die Frage, an welcher Fakultät der Lehrstuhl Horkheimers platziert werden sollte. Grünbergs Lehrstuhl war an der Wiso-Fakultät , da aber Horkheimer in Philosophie habilitiert hatte, war dies nicht möglich. Horkheimer wünschte sich für seinen Lehrstuhl die Bezeichnung Soziologie und Philosophie. Nun kam es aber, dass genau zu dieser Zeit Karl Mannheim an die Universität Frankfurt berufen wurde. Dieser, dessen Lehrstuhl an der Wiso-Fakultät war, wehrte sich mit anderen Mitgliedern der Fakultät dagegen, dass Horkheimers Lehrstuhl an der Fakultät platziert wurde mit dem Argument, dass Horkheimer sich die Soziologie aneignen wolle, obwohl er von dieser überhaupt keine Ahnung habe. Also wurde Horkheimers Lehrstuhl an der Philosophischen Fakultät eingerichtet. In diesem Konflikt sieht Albrecht den Ursprung für den Streit der Fakultäten. Auffällig ist außerdem, dass es hier zum ersten Mal zu Intervenierungen in der Berufungspolitik der Universität kam.  
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Die Universität Frankfurt und insbesondere die Soziologie an dieser Universität, wird meist mit der „Frankfurter Schule“, dem Institut für Sozialforschung und den Protagonisten [[Theodor W. Adorno]], [[Max Horkheimer]] und [[Jürgen Habermas]] verbunden. Diese Schule sorgte in der 50ern und 60ern für Furore und war auch in den Medien sehr präsent. Gerade Adorno war stark in der Öffentlichkeit vertreten. Er hatte mehrere Beiträge im Radio und war auch Redner bei diversen öffentlichen Veranstaltungen. Insgesamt waren alle Vertreter der Frankfurter Schule, zusätzlich zu ihrer Forschung, politisch sehr engagiert. Ludwig von Friedeburg, ein Schüler Adornos, war von 1969 bis 1974 hessischer Kultusminister und brachte die Theorien der kritischen Forschung direkt in die Politik ein. Auch Habermas war in dieser Hinsicht engagiert. Bereits in den 50er Jahren forderte er demokratische Reformen an den Hochschulen.
Außerdem wird wieder der Streit um die Frage deutlich, aus welchem Fach die Soziologie entstand. Auch diese Frage prägte den Streit der Fakultäten. Die an der Wiso-Fakultät beheimateten Soziologen vertraten die Ansicht, dass die Soziologie aus der Nationalökonomie entstand. An der Philosophischen Fakultät sah man den Ursprung durch Simmel in der Philosophie.
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Jedoch wurde nicht nur an der Philosophischen Fakultät Soziologie, sondern auch an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften die Lehre der Gesellschaft erforscht und gelehrt. Während die Soziologen der Philosophischen Fakultät in den 50ern und 60ern im Blickpunkt des allgemeinen Interesses standen, wurde an der WiSo-Fakultät eine ganz andere Soziologie, unter anderem von [[Walter Rüegg]], [[Friedrich H. Tenbruck]] und [[Thomas Luckmann]] gelehrt. Es gab zwar einige Projekte an denen beide Fakultäten arbeiteten und auch im IFS kamen die Soziologen beider Fakultäten öfters zusammen, aber im Laufe unserer Forschungsarbeit stellte sich heraus, dass es zwischen den Fakultäten immer wieder Probleme und Konflikte gab. Zum Einem gab es sehr starke wissenschaftstheoretische Differenzen, welche zum Großteil dem verschiedenen Wissenschaftsverständnis zuzuschreiben waren. Während die Soziologen an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät als neutrale Beobachter versuchten die Soziale Welt zu analysieren, engagierten sich die Anhänger des IFS stark politisch und prägten die soziale Welt aktiv mit.
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Zum anderem kam es zu Differenzen in der Berufungspolitik. In dieser Arbeit sollen zwei Interventionen der Philosophischen Fakultät in die Berufungspolitik der WISO-Fakultät, am Beispiel der Fälle Friedrich H. Tenbruck und Golo Mann, dargestellt werden. Ziel ist es herauszufinden, aus welchem Grund solche Eingriffe in die Berufungspolitik anderer Fakultäten stattfanden. Außerdem soll das Verhältnis beider Fakultäten sowie das verschiedene wissenschaftliche Verständnis zueinander dargestellt werden.  
  
Dies ist also der Ursprung des Streits. Jedoch kam es bald darauf, aufgrund des dritten Reiches, zur Emigration vieler Professoren. Wie sich der Konflikt weiter entwickelte, zeigt sich nach der Rückkehr Adornos und Horkheimers aus den USA.
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Ein weiterer wichtiger Punkt, der für diese Arbeit geklärt werden soll, ist, wie es eigentlich speziell in Frankfurt dazu kam, dass die Soziologie an zwei Fakultäten beheimatet war. Um dies darzustellen muss man in die 30er Jahre zurückgehen. In dieser Zeit sieht Albrecht  die Grundlage für den Streit zwischen den Fakultäten.
  
  

Version vom 31. März 2008, 14:41 Uhr

Die Universität Frankfurt und insbesondere die Soziologie an dieser Universität, wird meist mit der „Frankfurter Schule“, dem Institut für Sozialforschung und den Protagonisten Theodor W. Adorno, Max Horkheimer und Jürgen Habermas verbunden. Diese Schule sorgte in der 50ern und 60ern für Furore und war auch in den Medien sehr präsent. Gerade Adorno war stark in der Öffentlichkeit vertreten. Er hatte mehrere Beiträge im Radio und war auch Redner bei diversen öffentlichen Veranstaltungen. Insgesamt waren alle Vertreter der Frankfurter Schule, zusätzlich zu ihrer Forschung, politisch sehr engagiert. Ludwig von Friedeburg, ein Schüler Adornos, war von 1969 bis 1974 hessischer Kultusminister und brachte die Theorien der kritischen Forschung direkt in die Politik ein. Auch Habermas war in dieser Hinsicht engagiert. Bereits in den 50er Jahren forderte er demokratische Reformen an den Hochschulen.

Jedoch wurde nicht nur an der Philosophischen Fakultät Soziologie, sondern auch an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften die Lehre der Gesellschaft erforscht und gelehrt. Während die Soziologen der Philosophischen Fakultät in den 50ern und 60ern im Blickpunkt des allgemeinen Interesses standen, wurde an der WiSo-Fakultät eine ganz andere Soziologie, unter anderem von Walter Rüegg, Friedrich H. Tenbruck und Thomas Luckmann gelehrt. Es gab zwar einige Projekte an denen beide Fakultäten arbeiteten und auch im IFS kamen die Soziologen beider Fakultäten öfters zusammen, aber im Laufe unserer Forschungsarbeit stellte sich heraus, dass es zwischen den Fakultäten immer wieder Probleme und Konflikte gab. Zum Einem gab es sehr starke wissenschaftstheoretische Differenzen, welche zum Großteil dem verschiedenen Wissenschaftsverständnis zuzuschreiben waren. Während die Soziologen an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät als neutrale Beobachter versuchten die Soziale Welt zu analysieren, engagierten sich die Anhänger des IFS stark politisch und prägten die soziale Welt aktiv mit. Zum anderem kam es zu Differenzen in der Berufungspolitik. In dieser Arbeit sollen zwei Interventionen der Philosophischen Fakultät in die Berufungspolitik der WISO-Fakultät, am Beispiel der Fälle Friedrich H. Tenbruck und Golo Mann, dargestellt werden. Ziel ist es herauszufinden, aus welchem Grund solche Eingriffe in die Berufungspolitik anderer Fakultäten stattfanden. Außerdem soll das Verhältnis beider Fakultäten sowie das verschiedene wissenschaftliche Verständnis zueinander dargestellt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der für diese Arbeit geklärt werden soll, ist, wie es eigentlich speziell in Frankfurt dazu kam, dass die Soziologie an zwei Fakultäten beheimatet war. Um dies darzustellen muss man in die 30er Jahre zurückgehen. In dieser Zeit sieht Albrecht die Grundlage für den Streit zwischen den Fakultäten.


Quelle

Vgl. Vortrag Clemens Albrecht: "Der Streit der Fakultäten: Die Linken gegen die Rechten – oder doch etwas mehr? Anmerkungen zur Soziologie in Frankfurt", Frankfurt am Main, 31. Januar 2008.