Theorie des kommunikativen Handelns

Aus SozFra
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Theorie des kommunikativen Handelns


Als Hauptwerk gilt seine Theorie des kommunikativen Handelns, in der er das Konzept des „herrschaftsfreien Diskurses” entfaltet.

Im Mittelpunkt steht eine gerichtete Logik gesellschaftlicher Entwicklung. Gesellschaftliche Entwicklung wird als Differenzierungsprozess beschrieben, in dessen Verlauf „System” und „Lebenswelt” sich zunehmend voneinander entkoppeln, bis ein Punkt erreicht wird, an dem das „System” die „Lebenswelt” „kolonialisiert” hat. Durch Ausbildung „generalisierter Steuerungsmedien” wird die materielle Reproduktion der Gesellschaft zunehmend unabhängig von ihrer kulturellen Reproduktion. Diese Entkopplung von „Basis” und „Überbau” ist für Habermas ein zentrales Merkmal moderner Gesellschaften. Um diesen Zusammenhang argumentativ einzuholen, beschreibt Habermas in der Theorie des kommunikativen Handelns gesellschaftliche Entwicklung als Differenzierungsprozess:

1. Traditionale Gesellschaften, in der die „Lebenswelt” noch nicht vom „System” getrennt ist. Gemeint sind damit Gesellschaftsformen, deren materielle Reproduktion noch von ihrer kulturellen Wertsphäre dominiert wird; in denen kulturelle Werte (Zwänge) also noch entscheidend die Bedingungen materieller Reproduktion beeinflussen.

2. In der zweiten Stufe, historisch gesehen die Zeit von der Reformation bis zur Industrialisierung, entwickelt sich das „System” aus der „Lebenswelt” heraus. Unter „System” fasst Habermas den bürokratischen Staat und den Markt zusammen. „Macht” und „Geld” sind die Steuerungsmedien des „Systems”, die den Menschen eine von gemeinsamen kulturellen Werten und Normen zunehmend entbundene Handlungslogik aufzwingen. Diese Übergriffe des „Systems” auf die „Lebenswelt” bezeichnet Habermas als „Kolonialisierung der Lebenswelt”.

3.In der dritten Stufe treten nach Habermas die Konflikte zwischen „System” und „Lebenswelt” offen hervor: „Heute dringen die über die Medien Geld und Macht vermittelten Imperative von Wirtschaft und Verwaltung in Bereiche ein, die irgendwie kaputt gehen, wenn man sie vom verständigungsorientierten Handeln abkoppelt und auf solche mediengesteuerten Interaktionen umstellt.” (J.H., 1985, S.188f).

Habermas perpetuiert mit seiner „Theorie des kommunikativen Handelns” die kritische Haltung der Frankfurter Schule gegenüber dem Projekt Moderne. Darüber hinaus wirft seine „Theorie des kommunikativen Handelns” für die soziologische Handlungstheorie erhebliche Probleme auf, weil sie die Lösung des Utilitarismus-Problems durch das Konzept des normativen Handelns (und damit auch die Parsonsche Konvergenzthese) in Frage stellt.


Quelle

  • Theorie des kommunikativen Handelns (Bd. 1: Handlungsrationalität und gesellschaftliche Rationalisierung; Bd. 2: Zur Kritik der funktionalistischen Vernunft), Frankfurt a.M. 1981.
  • Jürgen Habermas-Wikipedia[1]